Nachrichten aus einem unbekannten Universum
es geht hier nicht darum, menschliche Einflüsse herunterzuspielen oder das Abschlachten von Walen zu legitimieren, sondern in Kenntnis der Gesamtumstände zu handeln. Andernfalls besteht das Risiko, den Wal mit dem Bade auszuschütten. Es hilft nichts, wenn erbitterte Gegner zur Untermauerung ihrer Standpunkte Einzelfälle herauspicken. Zu verantwortlichem Handeln gehört ebenso der Respekt vor einer Spezies wie ein tieferes Verständnis ihrer Lebensumstände, sämtlicher Randfaktoren und aller bekannten Wechselwirkungen. Probleme löst nur, wer sämtliche Faktoren kennt und den gesunden Menschenverstand jeder Polemik vorzieht. Ich bin der Überzeugung, dass die Wale das genauso sehen würden.
In diesem Sinne: Gulp!
Gejagte Jäger
Was wäre die Serengeti ohne Löwen?
Ein Paradies, rufen alle Gazellen im Chor. Antilopen, Gnus und Zebras fallen ein: Ein Paradies, ein Paradies! Selbst die Nashörner und Nilpferde wären nicht unglücklich, wenn der König abdanken würde, auch ihren Nachwuchs hat er schon zwischen den Klauen gehabt.
Löwen, Geparden und Leoparden sind in der Serengeti dramatisch zurückgegangen, aber noch regulieren sie die Bestände der Huftiere. Diese leiden allerdings weit mehr unter den Drahtschlingen und sonstigen fiesen Tricks der Wilderer. Die Großkatzen sorgen nur dafür, dass sich die Vegetarier nicht übermäßig ausbreiten und Unheil stiften, aber erzähl’ das mal einem Huftier.
Ach was, sagen die Gazellen, das würden wir ganz bestimmt nicht tun, nehmt einfach nur den blöden Löwen aus dem Spiel.
Gemacht. Weg ist er.
Da gehen die Gazellen und die Gnus und die Giraffen und die Zebras erst mal fein essen, um die Sache zu feiern. Sie fressen und fressen, und da Liebe durch den Magen geht, vermehren sie sich wider jede bessere Einsicht doch. Weil aber neuerdings keiner mehr kommt, um seine Portion Huftier einzufordern, nehmen ihre Bestände überhand. Auch die Jungen mampfen Hälmchen und Blättchen, bis kaum noch was zu fressen da ist. Denn inzwischen haben auch andere Arten unter der unkontrollierten Zunahme der Vielfraße gelitten. Etliche Pflanzen drohen zu verschwinden. Mit ihnen sterben wichtige Insektenarten aus, ihnen folgen die Vögel, und die Serengeti beginnt zu versteppen.
Allmählich werden erste Rufe laut, die Löwen schleunigst wieder herbeizuschaffen. Die Nashörner meinen, so übel seien die Großkatzen gar nicht gewesen. Sicher könne man Kompromisse mit ihnen schließen. Klar, sagen die Gnus, ihr werdet verschont, und wir werden gefressen wie eh und je, kommt gar nicht in die Tüte. Sehr dünn sind ihre Stimmen, als sie gegen die Pläne der Nashörner opponieren, weil sie mittlerweile arg geschwächt sind und dem Tod viel näher, als sie es in der Gesellschaft der großen gelben Räuber jemals waren.
Dann, sagen die Nashörner, hilft nur eines: Ihr müsst sterben, und zwar möglichst viele von euch. Sonst geht hier alles den Bach runter.
Nein, nein, schon gut! Wo ist der Löwe?
Am Ende wollen alle ihre Löwen zurückhaben. Bloß, zu dumm! Weg ist weg. Da gucken alle schwer verbiestert. Was denn, nie wieder Löwen? Großes Gejammer. So hatte man sich das nicht vorgestellt. Von wegen Paradies; alles ist schlechter geworden, seit niemand mehr kommt, um die Verhältnisse ins Lot zu bringen.
Szenenwechsel.
Shanghai. Herr Huen weiß, wie es am besten schmeckt. Er sitzt in seinem kleinen Restaurant und zählt eine Menge Zutaten auf: Hühnerbrust brauche man und Speck, hauchdünn gehobelten Ingwer, Frühlingszwiebeln, einen guten Fisch- oder Rinderfond. Die Marinade für das Hühnerfleisch, erklärt er, sei überaus wichtig, aus Eiweiß, dunklem Erdnussöl, Reiswein und Gewürzen zubereitet, und das Huhn dürfe man nicht zu kurz und nicht zu lange darin ruhen lassen. Eine halbe Stunde maximal, dann Öl dazugeben. Bei Tisch reiche man außerdem magere Schinkenwürfelchen und Bohnensprossen, Essig und Senf.
Ach ja, die Hauptzutat. Es sei natürlich ein Unterschied, ob man sie frisch bekomme, sagt Herr Huen, oder getrocknet. Falls getrocknet, müsse man sie über Nacht einweichen und anschließend zwei Stündchen köcheln. Die Knorpel müssten brechen, dürften aber nicht zu weich werden. Dann das Wasser wegschütten, und weiter gehe es mit dem nächsten Schritt, in dessen Verlauf die Zutat in einer Art Sauce ziehe, um den letzten Rest Fischgeschmack loszuwerden.
Jeder gute Koch habe sein Geheimrezept, sagt Herr Huen. So jedenfalls hat er es immer gemacht, wenn er
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