Nachrichten aus Mittelerde
schreckliche Verhängnis seiner Sippe. Als die Elben dort standen, kamen Menschen von dem Nen Girith herab, um den toten Drachen anzusehen, und als sie sahen, welches Ende Túrin Turambar genommen hatte, weinten sie. So erfuhren die Elben schließlich den Grund für die Worte, die Túrin zu ihnen gesprochen hatte, und sie waren entgeistert. Da sagte Mablung bitter: »Auch ich war verstrickt in das Schicksal von Húrins Kindern, und so habe ich mit meiner Nachricht einen, den ich liebte, getötet.«
Dann hoben sie Túrin auf und sahen, dass sein Schwert zerbrochen war. So ging alles dahin, was er besessen hatte.
Viele Hände mühten sich, sie trugen Holz zusammen, türmten es hoch auf, machten ein großes Feuer und verbrannten den Leichnam des Drachen, bis er nur noch schwarze Asche war und sein Gebein zu Staub zerfiel. Doch der Ort dieses Feuers blieb für alle Zeiten kahl und unfruchtbar. Túrin aber begruben sie auf einer Anhöhe, wo er gestorben war, und die Hälften von Gurthang legten sie ihm an die Seite. Und als alles getan war und die Sänger der Elben und Menschen ein Klagelied gesungen hatten über Túrins Tapferkeit und Níniels Schönheit, wurde ein großer grauer Stein gebracht und auf dem Hügel aufgestellt, und darauf meißelten die Elben in der Runenschrift von Doriath:
TÚRIN TURAMBAR DAGNIR GLAURUNGA
und darunter schrieben sie auch
NIENOR NÍNIEL
Sie lag aber nicht dort, noch wurde je bekannt, wohin die kalten Wasser des Teiglin sie getragen hatten.
So endete die Geschichte von Húrins Kindern, das längste aller Lieder Beleriands.
Anmerkungen
In einer einführenden Anmerkung, die in verschiedenen Fassungen existiert, heißt es, die
Narn i Hîn Húrin
sei, obgleich sie in der Elbensprache verfasst sei und viel elbische Überlieferung (besonders aus Doriath) verwende, das Werk Dírhavels, eines Dichters der Menschen. Er lebte in den Tagen Earendils an den Anfurten des Sirion und sammelte dort alle Nachrichten über das Haus Hador, deren er habhaft werden konnte, ob von Menschen oder Elben, Überlebenden und Flüchtlingen aus Dor-lómin, Nargothrond, Gondolin und Doriath. In einer Version dieser Anmerkung ist davon die Rede, Dírhavel stamme selbst aus dem Hause Hador. Dieses Lied, das längste aller Lieder aus Beleriand, war alles, was er geschaffen hat, doch es wurde von den Eldar gerühmt, weil Dírhavel die Elbensprache verwendete, die er ausgezeichnet beherrschte. Er benutzte jene Art elbischen Verses, der
Minlamed thent/estent
genannt wurde, und der von alters her der
Narn
(eine Erzählung in Versen, die jedoch gesprochen, nicht gesungen wurde) ihr eigenes Gepräge gab. Dírhavel kam beim Überfall der Söhne Feanors auf die Anfurten des Sirion ums Leben.
1
An dieser Stelle des Textes der
Narn
folgt eine Beschreibung von Húrins und Huors Aufenthalt in Gondolin. Diese lehnt sich eng an eine Geschichte an, die in einem der »konstituierenden Texte« des
Silmarillion
erzählt wird. Die Übereinstimmung ist so groß, dass es sich lediglich um eine Variante handelt, die ich hier nicht wiedergegeben habe. Die Geschichte kann man im
Silmarillion
, Seite 279f., lesen.
2
Hier folgt im Text der
Narn
ein Bericht über die Nirnaeth Arnoediad, den ich aus dem gleichen Grund nicht aufgenommen habe, den ich in Anmerkung 1 angeführt habe. Vgl.
Das Silmarillion
, Seite 337–343.
3
In einer zweiten Version des Textes wird deutlich, dass Morwen in der Tat Kontakte zu den Eldar unterhielt, die unweit ihres Hauses in den Bergen geheime Wohnungen besaßen: »Doch sie konnten ihr keine Neuigkeiten berichten. Niemand hatte Húrins Fall gesehen. ›Er war nicht bei Fingon‹, sagten sie; ›er wurde mit Turgon nach Süden abgedrängt, doch wenn irgendjemand aus seinem Volk entkam, geschah es im Gefolge des Heeres aus Gondolin.Aber wer will das wissen? Denn die Orks haben alle Erschlagenen zu einem Haufen aufgetürmt, eine Suche ist vergeblich, sogar wenn es jemand wagte, sich zum Haudh-en-Nirnaeth zu begeben.‹«
4
Mit dem hier beschriebenen Helm Hadors sind die »großen Masken, die grässlich anzuschauen waren«, zu vergleichen, welche die Zwerge aus Belegost in der Nirnaeth Arnoediad trugen und die ihnen »aber gut zustatten kamen gegen die Drachen« (
Das Silmarillion
, Seite 336). Túrin trug später eine Zwergenmaske, als er in die Schlacht bei Nargothrond zog: »und die Feinde flohen bei seinem Anblick« (ebd., Seite 364). Vgl. auch den Anhang zur
Narn
, Seite 258f.
5
Der Einfall
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