Nachrichten aus Mittelerde
zu warten, die in dieser Stunde, wie sich ihr Verlangen auch rechtfertigen mochte, zweifellos nicht erteilt worden wäre. So geschah es, dass sie unter den Bann kam, der auf jeder Abreise lag, und für eine Rückkehr war Valinor ihr verschlossen. Aber zusammen mit Celeborn erreichte sie Mittelerde ein wenig früher als Feanor und traf in dem Hafen ein, in dem Círdan Herr war. Dort hieß man sie als Angehörige der Sippe Elwes (Thingol) mit Freuden willkommen. Am Krieg gegen Angband in den folgenden Jahren nahmen sie nicht teil, weil sie ihn, unter dem Bann der Valar und ohne deren Hilfe, für hoffnungslos erachteten; sie rieten vielmehr, sich aus Beleriand zurückzuziehen und eine Front gegen den Osten zu errichten (von woher, wie sie fürchteten, Morgoth neue Kräfte beziehen wollte), den Dunkel-Elben und Menschen jener Gegenden zu helfen und sie zu unterweisen. Aber da derartige Unternehmungen keine Aussicht auf Billigung der Elben Beleriands hatten, gingen Galadriel und Celeborn vor Ende des Ersten Zeitalters über die Ered Lindon aus Beleriand fort. Und als sie die Erlaubnis der Valar erhielten, in den Westen zurückzukehren, wiesen sie diese zurück.
Diese Geschichte, in der Galadriel von jeglicher Verbindung mit dem Aufruhr Feanors gelöst ist und ihr darüber hinaus sogar eine gesonderte Abreise (mit Celeborn) aus Aman zugeschrieben wird, ist grundsätzlich verschieden von allem, was anderswo gesagt ist. Die Geschichte entspringt eher ›philosophischen‹ (als ›historischen‹) Überlegungen, die auf der einen Seite das tiefere Wesen von Galadriels Ungehorsam in Valinor berücksichtigen und auf der anderen ihre Stellung und Macht in Mittelerde. Es liegt auf der Hand, dass dies umfangreiche Änderungen in der Erzählung vom
Silmarillion
zur Folge gehabt haben würde; doch mein Vater hatte zweifellos die Absicht, sie durchzuführen. Es sei angemerkt, dass Galadriel in der ursprünglichen Geschichte des Aufruhrs und der Flucht der Noldor, die lange vorher existierte, nicht erscheint; darüber hinaus konnten nach ihrem Eintritt in die Geschichten aus dem Ersten Zeitalter ihre Handlungen natürlich auch noch von Grund auf umgeformt werden, weil
Das Silmarillion
noch nicht veröffentlicht war. Das Buch, so wie es veröffentlicht wurde, setzte sich indes aus abgeschlossenen Erzählungen zusammen, und ich konnte Revisionen, die lediglich beabsichtigt waren, nicht berücksichtigen. Andererseits widerspricht dieUmformung Celeborns in einen Teleri-Elben aus Aman nicht nur Aussagen im
Silmarillion
, sondern auch den bereits zitierten Passagen aus
The Road Goes Ever On
und dem Anhang B zum
Herrn der Ringe
, wo Celeborn ein Sindarin-Elbe aus Beleriand ist. Auf die Frage, warum diese grundsätzliche Änderung in Celeborns Geschichte vorgenommen werden musste, könnte man antworten, dass sie sich aus dem neuen erzählerischen Element ergab: Galadriels Abreise aus Aman,
getrennt
von den Heeren der aufrührerischen Noldor. Doch in dem auf Seite 371f. zitierten Text, wo Galadriel an Feanors Aufruhr und am Auszug aus Valinor teilnimmt, ist Celeborn bereits in einen Teleri-Elben umgeformt, und es findet sich dort kein Hinweis, auf welche Weise er nach Mittelerde kam.
Die frühere Geschichte (abgesehen von der Frage des Banns und der Vergebung), auf die sich die Aussagen im
Silmarillion
, in
The Road Goes Ever On
und im Anhang B zum
Herrn der Ringe
beziehen, ist ziemlich eindeutig: Galadriel kommt als einer der Anführer des zweiten Heeres der Noldor nach Mittelerde, trifft Celeborn in Doriath und heiratet ihn später. Er war der Enkelsohn von Thingols Bruder Elmo – eine undeutliche Figur, über die nichts ausgesagt wird, außer dass er der jüngere Bruder Elwes (Thingols) und Olwes war und »von Elwe geliebt wurde, bei dem er ausharrte«. Elmos Sohn hieß Galadhon und dessen Söhne waren Celeborn und Galathil. Galathil war der Vater Nimloths, die Dior heiratete, Thingols Erbe, und welche die Mutter Elwings war. Nach dieser Genealogie war Celeborn ein Verwandter Galadriels, der Enkelin Olwes, aus Alqualonde, doch war die Verwandtschaft weniger eng als die, der zufolge er Olwes Enkel war. Es ist eine naheliegende Vermutung, dass Celeborn und Galadriel beim Untergang Doriaths anwesend waren (an einer Stelle heißt es, dass Celeborn »der Plünderung der Stadt entkam«) und vielleicht bei der Flucht Elwings mit den Silmaril zu den Anfurten des Sirion halfen – doch wird dies nirgends gesagt. Im Anhang B zum
Herrn der
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