Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)
kühle Fahrtwind ins Gesicht.
Nach einer Dreiviertelstunde, bergab über zahlreiche Serpentinen, erreichen wir den Fuß der Bergstraße. Pünktlich zu diesem Anlass kommt die Sonne heraus und föhnt mich innerhalb kürzester Zeit wieder trocken. Ari bringt mich zu meinem Homestay, und ich gebe ihr ein saftiges Trinkgeld für ihre Mühen. Das hat sie sich nach allem redlich verdient. Breit grinsend und winkend düst sie auf dem Moped mit dem Kleinen davon, der inzwischen im Stehen auf dem Gefährt eingeschlafen ist. Ich solle mich melden, falls ich wieder hierherkäme, ruft sie mir noch hinterher.
Denn Ari hat schon genaue Pläne mit mir. Bereits zu Beginn der Fahrt hatte sie aus mir herausgekitzelt, dass ich seit wenigen Wochen Single bin. Kaum hatte sie die Information verarbeitet, da machte sie mir auch schon die tollsten Komplimente. Um ihren Vortrag damit zu schließen, dass sie da eine nette Dame in der Nachbarschaft kennen würde, die auch nicht vergeben wäre. Ich glaube, so in etwa kommt man sich in einer Partnervermittlung vor. Als mir die Gute allen Ernstes die Adresse der Frau geben wollte, zog ich mich möglichst elegant und höflich aus der Affäre. Die nette Dame aus der Nachbarschaft muss weitersuchen.
Überhaupt, Fußballer und Frauen. In unserem Bereich hielt es sich noch einigermaßen in Grenzen mit der Verehrung von weiblicher Seite. Wir waren schließlich nur die zweite Mannschaft und standen im Schatten der Profis. Dazu gibt es noch unnötigerweise die Münchner Löwen in der Stadt. In anderen Vereinen, auch in der Dritten Liga, fokussiert sich die Öffentlichkeit meist deutlich mehr auf die Spieler, besonders in kleineren Städten.
Trotzdem, auch in München war es teilweise fast erschreckend, zumindest jedoch erstaunlich, wie sehr manche Mädels allein auf den Namen FC Bayern München angesprungen sind. Man hatte dadurch schon leichteres Spiel. Vielleicht weil die Damen hofften, dass wir mal alle weltbekannte Profis werden würden. Oder weil wir in dem jungen Alter schon gut verdienten und ab und an mal in der Zeitung standen. Ich weiß es nicht genau. Mir wäre es eher peinlich gewesen, darauf zu verweisen, dass ich bei Bayern spiele. Und die meisten meiner Kollegen sahen es ähnlich, denn früher oder später kam das im Laufe eines Gesprächs ohnehin heraus, und man punktete damit ganz automatisch. Aber es gab auch Leute in der Mannschaft, die mit der Tür ins Haus fielen und sich in den ersten paar Sätzen als Bayern-Spieler rühmten. Und damit weitestgehend auch noch Erfolg hatten. Wenn auch meistens nur bei Mädels von einem bestimmten Schlag. So oder so, trotz der noch immer zahlreich existierenden Vorurteile gegenüber Fußballern bezüglich ihres Charakters und Intellektes hat man es als solcher in Sachen Frauen sicher nicht schwerer als ein Nichtsportler, so viel sei gesagt.
Ich ging auch gerne mal weg und zog um die Häuser, gar keine Frage. Dann ließ ich es schon auch mal ordentlich krachen, sodass ich gewisse koordinative Übungen aus dem Training sicher nicht mehr hinbekommen hätte. Und wenn nach einem gewonnenen Spiel am nächsten Morgen nur lockeres Auslaufen und Massage anstanden, nun gut. Solche Freuden ereigneten sich ansonsten ohnehin selten genug aufgrund des Berufes. Denn was ich niemals tat, war, am Tag vor einem normalen Training oder gar Spiel auf die Piste zu gehen. Ich hätte das nicht reinen Gewissens tun können und daher auch keinen Spaß am Feiern gehabt, also ließ ich es gleich sein. Das gehört schließlich zu der zu erwartenden Berufsauffassung eines Profisportlers. Außerdem wusste ich, dass mein Körper unter diesen Bedingungen keine Leistung hätte abrufen können.
Doch nicht jeder nahm es damit so genau. Es gab Spieler, die des Öfteren augenscheinlich angezählt von der letzten Nacht zum Training erschienen und sich noch schnell einen Kaugummi in der Kabine einschmissen, bevor es auf den Platz ging. Das waren Einzelfälle, und auch wenn ich dieses Verhalten niemals gutheißen konnte, irgendwie zollte ich diesen Jungs doch ein Stück weit Respekt. Denn das Erstaunliche war, dass man es ihnen nur ganz selten auf dem Platz anmerkte. Gerade solche Typen sind dann tatsächlich häufig in der Lage, trotzdem eine gute Leistung im Training zu bringen, sodass es dem Trainer gar nicht auffallen kann, dass sie ein paar Stunden zuvor noch wankend durch die Disco taumelten. Auf lange Sicht gesehen, kann das trotzdem nicht gutgehen, denn irgendwann macht der
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