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Nachruf auf eine Rose

Titel: Nachruf auf eine Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Fenwick
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zischend über. Als das Geräusch schließlich in ihr Bewusstsein drang, erhob sie sich und rückte den Topf von der heißen Platte. Sie drehte sich um, einen berechnenden Ausdruck im Blick.
    «Was genau veranlasst Sie, in meiner Vergangenheit herumzuwühlen, Chief Inspector?»
    «In Ihrem Umfeld sterben überdurchschnittlich viele Leute, Mrs Wainwright-Smith. Das hat uns neugierig gemacht.»
    Sie erwiderte nichts, wandte sich erneut dem Topf zu und rührte konzentriert die Brühe um. Fenwick beobachtete sie von hinten, betrachtete das Muskelspiel ihrer schmalen Schultern. Sie war drahtig und zäh wie eine Ballerina, und einen Moment lang überkamen ihn Zweifel an seinem Urteil. Doch dann drehte sie sich um, sah ihm direkt in die Augen, und die Gewissheit kehrte zurück. Die Härchen in seinem Nacken und auf seinen Unterarmen stellten sich auf. Ihr herausfordernder Blick sprach Bände.
    «Die wenigen Leute aus meinem Bekanntenkreis, die in letzter Zeit gestorben sind, sind allesamt Opfer von unglücklichen Umständen geworden. Mit keinem dieser Todesfälle habe ich auch nur das Geringste zu tun.»
    «Auch nicht mit Arthur Fish und Amanda Bennett?» Als Fenwick den Namen der Prostituierten erwähnte, verhärtete sich ihr Gesichtsausdruck, und Fenwick war sich sicher, dass für einen Moment lang so etwas wie Besorgnis in ihrem Blick aufflackerte. Doch sie antwortete völlig ruhig:
    «Es kommt mir vor, als klammerten Sie sich an einen Strohhalm, Chief Inspector. Haben Sie nichts Besseres vorzuweisen?» Sie lächelte selbstbewusst, als verhöhne sie ihn damit, dass er keine wirklich schlagkräftigen Beweise gegen sie hatte.
    «Lassen Sie die Spielchen, Mrs Wainwright-Smith. Das funktioniert bei mir nicht. Vielleicht habe ich noch nicht alle Beweise, die ich brauche, doch es werden mehr werden, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich alles zusammenhabe, um Sie vor Gericht zu bringen. Bemühen Sie sich nicht, ich finde allein hinaus.»
     
    Als Fenwick gegangen war, kontrollierte Sally die Temperatur der Herdplatte und tat die vier Kekse wieder zurück in den luftdichten Vorratsbehälter. Ihre Bewegungen waren beherrscht und effizient. Dann schenkte sie sich ein großes Glas Gin ein und schlenderte hinüber ins Büro hinter der Eingangshalle. Sie schaltete ihren Computer ein, loggte sich in ihr Online-Banking-Programm ein und überprüfte zuerst ihr und Alexanders gemeinsames Konto, danach das Sparbuch, das sie immer noch hatte und von dem er nichts wusste.
    Sie starrte auf die Zahlen, bis sie zu einem grauen Nebel verschwammen. Normalerweise verlieh ihr das Wissen um ihr Geld ein Gefühl von Sicherheit, doch heute funktionierte es nicht. Sie wühlte in ihrer Handtasche und holte eine kleine braune Glasflasche heraus. Während sie den PC herunterfuhr, nahm sie einen großen Schluck Gin und spülte zwei Tabletten hinunter. In Verbindung mit dem Alkohol tat das Mittel fast augenblicklich seine Wirkung. Mit einem Mal war sie völlig ruhig. Was für eine paradoxe Gabe, diese Tabletten, dachte sie. Manchmal, wenn sie dieses Gefühl, in Watte gepackt zu sein, nicht ertragen konnte, schluckte sie noch ein paar Amphetamine hinterher, und ihre Gefühle jagten einander auf und ab wie in einer Achterbahn, bis sie dann wieder irgendwann in diese Leere und Gleichgültigkeit zurückkehrte. Sie konnte sich niemals genau daran erinnern, was sie getan hatte, wenn die Wirkung der Drogen ihren Höhepunkt erreichte, doch sie sah das eigentlich eher als einen Vorteil an.
    Sie verließ das Arbeitszimmer und schleppte sich die Stufen hinauf bis zur Wendeltreppe, die in den Turm hinaufführte, der über dem nördlichen Gebäudetrakt thronte. In einer kleinen Kammer ganz oben unterm Dach hatte sie sich ihr Versteck eingerichtet, ihre Höhle. Auf dem Boden lagen eine Matratze und eine Decke für kalte Tage. Die Fenster waren mit Brettern vernagelt, und die einzige Lichtquelle im Raum war eine nackte Vierzig-Watt-Birne, die von der Decke baumelte. Sie ließ sich auf die Matratze fallen und drückte die Decke fest gegen die Brust. Als sie endgültig die Kontrolle über sich verlor, war es – trotz der Antidepressiva – furchtbar. Sie wimmerte und weinte. Sie schrie die Dachbalken an und umkrallte ihre Arme, bis die Haut rot wurde und das Blut langsam aus den Wunden sickerte. Ihre Rufe wurden zu einem schrillen Kreischen und ebbten ab, bis nur noch ein furchtbares, jammervolles Heulen zu hören war und alle Tränen vergossen waren.
    Sie lag auf

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