Nachruf auf eine Rose
an. Die Grenze zwischen Eigeninitiative und Gehorsamsverweigerung ist ziemlich schmal, und ich versichere Ihnen, ich weiß genau, wo diese Grenze verläuft. Insbesondere in Ihrem Fall.» Er sah Fenwick durchdringend an, und als ihre Blicke sich kreuzten, lag darin so etwas wie ein beiderseitiges Verstehen.
«Bitte erstatten Sie mir jeden Tag pünktlich Bericht. Und wenn Sie auf neues Beweismaterial stoßen, dann rufen Sie mich an, jederzeit. Ich muss sofort Bescheid wissen.» Er blickte Fenwick direkt in die Augen. «Passen Sie genau auf, was Sie tun, Chief Inspector. Das Seil, auf dem Sie tanzen, verläuft über einen sumpfigen Grund, und wenn Sie fallen, dann fallen Sie allein. Wenn Sie überfordert sind, dann sagen Sie mir das jetzt, so dass ich jemand anderen mit der Leitung der Ermittlungen betrauen kann. Wenn Sie jedoch der Leiter der Sonderkommission bleiben möchten, sollten Sie genau wissen, was Sie tun.»
Fenwick schüttelte erstaunt den Kopf. Harper-Brown wusste genau: Wenn er diesen Fall abgäbe, so würde das seiner Karriere einen nicht wieder gutzumachenden Schaden zufügen, doch so würde Harper-Brown sich später darauf berufen können, er habe ihm schließlich nahegelegt, die Verantwortung einem erfahreneren Kollegen zu übertragen, dass Fenwick ihn jedoch gebeten hatte, die Leitung der Sonderkommission bei ihm zu belassen. Und wenn etwas schief ginge, so hätte Fenwick allein die Folgen zu tragen, wohingegen der Assistant Chief Constable schlimmstenfalls mit einem Verweis rechnen müsste.
«Ich bleib dabei.» Fenwick konnte sich nicht überwinden, die übergeordnete Stellung des anderen noch zu betonen, indem er «Sir» hinzufügte, doch Harper-Brown schien es nicht zu bemerken. Letztlich hatte Fenwick genau das gesagt, was er erwartet hatte.
Auf der Rückfahrt nach Harlden rief Fenwick den Leiter der Einsatzzentrale an und erfuhr von ihm, dass einer der Kollegen übers Internet eine Verbindung zwischen James FitzGerald und Wainwright Enterprises entdeckt hatte. Vor elf Jahren war FitzGerald wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden. Zwar handelte es sich dabei nicht um ein Delikt, das in den Datenbanken der Polizei auftauchte, doch hatte der Fall seinerzeit ziemlichen Staub aufgewirbelt und war erschöpfend von der Lokalpresse behandelt worden. Es ging dabei um Einnahmen in Verbindung mit einer Stiftung, die Aktien von der Firma Wainwright besaß. Man hatte «versäumt», diese Gelder beim Finanzamt anzugeben. Fenwick ließ sich mit dem zuständigen Beamten verbinden und bedankte sich bei ihm für seine außergewöhnliche Eigeninitiative.
Als Nightingale mit Sergeant Gould nach Harlden zurückfuhr, befand sie sich in einem Zustand heller Aufregung. Nachdem sie zwei Tage damit zugebracht hatte, jeden Winkel in Amanda Bennetts Haus abzusuchen, war ihr schließlich Arthur Fishs Tonband in die Hände gefallen. Nun steckte das Band in Goulds Jackentasche, säuberlich in einer kleinen Plastiktüte verstaut und versiegelt.
Als sie das Polizeipräsidium erreichten, ließ Gould das Band sofort als Beweismaterial eintragen, bevor er es vor Zeugen abspielen ließ. Nightingale parkte den Wagen und eilte zur Einsatzzentrale. Der Superintendent, Sergeant Cooper und der Dienstgruppenleiter waren anwesend. Chief Inspector Fenwick würde sich nach seiner Rückkehr von London direkt zu einem Treffen mit dem Assistant Chief Constable begeben, also entschied man sich dafür, das Band in seiner Abwesenheit abzuhören. Mit einem behandschuhten Finger schob Gould das Band vorsichtig in das Diktiergerät und drückte auf «Play». Die Stimme des toten Mannes drang aus den Lautsprechern.
« Mein Name ist Arthur Lawrence Fish . Heute ist der zwanzigste April . Es ist vier Uhr . Ich bin Chefbuchhalter der Firma Wainwright Enterprises . In meinem Haus an der Greenside Nummer eins in Harlden gibt es einen geheimen Raum . Der Zugang dazu liegt in meinem Schlafzimmerschrank . In diesem Raum befinden sich Unterlagen , vollständige Bücher , die beweisen , dass die Firma Wainwright Enterprises während meiner gesamten Zeit dort – das sind über fünfundzwanzig Jahre – illegale finanzielle Transaktionen durchgeführt hat . Ich betone , dass meine Frau und meine Familie keinerlei Kenntnis von meiner Beteiligung an diesen Unregelmäßigkeiten haben . Die Versicherungspolice , die für die Pflege meiner Frau aufkommt , ist völlig rechtens ; das Haus läuft auf ihren Namen und wurde ausschließlich von sauberem Geld
Weitere Kostenlose Bücher