Nachruf auf eine Rose
die Leitung der Sonderkommission für alle mit den Wainwrights verbundenen Fälle übernimmt.»
Am anderen Ende der Leitung wurde es still, und Fenwick stellte sich vor, wie der Assistant Chief Constable fieberhaft nach irgendwelchen Einwänden suchte, doch offensichtlich erfolglos. Nach einer Weile sagte er gereizt: «Also schön, aber ich möchte nicht, dass Sie sich in diese angebliche Verbindung hineinsteigern. Versuchen Sie, die Sache so einfach wie möglich zu halten. Und lassen Sie um Himmels willen nichts an die Presse durchsickern.»
Fenwick und Cooper machten sich auf, um den Rechtsanwalt des Verstorbenen, einen gewissen Mr Sacks, aufzusuchen, dessen Kanzlei auch samstags geöffnet war. Fenwick war gespannt darauf zu erfahren, warum Graham, wo er doch seit dem Tod seines Vaters die meiste Zeit in London oder Schottland verbrachte, eine Anwaltskanzlei vor Ort mit der Vertretung seiner Angelegenheiten betraut hatte.
Mr Sacks trug einen eleganten Anzug, der darauf schließen ließ, dass er in dem nicht allzu erfolgreichen Bemühen, seine Gewichtsprobleme zu kaschieren, ein kleines Vermögen bei seinem Schneider gelassen hatte. Er führte Fenwick und Cooper in ein modernes, spärlich möbliertes Büro und bedeutete ihnen, an einem edlen Konferenztisch aus Ahornholz Platz zu nehmen.
Nach seiner anfänglichen Weigerung, Einzelheiten über Graham Wainwrights Angelegenheiten verlauten zu lassen, gab Sacks, als er merkte, dass Fenwick bereit wäre, notfalls vor Gericht zu gehen, schließlich nach und drückte die Taste der Gegensprechanlage. Kurz darauf erschien seine Assistentin mit einer kalbsledernen Mappe und zwei Loseblatt-Ordnern, die vor Papieren überzuquellen drohten.
«Graham und ich waren zusammen auf der Schule. Als er seinerzeit einen Rechtsvertreter suchte, der statt Kemp and Kemp seine Interessen vertreten sollte, rief er mich an und wurde mein Mandant. Das war im März, kurz nachdem sein Vater gestorben war und er ein beträchtliches Vermögen geerbt hatte.»
«Aber nicht so viel, wie er sich erhofft hatte.»
Sacks sah ihn schockiert an. Eine derartig ungehobelte Äußerung hatte er von einem Polizeibeamten im gehobenen Dienst nicht erwartet.
«Dazu kann ich nun wirklich nichts sagen.»
«Hat er Sie darauf angesprochen, das Testament seines Vaters anzufechten, um Anspruch auf die andere Hälfte des Vermögens zu erheben?»
Der Rechtsanwalt öffnete die Ledermappe. Mit langen, feingliedrigen Fingern blätterte er die Notizen durch. Für den Bruchteil einer Sekunde trat ein besorgter Ausdruck auf sein Gesicht, der jedoch so schnell verschwand, wie er gekommen war.
«Anfangs ja, doch später hat er es sich anders überlegt.»
«Warum?»
«Ich habe keine Ahnung. Er hat einfach nie wieder davon gesprochen.»
«Und was ist mit Graham Wainwrights eigenem Nachlass?»
«Er hat kein Testament verfasst. Er hat wohl nicht damit gerechnet, dass er so bald sterben würde, Chief Inspector.»
Kein Testament also. Noch ein Grund, der gegen einen Selbstmord sprach. Sicher hätte er nach einem derart umfangreichen Erbe seine Angelegenheiten in Ordnung gebracht, bevor er sich umbrachte.
Sacks fuhr fort, ohne Fenwicks grüblerischen Gesichtsausdruck wahrzunehmen.
«Meine Tätigkeit für Mr Wainwright beschränkte sich auf ein paar Erkundigungen bezüglich der Rechtsansprüche in dieser Erbschaftssache. Wie Sie sehen, ist diese Akte nicht sehr umfangreich.»
«Und die anderen?», fragte Fenwick und deutete auf die überquellenden Loseblatt-Ordner.
«Das ist alles von Kemp and Kemp. Wir haben die Unterlagen lediglich aufbewahrt. Eigentlich haben wir die Sachen erst eine Woche vor Mr Wainwrights plötzlichem Tod erhalten. Mein Mandant wollte unbedingt, dass wir die Unterlagen verwahren sollten. Das war sehr ungewöhnlich. Schließlich handelte es sich nicht um Mr Wainwrights Privateigentum, doch er insistierte, und so haben wir die Angelegenheit vorangetrieben. Jeremy Kemp war sehr kooperativ, wiewohl es eine Weile gedauert hat, bis wir sie endlich hatten.»
«Ich verstehe. Hätten Sie vielleicht etwas Kaffee für uns, Mr Sacks?»
«Ja, wollen Sie denn noch so lange bleiben?»
«Es wird noch etwas dauern, ja.»
Cooper wandte sein Gesicht ab, um sich sein Erstaunen nicht anmerken zu lassen. Er war eigentlich davon ausgegangen, dass sie jetzt gehen würden. Wieder drückte der Anwalt die Taste der Sprechanlage, und Sacks’ Assistentin nahm eilfertig den Auftrag entgegen, den Herrschaften Kaffee zu
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