Nachrichten an Paul
Prinzessin.
„Ja, aber du könntest doch auch noch was anderes sagen“, sage ich.
„Und wieso?“, sagt Lena. „Entweder etwas ist cool oder es ist nicht cool.“
Irgendwie hat sie recht. Ist im Grunde ja auch genau das Prinzip von Agathe. Kopfschütteln oder Kopfnicken, ja oder nein, cool oder uncool.
*
Als wir nach Hause kommen, steht da wieder Hans-Dieters roter Golf auf dem Hof. Mist. Ich parke und wir steigen aus. Hans-Dieter hat es sich am Kacheltisch bequem gemacht und knackt Walnüsse. Allerdings nicht mit einem Nussknacker, sondern indem er die Nüsse auf den Kacheltisch legt und dann mit der Faust draufschlägt. Ist mir ja egal, was mit seiner Hand passiert, aber ich möchte nicht, dass er meine Kacheln ruiniert. Ich liebe diesen Kacheltisch. Es sind zwar keine handgemalten Kacheln, aber sie sind wunderschön.
„Hallo Hans-Dieter“, sage ich. „Lass das.“
Immerhin, er hört auf damit. Die Prinzessin steht ganz dicht neben mir und flüstert: Wer ist das?
„Lena“, sage ich. „Das ist Hans-Dieter. Hans-Dieter, das ist Lena.“
Die beiden sagen nichts.
„Sag mal Anna“, sagt Hans-Dieter. „Hast du einen Moment Zeit für mich?“
„Eigentlich nicht“, sage ich.
„Ich würde dich gerne was fragen“, sagt Hans-Dieter.
„Lieber nicht“, sage ich.
„Ich wollte dich fragen, ob du noch mal über mein Angebot nachgedacht hast“, sagt Hans-Dieter.
„Welches Angebot?“, sage ich.
„Du weißt schon“, sagt Hans-Dieter. „Das Angebot, dass wir uns doch noch zusammentun. Du und ich, als Mann und Frau.“
Ich seufze. Die Prinzessin sieht mich von der Seite an.
„Meine Mutter steht nicht auf Männer“, sagt Lena.
„Du bist wohl noch nicht aufgeklärt“, sagt Hans-Dieter. „Wenn sie deine Mutter ist, muss sie mal auf einen Mann gestanden haben.“
„ Du bist wohl noch nicht aufgeklärt“, sagt die Prinzessin jetzt. „Da gibt es heute ganz andere Methoden.“
Hans-Dieter sieht einen Moment etwas verwirrt aus, aber dann fällt der Groschen. Er sieht verunsichert von mir zur Prinzessin. Wir sind beide blond, wir haben beide blaue Augen, es könnte hinkommen.
„Und wieso habe ich dich hier sonst noch nie gesehen?“, fragt Hans-Dieter.
„Ich lebe bei meinem Vater“, sagt die Prinzessin.
„Aha“, sagt Hans-Dieter. „Also doch ein Mann im Leben deiner Mutter.“
„Aber jetzt steht sie auf Frauen“, sagt die Prinzessin. „Deswegen hat sich mein Vater ja scheiden lassen.“
„Stimmt das?“, fragt Hans-Dieter jetzt mich.
„Jedes Wort“, sage ich. „Oder willst du meiner Tochter etwa unterstellen, dass sie lügt.“
„Ich denke, du bist Witwe“, sagt Hans-Dieter nach einer kleinen Denkpause zu mir.
„Das war eine Scheinehe“, sage ich. „Für die Aufenthaltsgenehmigung.“
Ein Schatten geht über Hans-Dieters Gesicht. Okay – das war gemein von mir. Aber ich habe es gar nicht so gemeint. Wirklich nicht. Ich hatte die Russin einfach glatt vergessen.
„Fehlt dir deine Mutter denn nicht, wenn du immer bei deinem Vater bist?“, fragt Hans-Dieter.
„Nö“, sagt die Prinzessin. „Wir skypen jeden Tag.“
„Skypen?“, fragt Hans-Dieter.
Vermutlich denkt er jetzt, das Kind hat sich das Wort ausgedacht.
„Wir reden über Videocall am Computer“, sagt die Prinzessin und versucht geduldig auszusehen. „Wir reden. Am Computer. Und wir sehen uns dabei. Auf dem Bildschirm.“
„Ich lese ihr jeden Abend per Skype eine Gutenacht-Geschichte vor“, sage ich.
„Ach ja, wenn man Strom hat, ist das schon schön“, sagt Hans-Dieter. „Aber bei mir sind die Leitungen so weit weg, da lohnt ein Anschluss gar nicht.“
Die Prinzessin giggelt und ich muss auch lachen. Wir sehen uns an und können uns jetzt kaum halten vor Lachen. Ja, wo er recht hat, hat er recht, der Hans-Dieter.
„Was gibt´s denn da zu lachen?“, fragt Hans-Dieter. „Ich weiß gar nicht, was es da zu lachen gibt.“
Dann fährt Hans-Dieter endlich und die Prinzessin und ich sind uns einig. Unser Urteil steht fest. Uncool. Aber sowas von uncool. Aber uncool hoch zwei.
*
Die Tage mit Lena laufen besser als erwartet. Paul schickt ihr E-Mails aus irgendwo in China, und ihre Mutter schickt ihr E-Mails aus Cancún. Dona Ermelinda kommt immer mal gucken, ob´s uns auch gut geht, und bringt Obst und Gemüse vorbei, damit das Kind und ich auch richtig essen. Ich übersetze und die Prinzessin sitzt viel vorm Fernseher, weil sie das zu Hause nicht darf. Sie kann kein
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