Nachruf auf eine Rose
automatisch an die Person (gewöhnlich einen Mann) in ihrer unmittelbaren Umgebung anpassen , die die größte Autorität und Macht ausstrahlt . Sie wird versuchen , diesem Mann zu gefallen und ihn zu manipulieren . Durch den sexuellen Missbrauch , den sie erfahren hat , ist es sehr wahrscheinlich , dass sie dabei Sex als wichtigstes Instrument einsetzt , um ihn unter Kontrolle zu halten . Körperlich empfindet sie dabei nichts ; um die Erwartungen ihres Partners zu erfüllen , wird sie Lust oder Schmerz vortäuschen , wie sie dies bei ihrem Vater , ihren Onkeln und den Freunden des Vaters getan hat . Ihre Gefühle gegenüber den autoritären Männern in ihrem Leben ist eine komplexe Mischung aus Hass und dem Verlangen , von ihnen ‹ geliebt › zu werden . Wenn jemand einmal Macht über sie erlangt hat , so ist sie fügsam und leicht manipulierbar .
‹ Liebe › ist für sie etwas nicht Fassbares , weil sie sie in ihrer Kindheit nie kennen gelernt hat . Für sie ist Liebe gleichbedeutend mit dem , was sie sich als Kind am meisten gewünscht hat , und das ist gewöhnlich Aufmerksamkeit , und in diesem speziellen Fall Nahrung und Genussmittel . Die Fähigkeit , unbedingt und jederzeit die Situation zu beherrschen , ist für sie unerlässlich , und sie wird ein beträchtliches Maß an Energie darauf verwenden , alle Aspekte ihrer Umgebung zu manipulieren . Ein Mangel an Kontrolle kann sie aus der Bahn werfen und extreme Reaktionen hervorrufen .
Sie leidet unter Zwangsverhalten und reagiert auf eine Weise , die andere als seltsam oder herzlos empfinden . Auf Stress zeigt sie für ihre Umgebung unverständliche Reaktionen . Sie haben mich um eine Stellungnahme über ihr Gewaltpotential gebeten . Meiner Ansicht nach ist die Gefahr dafür recht groß , besonders dann , wenn sie durch Geschlechtsverkehr nicht das erreicht , was sie sich erhofft hatte . In ihrer Kindheit hat sie Missbrauch und Schläge erfahren , Hunger gelitten , und könnte somit selbst zu extremer Gewalt neigen .»
Während Fenwick vorlas, sank Alexander immer tiefer in sich zusammen und verbarg sein Gesicht in den Händen. Als der Polizeibeamte verstummte, senkte sich Stille über den Raum. Endlich gelang es Alex zu sprechen.
«Was Sie über ihre Vergangenheit gesagt haben, muss ich akzeptieren», sagte Alexander leise, doch bestimmt. «Ich glaube jedoch nicht, dass sie so ist, wie Ihr Psychologe sie in seinem Bericht geschildert hat.»
«Haben Sie Graham Wainwright getötet?»
«Natürlich nicht! Haben Sie mir die Geschichte nur deshalb erzählt, um mich zu einem Geständnis zu bewegen? Also wirklich, Fenwick, Sie sind zu …»
«Ich beschuldige Sie nicht! Aber irgendjemand hat es getan, hat Ihren Cousin kaltblütig und vorsätzlich ermordet. Und Ihre Frau hat für den Morgen, an dem Graham starb, kein Alibi. Dann hat sie es so eingerichtet, dass sie nach der Entdeckung der Leiche allein mit ihr war. Sie hat den Tatort verwüstet, hat uns ganz offensichtlich angelogen, was ihren Verbleib am Morgen seines Todes anbelangt. Und was das Motiv angeht, so scheinen nur Sie und Sally eines zu haben.»
«Ich bitte Sie! Sally ist meine Frau .»
«Die, wenn ich richtig informiert bin, nach Ihrem Tod alles erben wird.»
«Wollen Sie mir etwa einreden, dass ich als Nächster dran bin? Das ist doch absurd!»
«Das haben Sie gesagt. Was ich Ihnen zu verstehen geben will, ist, dass Ihre Frau unsere Hauptverdächtige ist und dass sie in diesem Moment von uns vernommen wird.»
Mit einem Satz war Alexander auf den Füßen und schoss zum Telefon.
«Sie braucht einen Anwalt.»
«Ich bin sicher, dass man ihr Gelegenheit gegeben hat, Jeremy Kemp anzurufen.»
«Ich spreche von einem fähigen Strafverteidiger. Geben Sie mir eine Minute Zeit … ich kenne jemanden, der wissen wird, an wen wir uns wenden können.»
Fenwick ließ ihn telefonieren. Als Alexander den Hörer auflegte, kam er auf den zweiten Grund für seinen Besuch zu sprechen: Er wollte Alexanders Reaktion auf Sallys angebliches Verhältnis mit seinem Onkel austesten.
«Da ist noch etwas, über das ich mit Ihnen sprechen muss. Es ist wichtig. Es geht um Ihre Frau und Alan Wainwright.»
Alexander sah ihn verständnislos an.
«Man hat uns gesagt, Ihre Frau habe vor seinem Tod eine Affäre mit Ihrem Onkel gehabt. Stimmt das?»
Er hatte damit gerechnet, dass der andere schockiert oder ärgerlich reagieren oder es leugnen würde, doch Alexander ging langsam durch den Raum, um am Fenster stehen zu
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