Nachruf auf eine Rose
war allein in der Küche. Sie hatte damit begonnen, die Spuren vom Vorabend zu beseitigen, und war gerade damit beschäftigt, die Teller aufzustapeln und das Porzellan, die Gläser und das Besteck zu sortieren. Leider würde sie nur einen Bruchteil des Ganzen in die Geschirrspülmaschine bekommen. Die beiden leeren Kaffeetassen und die angebrochene Kekspackung standen noch auf dem alten Kiefernholztisch. Sonst achtete sie stets darauf, alles gleich wegzuräumen, doch heute hatte sie nicht daran gedacht.
«Wie kommen Sie dazu, sich an meinem Essen zu vergreifen!»
Irene, die sich gerade über die Spülmaschine beugte, fuhr hoch und sah Sally hinter sich stehen, die blass vor Wut auf die Kekse zeigte.
«Die halbe Packung ist leer! Gestern Abend war sie noch nicht mal angebrochen!»
Irene errötete.
«Ich hab den Polizisten welche angeboten. Sie hatten noch nicht gefrühstückt.»
Sally sah die Krümel auf Irenes schwarzen Leggings und ihrer Strickjacke und hob die Augenbrauen.
«Lügen Sie mich nicht an, Irene. Lügen Sie mich niemals an.»
Irene spürte, wie sich ihr die Nackenhaare aufstellten, während sie in Sallys seltsam blasse, katzenhafte Augen starrte. Ein Teil von ihr war nahe dran, einen Finger zum kurzen Gruß zu erheben und Sally mit der ganzen Unordnung allein zu lassen. Doch irgendetwas an dieser Frau machte ihr Angst; außerdem hatte sie ihren Wochenlohn noch nicht bekommen. In diesem Augenblick wusste Irene, dass sie nach Ablauf dieser Woche, wenn sie ihr Geld bekommen hatte, von hier verschwinden würde. Und bis dahin würde sie wohl am besten den Mund halten.
«Es tut mir Leid, Madam. Sie können mir die Kosten von meinem Lohn abziehen. Es wird nicht wieder vorkommen.»
Sally nickte einmal kurz, warf einen Blick auf das Preisschild und nahm sich dann fünf Kekse heraus, die sie sich nacheinander in den Mund steckte. Irene starrte sie ungläubig an.
Auf dem Weg zurück nach Harlden fasste Cooper sein Gespräch mit Julia Wainwright-McAdam kurz zusammen.
«Tante Julia duldet Alexander, aber Sally verabscheut sie geradezu. Sie hat angedeutet, dass der gute alte Alan Wainwright ein Verhältnis mit Sally hatte und dass sie ihn dazu gebracht hat, sein Testament zu ändern.»
«Hat sie dafür irgendwelche Beweise?»
«Nichts. Es ist wie damals, als Graham Wainwright uns wegen seiner Bedenken über den Tod seines Vaters kontaktierte.»
«Und Graham ist jetzt ebenfalls tot. Damit sind in den letzten zwei Monaten drei einflussreiche Männer ums Leben gekommen, die alle mit der Firma Wainwright zu tun hatten.» Fenwick verstummte, offenbar tief in Gedanken. «Weder Sally noch Alexander haben ein wasserdichtes Alibi für den Morgen, an dem Graham umgekommen ist. Beide hatten ein Motiv, und Sallys Reaktion letzte Nacht war, gelinde gesagt, seltsam. Ich werde beide beschatten lassen. Bis gegenteilige Beweise vorliegen, sind sie meine Hauptverdächtigen.»
Cooper warf Fenwick einen besorgten Blick zu.
«Das wird dem Assistant Chief Constable nicht gefallen, Sir.»
«Das müssen Sie mir nicht erst sagen! Doch wann habe ich mich je beliebt gemacht?» Er lachte und strahlte dabei so viel gesundes Selbstbewusstsein aus, dass Cooper ihn nur beneiden konnte. «A propos, wie kommt Gould im Fall Fish voran?»
«Er steht ganz schön unter Druck. Die Kollegen in Brighton beharren darauf, dass der Fall mit Francis Fieldings Tod abgeschlossen war, also bekommt er von ihnen nicht viel Hilfe. Außerdem gibt es da einen gewissen Detective Sergeant Pink, der sich richtig ins Zeug legt, um ihm Knüppel zwischen die Beine zu werfen.»
«Für mich ist dieser Fall alles andere als abgeschlossen. Zuerst einmal ist da das verdächtig viele Geld, das man in Fieldings Wohnung gefunden hat und von dem niemand weiß, wo es herkommt. Es kann also durchaus sein, dass er angeheuert wurde, um Arthur Fish zu töten.»
«So ein Mordkomplott ist immer schwer zu beweisen, und der Assistant Chief Constable wird alles andere als erfreut sein.»
«Wenn diese Todesfälle miteinander in Verbindung stehen und wenn Alan Wainwrights Tod kein Selbstmord war, dann haben wir es hier mit einem clever ausgetüftelten Plan zu tun.»
«Clever und ziemlich riskant, Graham schon eine Woche nach der Ermordung Fishs umzubringen.»
«Riskant oder verzweifelt. Wenn es eine Verbindung gibt, dann hat die Person, die dahinter steckt, eine fast selbstmörderische Risikobereitschaft und ist zudem noch sehr klug. Wenn Sie sich die Leute
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