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Nachrichten an Paul

Nachrichten an Paul

Titel: Nachrichten an Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Heinold
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riesigen Gefallen getan. Mit seinem Gehen sowieso, aber auch mit seinem Kommen. Denn jetzt weiß ich, sollte ich je mit dem Alleinsein hadern, dann muss ich nur an Hans-Dieter denken und schon fühlt sich das Alleinsein richtig gut an.
     
    *
     
    Am nächsten Tag kommt Clara nachmittags. Sie hat ihr neues Buch dabei, Liebe mit Hindernissen ist gedruckt und erschienen. Das geht bei diesen Heftchenromanen schnell. Ich erzähle ihr von Hans-Dieters Besuch und wir gruseln uns noch mal so richtig. Wir finden: Der hat sie doch nicht mehr alle, nicht wahr. Dann erzählt sie mir, dass sie gestern mit Rui essen war. Das ist ihr verheirateter Lover. Und er hat jetzt wirklich vor, seine Frau zu verlassen, sagt er. Und dieses Mal, sagt Clara, meint er es wirklich ernst, wirkt zumindest so, sieht so aus, wirklich. Sie liest mir noch ein bisschen aus Liebe mit Hindernissen vor und drückt mir dann das Buch in die Hand.
    „Hier“, sagt Clara. „Für dich. Mit Widmung.“
    Ich schlage das Buch auf und sehe auf die erste Seite, da ist Claras Widmung für mich: Todo en amor es triste, mas, triste y todo, es lo mejor que existe. (Ramón Campoamor 1817 – 1901)
    Alles in der Liebe ist traurig, aber auch wenn es traurig ist, ist es das Beste, was es gibt.
    Werd schnell wieder gesund, in Liebe, Clara
    „Danke“, sage ich.
    „Gern geschehen“, sagt Clara.
    „Schreibst du schon was Neues?“, frage ich.
    „Aber ja“, sagt Clara. „Selbstverständlich.“
    „Und wie heißt es“, frage ich.
    „Liebe auf Umwegen“, sagt Clara.
    „Und worum geht´s?“, frage ich.
    „Also“, sagt Clara. „Also am Anfang des Buches lernt eine wunderschöne Frau einen wunderbaren Mann kennen und verliebt sich in ihn. Und am Ende des Buches kriegen sie sich dann.“
    „Hallo die Enten“, sage ich. „Wer hätte das gedacht.“
    „Ja“, sagt Clara. „Ist eben nicht das wirkliche Leben.“

Juni
     
    Es geht mir irgendwie besser. Das Körpergefühl ist anders und ich kann wieder atmen. Jetzt muss nur noch das Herz heilen. Ich könnte es vielleicht flicken, indem ich versuche die Stücke wieder zusammenzusetzen. Das Stück, das ich bei Aveiro im Meer gelassen habe, wird wohl für immer in Aveiro im Meer sein, aber das Stück, das im Winter in Vancouver geblieben ist, das will ich zurückhaben. Das bedeutet: keine Gedanken an Paul mehr. Und damit mir auch ernst damit ist, schreibe ich einen Abschiedsbrief. Einen Abschiedsbrief an Paul.
    Lieber Paul, vielen Dank, dass du mich nicht besucht hast. Und das ist nicht ironisch gemeint. Ich bin dir wirklich dankbar, dass du mich nicht besucht hast. Ehrlich.
    Es stimmt schon, dass ich mich auf deinen Besuch gefreut habe. Klar habe ich mich auf deinen Besuch gefreut. Aber mal ganz ehrlich, Paul, dein Besuch hier war wirklich keine gute Idee.
    Es wäre doch nur kompliziert geworden. Und zwar kompliziert in jeder Hinsicht. Und zwar egal, was gewesen wäre. Und zwar schon deswegen, weil ich viel zu viele Erwartungen hatte. An deinen Besuch. Und an dich. Und überhaupt.
    Klar war Vancouver toll. Und als wir da im Café saßen, in diesem angesagten Café am West Broadway, ein alternativer Laden mit Biokuchen und Fair trade Kaffee und alle um uns rum mit ihren Laptops und Schreibheften, mit Büchern und Zeitschriften, in lockerer Kleidung und gut drauf, in diesem Café - da hat es sich einen Moment lang wie ein Date angefühlt. Als wir uns die Fotos auf unseren Kameras gezeigt haben zum Beispiel. Ich habe dir ein paar von meinen Beerenfotos gezeigt, diese lila Beeren, die ich am Tag zuvor in Nickis Garten in Dunbar aufgenommen hatte und ein paar von meinen Blumenfotos, auch das schöne von der weißen Rose und das mit dem Papageienschnabel, und du hast mir Fotos vom Prinzesschen gezeigt.
    Ich denke, zu diesem Zeitpunkt haben wir gar nicht gewusst, was wir da taten. (Nicht dass ich sonst immer wüsste, was ich täte, aber du verstehst schon, was ich meine). Wir haben uns gegenseitig das gezeigt, was für uns im Moment das Wichtigste auf der Welt ist. Mir die Schönheit der Natur und dir die Prinzessin.
    Du hast verständnislos auf die Blumen geguckt und gesagt, deine Mutter würde auch immer solche Blumenfotos machen und ich habe uninteressiert aufs Prinzesschen geguckt, auf den Schmollmund und den blonden Pferdeschwanz und gesagt: Yep, eine typische maulige Dreizehnjährige.
    Und am nächsten Nachmittag im Stadtpark an der Uni, wo mitten in der Großstadt dieser Urwald erhalten ist, da hat es sich dann

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