Nachruf auf eine Rose
Leiche gesehen habe, doch dann ist plötzlich alles weg, bis Alex mich gefunden hat. Und später … ich weiß nicht mehr, es war alles zu viel.»
Fenwick fragte sie, wie die Leiche vom Baum geholt worden sei. Sie sagte, sie habe geglaubt, Kemp habe ihn heruntergeholt, und wenn er es nicht gewesen sei, dann wisse sie es auch nicht. Auf weitere Fragen gab sie vor, sich an nichts mehr zu erinnern, was mit ihrer Wartezeit unter dem Baum zusammenhing.
«Früher am Abend sollen Sie den Gedanken, Graham könne etwas zugestoßen sein, als absurd abgetan haben.»
«Habe ich das gesagt? Ja, das stimmt. Es erschien mir so unwahrscheinlich, er war so voller Leben, so sorglos. Ich hätte nie geglaubt, dass er … nun, dass er so etwas … Er schien das Leben in vollen Zügen zu genießen. Doch vielleicht war das alles nur Show. Jenny erwähnte, dass er sich in letzter Zeit über irgendetwas große Sorgen gemacht hatte, wir hätten auf sie hören sollen!»
«Sein Tod scheint Sie schwer erschüttert zu haben. Haben Sie ihn gut gekannt?»
«Nein, ich habe ihn so gut wie überhaupt nicht gekannt.» Sally schüttelte beinahe trotzig den Kopf. «Es ist nur so, dass wir uns in den Wochen nach dem Tod seines Vaters gerade etwas besser kennen lernten.»
Ihre Tränen und der hysterische Ausbruch vom Vorabend konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sally sichtlich entspannt war und sich wieder voll im Griff hatte. Fenwick überlegte, ob es sinnvoll wäre, ihre Aussage in Zweifel zu ziehen, und kam zu dem Schluss, dass er die Angelegenheit vorerst auf sich beruhen lassen würde. Er nahm an, dass sie eher etwas preisgeben würde, wenn sie sich sicher fühlte. Er hatte sie bereits bei einer Lüge ertappt, also war es durchaus möglich, dass sie wieder einen Fehler machte.
Als Sally gegangen und er mit Cooper und Shah allein war, wandte er sich – Cooper bewusst ignorierend – an Constable Shah und fragte sie: «Was halten Sie von ihr?»
Shah war genauso erstaunt wie Cooper, dass Fenwick sie nach ihrer Meinung fragte, doch ihre Antwort kam unumwunden.
«Ich traue ihr nicht, und ich glaube, sie lügt.»
Fenwick reagierte nicht, sondern blickte Cooper an. Man sah dem Sergeant an, dass er Shahs Meinung nicht teilte.
«Das ist ein ziemlich hartes Urteil. Und vorschnell dazu. Ich weiß nicht, wie Sie so schnell darauf kommen konnten.»
«Was denken Sie, Cooper?»
«Auf mich machte sie den Eindruck einer sehr vernünftigen jungen Frau. Eine gute Ehefrau. Arbeitet hart. Ein bisschen ungenau ihre Beschreibung von gestern, aber offensichtlich hat sie das Ganze sehr mitgenommen.»
«Erstaunlich, nicht wahr? Zwei völlig gegensätzliche Ansichten: die eine aus der Sicht eines Mannes, die andere aus der Sicht einer Frau.»
«Sir! Ich habe Ihnen gesagt, welchen Eindruck ich als Polizeibeamtin gewonnen habe, nicht als Frau.» Constable Shah war vor Empörung und Ärger ganz rot im Gesicht. «Ich protestiere …»
«Beruhigen Sie sich. Das war nicht sexistisch gemeint. Es ist ein Fakt, dass die Aussagen aller weiblichen Zeugen insoweit übereinstimmen, als keine etwas Positives über Sally Wainwright-Smith gesagt hat, wohingegen alle Männer sich ausnahmslos bewundernd über sie geäußert haben und Sally bei ihnen so eine Art Beschützerinstinkt wachzurufen scheint.»
«Aber diese Armes-tapferes-Frauchen-Tour, die sie da abzieht, ist doch auf den ersten Blick durchschaubar!»
«Für Sie vielleicht, aber nicht für ihren Mann, für Colin, Jeremy Kemp oder sogar Sergeant Cooper.»
«Moment mal, Sir. Ich habe Ihnen meinen ersten Eindruck mitgeteilt! Werfen Sie mich nicht mit den anderen in einen Topf. Ich kenne sie schließlich kaum.»
Fenwick wischte Coopers Unbehagen mit einer Handbewegung und einem Lächeln beiseite. Es kam selten vor, dass Cooper unsicher wurde oder nicht recht wusste, was er sagen sollte.
Fenwick hatte ihn gekränkt. Er fühlte sich vorgeführt, besonders, da Constable Shah anwesend war.
«Was halten Sie denn von ihr, Sir? Dann sind Sie also immun gegen ihren Charme?»
Fenwicks Lächeln verschwand augenblicklich.
«Ja, das bin ich in der Tat. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, doch sie kommt mir ziemlich gerissen vor. Ich könnte mir vorstellen, dass sie versucht, uns zu manipulieren, und glaubt, uns alles auftischen zu können.
Shah, Sie suchen bitte die Kiste, in der das Gemüse geliefert wurde. Und finden Sie heraus, wer es geliefert hat. Fragen Sie Irene, wo gestern Markt war beziehungsweise wo Sally
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