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dauerte nicht lange. Eine gute Viertelstunde später war das Paar schon wieder auf der Straße. Mit raschem Schritt liefen sie zum Parkplatz, und LaTulip brachte seine Freundin zurück zur Arbeit. Ohne zu bemerken, dass ihm jemand folgte, fuhr er ins Ternes-Viertel und parkte im Hof eines imposanten Bürgerhauses.
Madeline lenkte ihre Maschine auf den Bürgersteig und bremste vor dem Messingschild, auf dem in großen Lettern DeLillo Foundation prangte.
Die »Polizistin« parkte in der Nähe und kam zu Fuß zurück. Inzwischen hatte es aufgehört zu schneien, und die Sonne schien, doch es war noch so kalt, dass ihr Atem kleine weiße Wolken bildete.
Madeline, die fror, aber auf keinen Fall den Eingang der Stiftung aus den Augen lassen wollte, nahm an einem Tisch des berühmten Pariser Teehauses Mariage Frères Platz, das auf der anderen Straßenseite lag.
Hinter der Theke in einem Eichenregal standen Dutzende von Metalldosen mit exquisiten Teesorten. Der Raum duftete nach Essenzen und Jasmin. Die Karte war umfangreich. Von der Poesie der Namen inspiriert, bestellte Madeline eine Tasse »Nebel des Himalaja« und ein Gebäck.
Automatisch holte sie ihren Laptop heraus und loggte sich ins Internet ein.
Ihre Recherche über die DeLillo Foundation ergab, dass Frank DeLillo, Francescas Vater, die Organisation einige Jahre vor seinem Tod gegründet hatte. Sie vergab Stipendien an herausragende, aber mittellose Studenten. Die Stiftung – eine der großzügigsten der Welt – hatte ihren Sitz in New York und eine Zweigstelle in Paris, und deren Leiter war … George LaTulip.
Nachdenklich trank Madeline einen Schluck Tee, der nach Haselnuss und Muskat schmeckte. Alle Spuren führten zu LaTulip. Durch welches Wunder hatte dieser Mann die Gunst der Organisation, die Jonathan Lempereur »gefeuert« hatte, und die von Francesca erlangen können?
Mit jeder Entdeckung stieg ihre Erregung. Sie stand ganz im Bann ihrer Ermittlungen. Vergessen waren ihr Laden, ihre Blumen, ihre Dekoration. Sie dachte nur noch daran, George LaTulips Geheimnis zu ergründen, das auch – da war sie sich ganz sicher – das Geheimnis um die Trennung von Francesca und Jonathan erhellen würde.
Zweieinhalb Stunden später
Es war schon dunkel, als George das Gebäude der DeLillo Foundation verließ. Inzwischen hatte Madeline Zeit gehabt, verschiedene Teesorten zu probieren. Sie bezahlte rasch die hohe Rechnung und erreichte ihr Motorrad in dem Moment, als der Porsche auf den Boulevard de Courcelles schoss.
Verdammt !
Sie sprang auf ihre Maschine und gab Gas, doch als sie die Place des Ternes erreicht hatte, war der Panamera verschwunden.
Keine Panik !
Logischerweise müsste LaTulip zum Abendservice in sein Restaurant fahren.
Richtig! Sie holte den Wagen am Kreisverkehr der Place de l’Étoile ein. Und wieder spürte sie den Nervenkitzel. Sie musste George LaTulips Geheimnis lüften, seine Wohnung durchsuchen, ihn verhören, damit er alles gestand, ihn …
STOPP! Du bist keine Polizistin mehr , rief ihr ihre innere Stimme zu.
Und natürlich war es wesentlich schwieriger, Ermittlungen ohne die Dienstmarke durchzuführen. Sie konnte ihn weder aufs Revier vorladen noch eine Hausdurchsuchung anordnen lassen. Und da ihr diese Mittel nicht mehr zur Verfügung standen, blieb ihr nur, eine List zu ersinnen, einen anderen Weg zu finden, um Kontakt mit ihm aufzunehmen und sein Vertrauen zu gewinnen.
Aber wie ?
Der Wind schlug Madeline ins Gesicht, während sie dem Wagen über die Avenue Victor-Hugo folgte und hinter ihm an einer Ampel hielt. Das Café Fanfan war nur noch gute zwanzig Meter entfernt.
Lass dir was einfallen. Jetzt!
Als die Ampel auf Grün sprang, gab sie Gas und befand sich auf der Höhe des Porsches.
Du wirst doch wohl nicht Kopf und Kragen riskieren!
Doch eine mysteriöse Kraft trieb sie voran.
Mach bloß dein schönes Motorrad nicht kaputt !
Als der Panamera das Tempo verringerte, überholte ihn Madeline und bremste dann scharf vor ihm, sodass das Hinterrad blockierte. Die Stoßstange prallte gegen das Motorrad, als dieses zu Boden ging. Madeline wurde von der Maschine geschleudert, die über die Fahrbahn glitt und an einem Laternenpfahl endete. Die junge Frau rollte über den Asphalt. Sie schlug zwar mit dem Kopf auf den Boden, war aber durch den Integralhelm gut geschützt, und wegen der geringen Geschwindigkeit war der Aufprall nicht hart.
Mit quietschenden Reifen kam der Panamera zum Stehen. LaTulip
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