Nachruf auf eine Rose
Würde es Ihnen etwas ausmachen, mich in die Küche zu begleiten?»
«Eigentlich wollte ich Ihre Frau sprechen. Ist sie schon auf?»
Ein besorgter Ausdruck erschien auf Alexanders Gesicht.
«Ich habe sie in ihrem Zimmer schlafen lassen.»
Also hatten die Wainwright-Smiths getrennte Schlafzimmer, obwohl sie doch noch gar nicht lange verheiratet waren. Sehr eigenartig.
«Hat das nicht noch etwas Zeit?»
«Nein, leider nicht. Würden Sie ihr bitte Bescheid geben und sie bitten, in, sagen wir, fünf Minuten herunterzukommen.»
Das war keine Bitte, sondern eine Aufforderung. Mit vor Sorge gerunzelter Stirn verließ Alexander den Raum, um seine Frau zu holen. Fenwick bat Cooper und Shah, bei der Befragung anwesend zu sein. Dann erkundete er die übrigen Räumlichkeiten im Erdgeschoss.
Gegenüber der großen Eingangshalle befand sich das Esszimmer sowie ein mit Marmor ausgelegter Gang, der in einen im viktorianischen Stil gehaltenen Wintergarten führte. Im hinteren Teil des Hauses war eine schlecht beleuchtete, steile Zweittreppe zum oberen Stock.
Fenwick hörte Stimmen, die sich näherten. Er ging zurück in die Eingangshalle, wo die Herrschaften des Hauses vor dem kalten Kamin standen und auf ihn warteten.
In den fünf Minuten hatte Sally Wainwright-Smith ihr silberblondes Haar zu einem adretten Pferdeschwanz frisiert. Sie war ungeschminkt, doch ihre Haut und die Form ihrer Augen waren dergestalt, dass sie auch keine kosmetischen Hilfsmittel benötigte. Abgesehen von einer auffallenden Blässe, die ihr beinahe etwas Kindliches verlieh, erinnerte nichts an ihren Ausbruch am Vorabend.
Fenwick nickte ihr zur Begrüßung zu und wandte sich in Richtung Bibliothek. Cooper, Shah und Sally gingen hinter ihm her. Als Alexander sich ihnen ebenfalls anschließen wollte, schüttelte Fenwick den Kopf. Unbehaglich beobachtete Alexander, wie die Tür hinter seiner Frau geschlossen wurde. Sally drehte sich nicht um, noch schien es sie zu überraschen, dass sie sich mit den drei Polizeibeamten allein in dem Raum vorfand.
Ohne große Umschweife forderte Fenwick sie auf darzulegen, wie sie den gestrigen Tag verbracht hatte.
«Natürlich erinnere ich mich nicht an jede Kleinigkeit. Ich bin früh aufgestanden, habe den Mädchen Anweisungen gegeben, dann bin ich noch einmal zurück ins Bett gegangen. Das habe ich ihnen natürlich nicht gesagt, sie sollten schließlich ordentlich arbeiten. Es gab eine ganze Menge zu tun, und wenn ich nicht da bin, um ihnen auf die Finger zu sehen, lassen sie sich leicht von der Arbeit ablenken.» Sie sah ihn mit großen Augen an.
«Also waren Sie gar nicht auf dem Markt?»
Sie blinzelte, und für den Bruchteil einer Sekunde zögerte sie.
«Nein. Das habe ich ihnen nur gesagt, weil sie jeden Moment mit mir rechnen sollten.»
«Wer hat dann die Markteinkäufe geliefert?»
«Der Gemüsehändler. Das hatte ich schon vorher mit ihm vereinbart.» Während sie dies sagte, klang ihre Stimme völlig ruhig, doch eine zarte Röte legte sich auf ihre Wangen, so dass Cooper sich einen Vermerk in seinem Notizbuch machte.
«Erzählen Sie weiter. Was geschah dann?»
«Alex und ich, wir waren beide fix und fertig. Ich bin kurz nach halb zwölf aufgewacht, habe dann geduscht und meine Abendgarderobe herausgesucht. Als ich in Alex’ Zimmer ging, war er nicht da. Ich fand ihn in der Küche, wo er mit einer der Haushaltshilfen Kaffee getrunken hat. Wir sind dann direkt ins Büro gefahren, haben noch ein paar Sachen erledigt und ziemlich früh Feierabend gemacht. Wir waren die ganze Zeit zusammen. Gegen halb sechs waren wir wieder zurück und hatten noch ziemlich viel zu tun, bis die Gäste kamen.»
Fenwick forderte sie auf, genau zu beschreiben, wie sie und Jeremy Kemp Grahams Leiche gefunden hatten. Für einen Augenblick senkte sie den Kopf und bedeckte ihr Gesicht mit beiden Händen. Als sie wieder aufblickte, waren ihre Wangen tränennass. Cooper reichte ihr sofort ein sauberes weißes Taschentuch, das sie dankbar lächelnd entgegennahm.
«Erinnern Sie sich daran, wie die Leiche ausgesehen hat, als Sie sie fanden?»
«Nein.» Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
«Was taten Sie, nachdem Jeremy Kemp gegangen war?»
Sie schüttelte den Kopf und schwieg. Tränen rannen ihr das Gesicht herunter, und Fenwick wartete, bis sie sich wieder gefangen hatte.
«Es tut mir Leid. Es fällt mir immer noch schwer, darüber zu sprechen. Außerdem ist alles so verschwommen. Ich erinnere mich daran, dass ich die
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