Nachrichten aus Mittelerde
er den kleinen See Nísinen, der seinen Namen von den süßduftenden Sträuchern und Blumen erhielt, die im Überfluss auf seinen Uferbänken wuchsen.
Hyarnustar war im westlichen Teil eine gebirgige Gegend, mit großen Klippen an ihren westlichen und südlichen Küsten; doch nach Osten hin lagen im warmen und fruchtbaren Land ausgedehnte Weinberge. Die Vorgebirge von Hyarnustar und Hyarrostar waren weit auseinandergespreizt, und an diesen Küsten gingen Land und Meer so sanft ineinander über wie nirgendwo sonst in Númenor. Hier floss der Siril hinab, der Hauptfluss des Landes (denn alle anderen, mit Ausnahme des Nunduine im Westen, waren kurze, schnellfließende Sturzbäche, die dem Meer zueilten), der in Quellen unterhalb des Meneltarma entsprang; er floss durch Mittalmar nach Süden und wurde in seinem Unterlauf ein gemächlicher, gewundener Strom. Er mündete schließlich inmitten weiter Marschen und schilfriger Niederungen ins Meer, und seine vielen kleinen Mündungsarme suchten sich ihren ständig wechselnden Weg durch ausgedehnte Sandflächen. Auf beiden Seiten zogen sich meilenweit breite weiße Kiesstrände hin. Hier lebten hauptsächlich Fischerleute, die in Dörfern auf dem festen Land zwischen Marschen und Sümpfen und in der größten Siedlung Nindamos wohnten.
In Hyarrostar wuchsen Bäume vieler Arten im Überfluss, darunter der
laurinquë
, dessen Blüten die Menschen erfreuten, denn er hatte sonst keinen Nutzen. Sie gaben ihm diesen Namen wegen seiner gelben, lang herabhängenden Blütenbüschel, und einige Leute, die durch die Eldar vom Laurelin,dem Goldenen Baum Valinors, gehört hatten, glaubten, dass der
laurinquë
von diesem großen Baum abstamme und als Samen von den Eldar hierhergebracht worden war; doch es verhielt sich nicht so. Seit den Tagen Tar-Aldarions gab es in Hyarrostar große Pflanzungen, um Holz für den Schiffbau zu gewinnen.
In Orrostar war es kühler, doch es war vor den kalten Nordostwinden durch Hochländer geschützt, die sich zur Spitze des Vorgebirges vorschoben; im Binnenland Orrostars wurde viel Getreide angebaut, besonders in den Gebieten, die an Arandor grenzten.
Das ganze Land Númenor sah so aus, als sei es nach oben aus dem Meer herausgeschleudert, dabei jedoch ein wenig nach Süden und Osten gekippt worden; den Süden ausgenommen, fiel das Land beinahe überall über steile Klippen zum Meer ab. Vögel, die am Meer lebten, darin schwammen oder tauchten, gab es in Númenor in unzählbaren Mengen. Die Seeleute sagten, selbst wenn sie blind wären, würde der gewaltige Lärm der Vögel an der Küste ihnen immer noch verraten, dass ihr Schiff sich Númenor nähere; und wenn ein Schiff auf die Küste zukam, stiegen große Schwärme von Seevögeln auf und flogen als fröhlicher Willkommensgruß über ihm dahin, denn sie wurden niemals getötet oder absichtlich belästigt. Einige Vögel begleiteten Schiffe auf ihren Reisen, sogar wenn diese nach Mittelerde segelten. Auch im Binnenland von Númenor gab es unzählige Vogelarten; von den
kirinki
, nicht größer als Zaunkönige, doch purpurfarben, deren pfeifende Stimme das menschliche Ohr gerade noch vernehmen konnte, bis zu den gewaltigen Adlern, die Manwe geweiht waren und niemals belästigt wurden, bevor die bösen und hasserfüllten Tage der Valar begannen. Zweitausend Jahre lang, von den Tagen des Elros Tar-Minyatur bis in die Zeiten Tar-Ancalimons, Sohn des Tar-Atanamir, befand sich ein Adlerhorst auf der Turmspitze des Königspalastes inArmenelos; dort wohnte immer ein Adlerpärchen und lebte von den Gaben des Königs.
In Númenor wurden alle Reisen von Ort zu Ort zu Pferde gemacht, denn die númenórischen Männer und Frauen hatten am Reiten Freude, und alle Menschen des Landes liebten die Pferde, behandelten sie mit Achtung und hielten sie in großzügigen Ställen. Die Pferde wurden dazu abgerichtet, Rufe aus weiter Entfernung zu hören und zu beantworten; und in alten Geschichten wird erzählt, dass in Fällen, wo zwischen Menschen und ihren bevorzugten Reitpferden eine große Zuneigung bestand, diese das Tier zur Not allein durch die Kraft ihrer Gedanken herbeirufen konnten. Deshalb waren die Straßen von Númenor zum größten Teil nicht gepflastert; sie waren zum Reiten bestimmt und angelegt, weil in früheren Jahrhunderten Kutschen und Frachtwagen wenig benutzt und schwere Frachten durch Schiffe befördert wurden. Die wichtigste, älteste und für Wagen bestimmte Straße verlief vom größten Hafen
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