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Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Titel: Nachrichten aus einem unbekannten Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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auf, und die torpedoförmigen Überreste urtümlicher Belemniten stapeln sich zu Tausenden in Gruben. Sie wurden mit der Strömung aus allen Richtungen dorthin transportiert und vom Wasser so lange um- und umgedreht, bis ihre harten Kanten rund geschliffen waren. Die filigranen, äußerst zerbrechlichen Knochen der Fischechsen jedoch wiesen solcherlei Abschliff nicht auf, außerdem lagen alte und junge Tiere wild durcheinander. Sie schienen von etwas überrascht worden zu sein, das sie in kürzester Zeit getötet hatte.
    Doch ein Massensterben ist aus der Zeit vor 181 Millionen Jahren nicht bekannt. Das letzte große Sterben hatte sich am Übergang von Trias zu Jura vollzogen, vor 205 Millionen Jahren. Es verlief nicht ganz so desaströs wie der Exitus am Ende des Perm, kostete aber die meisten säugerähnlichen Reptilien und die Hälfte aller meeresbewohnenden Organismen wie Ammoniten, Muscheln, Schnecken und diverse Planktonarten das Leben. Auch die Placodontier, riesige Meeresschildkröten, starben aus. An Land zwang es die letzten Therapsiden und Thecodontier in die schuppigen Knie, selbst die Dinos wurden schwer gebeutelt, kriegten aber mit knapper Not die Kurve. Wieder schien ein Meteorit die See getroffen zu haben. Zwar findet sich auch diesmal kein Einschlagkrater, allerdings ist kein Teil des Meeresbodens älter als 200 Millionen Jahre, da er ständig verschluckt und neuer Boden gebildet wird.
    Montenari wies schließlich nach, dass vor 181 Millionen Jahren ein Tsunami übers Meer gerollt war, so gewaltig, wie ihn kein Seebeben je hätte erzeugen können. Eine bis zu 30 Zentimeter dicke Schlammschicht, durchsetzt mit Überresten von Lebewesen, die Montenari in Schwaben und auf den britischen Inseln aufspürte, kündet von der Monsterwelle. Nur der Einschlag eines sehr großen Gegenstandes baut solch kolossale Wasserwände auf. Alles deutet darauf hin, dass die himmlische Ohrfeige westlich von Irland erfolgte und Seebeben der Stärke 20 auslöste, was dem Überleben allgemein nicht zuträglich ist. Die Wellen könnten durchaus Hunderte von Metern hoch gewesen sein, vor allem aber wirbelten sie die komplette Wassersäule auf und kehrten das Unterste zuoberst.
    Zurück zum plötzlichen Tod der Ichthyosaurier. Anhand mineralogischer Untersuchungen konnte Montenari schließlich den Beweis erbringen, dass ein Methanschock dafür verantwortlich gewesen war. Bei aller Anteilnahme für die Fische und ihre Jäger — richtig gruselig ist diese Erkenntnis vor einem anderen Hintergrund. Methan- Blowouts dürften nicht nur für die rätselhaften Vorgänge im Bermuda-Dreieck verantwortlich sein, sie könnten durchaus unser aller Schicksal besiegeln. Es würde uns ebenso ergehen wie den Bewohnern des idyllischen Flachmeeres, vielleicht in gar nicht ferner Zukunft.
    Aber was wäre das Leben, wenn es nicht auch solche Intermezzi überstehen würde. Gut, vielleicht sterben wir irgendwann aus. Miss Evolution dürfte um Nachfolger nicht verlegen sein. Lurchi jedenfalls erwies sich als unkaputtbar, auch wenn das Ende der Trias die meisten Lurche und Frösche gehen sah. Sein Erbe sollte ein Zeitalter prägen, das Michael Crichton in seinem großartigen Thriller Jurassic Park wieder aufleben ließ. Bis heute züngelt Lurchi als Schlange oder Salamander durch die Weltgeschichte, hat sich in Alligatoren und Waranen erhalten und verkörpert als Zierschildkröte kontemplative Häuslichkeit.
    Elvis lebt. James Dean lebt. Jim Morrison und Jimi Hendrix leben. Wen schert’s? Lurchi überlebt sie alle.
     

 
U-Boote vor Gondwana
    »Donnerkeil!«, muss eines Tages ein Paläontologe ausgerufen haben, als er auf den versteinerten Überrest eines Belemniten stieß. Seither heißen die Skelettreste der Belemniten im Paläontologen-Jargon Donnerkeile. Zur Erinnerung, Belemniten sind Kopffüßer, Vorläufer moderner Tintenfische, ebenso wie Ammoniten. Der Unterschied ist folgender: Ammoniten hatten reichlich Arme und alle einen Bausparvertrag. Den ließen sie sich auszahlen, woraufhin sie hübsche Eigenheime bauten, Kalkgehäuse, die nach Art der Schneckenhäuser aufgerollt und meist von großem dekorativen Wert waren. In diesen Zwirbelheimen lebten die Tiere. Vorne schauten Augen und Tentakel hervor, der Hinterleib blieb hübsch zu Hause.
    Belemniten hingegen waren lang gezogene Gesellen, die den heutigen Kalmaren ähnelten. Die Anzahl ihrer Arme war überschaubarer als die der Ammoniten, acht oder zehn Tentakel zogen sie hinter sich her, und

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