Nachrichten aus Mittelerde
weitere lange Zeitalter vergehen, bis ihr schließlich alles in die Hände fiel, was sie sich in ihrer Jugend ersehnt hatte: der Ring der Macht und die Herrschaft über Mittelerde, von der sie geträumt hatte: Doch ihre Klugheit war zu Weisheit geworden, und sie wies alles zurück, und nachdem sie die letzte Prüfung bestanden hatte, ging sie auf immer von Mittelerde fort.
Der letzte Satz steht in engem Zusammenhang mit der Szene in Lothlórien, als Frodo Galadriel den Ring anbietet (»Die Gefährten«, 2, Kapitel 7): »Und nun ist es endlich so weit. Du willst mir den Ring freiwillig geben! Anstelle des Dunklen Herrschers willst du eine Königin einsetzen.«
Im
Silmarillion
(Seite 159) wird erzählt, dass zur Zeit des Aufstandes der Noldor in Valinor Galadriel darauf brannte, fortzuziehen: »Sie schwor keinen Eid, doch Feanors Worte über Mittelerde waren in ihrem Herzen aufgegangen, denn sie sehnte sich danach, die weiten unbewachten Lande zu sehen und ein Reich nach ihrem Gutdünken zu regieren.«
Gleichwohl weist der vorliegende Bericht verschiedene charakteristische Züge auf, von denen sich im
Silmarillion
keine Spur findet: die Verwandtschaft der Kinder Finarfins mit Thingol als ein Faktor, der ihre Entscheidung beeinflusst, sich am Aufruhr Feanors zu beteiligen; Galadriels von Anfang an vorhandene besondere Abneigung und ihr Misstrauen gegen Feanor und die Wirkung, die sie auf ihn ausübte; und der Kampf der Noldor untereinander bei Alqualonde – in Menegroth bestand Angrod Thingol gegenüber darauf, dass die Sippe Finarfins am Tod der Teleri unschuldig sei (
Das Silmarillion
, Seite 232f.). Höchst bemerkenswert in der oben zitierten Passage ist jedoch die ausdrückliche Feststellung, dass Galadriel am Ende des Ersten Zeitalters
die Vergebung der Valar
zurückwies.
Später heißt es in diesem Aufsatz, dass, obwohl sie von ihrer Mutter Nerwen und von ihrem Vater Artanis (›edle Frau‹) genannt wurde, der Sindarin-Name, den sie wählte, Galadriel war, »denn er war der schönste ihrer Namen und er war ihr von ihrem Liebsten, Teleporno von den Teleri, gegeben worden, den sie später in Beleriand heiratete«. Teleporno ist Celeborn, dem hier eine andere Geschichte beigelegt wird, wie weiter unten (Seite 374) ausgeführt wird; zum Namen selbst siehe Anhang E, Seite 423.
Eine völlig andere, skizzierte, aber nie ausgeführte Geschichte über Galadriels Verhalten während des Aufstandes der Noldor erscheint in einer sehr späten und teilweise unleserlichen Notiz. Es ist die letzte Aufzeichnung meines Vaters über Galadriel und Celeborn und vermutlich die letzte über Mittelerde und Valinor, niedergeschrieben im letzten Monat seines Lebens. Darin betont er die eindrucksvolle Gestalt Galadriels bereits in Valinor, die gleichrangige, wenn auch andersartige Begabung Feanors. Hier wird gesagt, dass sie weit davon entfernt war, sich Feanors Aufruhr anzuschließen, und sie ihm auf jede Weise Widerstand leistete. Sie wollte Valinor wirklich verlassen und in die ferne Welt Mittelerdes gehen, um ihre Fähigkeiten zu üben; denn »geistig hochbegabt und von schneller Auffassungsgabe, hatte sie früh alles Wissen verarbeitet, dessen sie habhaft werden konnte und das die Valar für geeignet hielten, es an die Eldar weiterzugeben«; und sie fühlte sich durch die Bevormundung in Aman eingeengt. Dieses Verlangen Galadriels war Manwe, wie es scheint, bekannt, und er hatte kein Verbot ausgesprochen; doch war ihr die förmliche Erlaubnis nicht erteilt, Aman zu verlassen. Indem sie darüber nachdachte, was sie tun könnte, kamen ihr die Schiffe der Teleri in den Sinn, und sie machte sich auf, um eine Zeit lang bei der Sippe ihrer Mutter in Alqualonde zu wohnen. Dort traf sie Celeborn, hier wieder ein Teleri-Fürst, Enkelsohn Olwes aus Alqualonde und damit ihr enger Verwandter. Gemeinsam planten sie, ein Schiff zu bauen und damit nach Mittelerde zu segeln; und als sie im Begriff waren, die Valar um Erlaubnis für ihr Wagestück zu bitten, floh Melkor aus Valmar, kehrte mit Ungolianth zurück und zerstörte das Licht der Bäume. An Feanors Aufruhr, der der Verhüllung Valinors folgte, hatte Galadriel keinen Anteil: In Wahrheit fochten sie und Celeborn heldenhaft im Verteidigungskampf Alqualondes gegen die Noldor, und Celeborns Schiff wurde von ihnen gerettet. Galadriel, die nun anValinor verzweifelte und entsetzt war über die Grausamkeit und Gewalttätigkeit Feanors, segelte in die Dunkelheit, ohne auf Manwes Erlaubnis
Weitere Kostenlose Bücher