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Nachruf auf eine Rose

Titel: Nachruf auf eine Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Fenwick
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war es schließlich, die sie in den Knast gebracht hat! Ich werde sie übrigens bald wieder treffen. Du bist nicht unverwundbar, Sally, auch wenn du das vielleicht glaubst.»
    Sally betrachtete ihn mit einem Ausdruck distanzierten Interesses. Sie nahm ihren Hut und ihre Handschuhe und erhob sich. Dann beugte sie sich zu ihm hinunter und flüsterte ihm zu: «Denk dran, Arthur: Tote können nicht mehr singen.» Er spürte ihre scharfen kleinen Schneidezähne, als sie ihm neckisch ins Ohr biss, dann war sie verschwunden. Arthur saß da und starrte mit wachsendem Entsetzen auf seine pochende Hand.

4B ZWEITER TEIL
    Der Tod begleicht alle Schulden.
    Sprichwort aus dem
    17 . Jahrhundert

17B 11
    Der dritte Donnerstag im Monat hatte in Arthur Fishs Leben eine besondere Bedeutung. Normalerweise plante er diesen Tag minutiös voraus, doch heute war alles anders. Seit seiner Begegnung mit Sally Wainwright-Smith am vergangenen Samstag hatte er sich auf nichts mehr richtig konzentrieren können. Die Brandblasen auf seiner Hand heilten langsam ab, doch wenn er eine unbedachte Bewegung machte, so erinnerte ihn der plötzlich auftretende Schmerz an ihre letzten Worte, und die Angst, die er seitdem immer wieder erfolglos zu verdrängen versucht hatte, kehrte mit Macht zurück.
    Zuerst hatte er vorgehabt, Alexander mit seinem Wissen zu konfrontieren, doch die Vorstellung, dass seine eigene Vergangenheit bekannt werden würde, hatte ihn davon abgehalten. Außerdem hatte er Angst vor dem neuen Direktor. Alexander Wainwright-Smith hatte sich verändert. Den Jungen, den Arthur gekannt hatte, gab es nicht mehr, und Alexander wurde seinem Onkel Alan von Tag zu Tag ähnlicher, auch was dessen Arroganz und Anmaßung betraf. Und so hatte Arthur die meiste Zeit damit zugebracht, sich einzureden, es wäre nichts geschehen. Eine seiner größten Stärken war seine Fähigkeit, sich selbst vorzumachen, alles sei bestens und er selbst ein gesetzestreuer, anständiger Bürger. Doch natürlich konnte man das auch als verhängnisvolle Schwäche interpretieren.
    Er saß in der Küche, genoss die kleine Freude einer zweiten Tasse Tee am Morgen und wappnete sich für einen weiteren anstrengenden Tag. Die Zeiger der Backofenuhr zeigten Viertel vor sieben, und bald würde die Tagesschwester kommen. Als er hörte, wie sie die Eingangstür aufschloss, nahm er seinen Überzieher, einen kurzen, feinen Kamelhaarmantel, den ihm seine Frau vor acht Jahren zu ihrem Hochzeitstag geschenkt hatte. Das war das letzte Geschenk, das sie für ihn gekauft hatte.
    Schwester Brown betrat die Diele und hängte ihren Mantel ordentlich an den Garderobenhaken.
    «Morgen, Mr Fish.»
    «Guten Morgen, Schwester Brown.» Er schlüpfte in den Mantel und holte seine Kappe aus der Tasche.
    «Sind Sie um sechs wieder zu Hause?»
    «Ja, das heißt nein. Heute wird es spät, ich gehe zum Fakultätstreffen.»
    «Ach, der Fakultätsstammtisch, natürlich.» Schwester Brown grinste ihn an. Wusste sie Bescheid? Doch wie sollte sie, das war nur sein schlechtes Gewissen.
    «Edith Wilmslow kommt um halb sechs, wie immer. Sie bleibt da, bis ich wiederkomme. Die Nachtschwester hat doch heute ihren freien Abend.»
    Edith Wilmslow, seine Nachbarin, war mindestens achtzig, doch er konnte sich stets auf sie verlassen. Die alte Dame war mit einer Gesundheit gesegnet, die seine Frau schon lange verlassen hatte. Als die Haustür hinter ihm ins Schloss fiel, hatte er Gewissensbisse, dass er der Kranken nicht noch einmal auf Wiedersehen gesagt hatte.
    Die Zeit bei der Arbeit verging rasch, und doch ertappte Arthur sich dabei, wie er alle Viertelstunde auf die Uhr sah. Während einer Besprechung dachte er wieder an den bevorstehenden Abend, und wie ein kleiner Junge, der etwas kaum erwarten kann, presste er seine Oberschenkel aneinander. Um Viertel nach fünf, eine Stunde früher als gewöhnlich, nahm er seinen Mantel und seine Kappe und schloss die Bürotür hinter sich ab. Seine Sekretärin war bereits gegangen, denn donnerstags konnte er sie nie früh genug loswerden.
    Am Bahnhof kaufte er eine Hin- und Rückfahrkarte im Sondertarif an die Südküste. Als er nach der Fahrkarte griff, musste er sich zwingen, seine vor Aufregung zitternden Hände unter Kontrolle zu halten. Er setzte sich in ein leeres Zweite-Klasse-Abteil, gleich hinter der Tür, und in dem Bestreben, wie ein ganz normaler Fahrgast auszusehen, breitete er die Daily Mail vor sich auf dem Schoß aus. Doch er konnte sich nicht konzentrieren.

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