Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)
ja sonst nichts. Auch wenn es für den Gipfel nicht gereicht hat, war ich gestern Nacht doch rund fünf Stunden auf dem Vulkan unterwegs. Und nach meiner heutigen Wanderschaft in der drückenden Hitze bin ich ziemlich gerädert. Meine Masseurin ist eine hübsche und nette junge Dame. Vor allem aber beherrscht sie ihr Handwerk. Sie knetet mich eine volle Stunde lang im wahrsten Sinne des Wortes von Kopf bis Fuß durch. Es ist der pure Genuss, und ich fühle mich nach all den Strapazen wie im Himmel. Das Ganze macht dann inklusive Trinkgeld umgerechnet fünf Euro. Da stimmt aber das Preis-Leistungs-Verhältnis, mein lieber Mann.
Ich schaue kurz bei Made im Restaurant vorbei und verabrede mich mit ihm für morgen früh. Er hat mich eingeladen, an einer heiligen Zeremonie teilzunehmen. Hier wird mal wieder ein Fest abgehalten. Aber nicht irgendeins, sondern das wichtigste überhaupt. Es findet nur einmal jährlich nach balinesischem Kalender statt, das heißt alle zweihundert und zehn Tage. Der sogenannte Kuningan ist der letzte von zehn Festtagen, an denen den Göttern und verstorbenen Verwandten gehuldigt wird.
Bevor ich einschlafe, macht sich mal wieder der dreiste Hahn von nebenan bemerkbar. Ich hoffe inständig, dass er der morgigen Zeremonie zum Opfer fällt.
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22.5.
Kopfball
In den frühen Morgenstunden brettern Made und ich auf seinem Motorbike hinaus aufs Land, wo er geboren wurde. Es ist Brauch, dass man Kuningan in seinem Heimatdorf und im Kreise der Familie feiert. Lustig, exakt an Mades Haus bin ich gestern bei meiner Wanderung vorbeigegangen. Bevor wir uns auf den Weg machen zum Tempel, frage ich noch einmal eindringlich nach, ob ich tatsächlich mit darf auf diese heilige Feier. Ich möchte auf keinen Fall stören, es wäre mir unangenehm, wenn die Einheimischen sich aufgrund meiner Anwesenheit unwohl fühlen würden. Made versichert mir, dass das kein Problem sei. Bedingung für meinen Eintritt in den Tempel ist allerdings das Tragen der typisch religiösen Kleidung. Also bindet mir Made kunstvoll drei Tücher zu einem grün-goldenen Sarong um die Hüfte. Außerdem faltet er mir aus einem blauen Tuch eine Kopfbedeckung. Er ist begeistert, ich allerdings fühle mich für meinen Geschmack ein wenig zu feminin. Doch es ist wohl das Mindeste, den Einheimischen kleidungstechnisch entgegenzukommen und ihnen so Respekt zu zollen.
Made erklärt mir, dass wir ziemlich spät dran sind, als wir die Anlage betreten. Ich bin ein wenig nervös, weil ich nicht weiß, was mich erwartet und wie die Leute auf mich reagieren. Aber die Neugier siegt, und so trete ich durch das steinerne Eingangstor. Zu meiner Überraschung ist der Tempel kein abgeschlossenes Gebäude, sondern vielmehr eine Grünanlage mit lauter kleinen Tempelhäuschen, die zu den Seiten offenstehen. Auf der Wiese sitzen auf mehrere Reihen verteilt geschätzte einhundert Einheimische, herausgeputzt in feiner Kleidung und in Richtung des größten Gebäudes gerichtet. Einige beten in sich gekehrt und mit geschlossenen Augen, die anderen unterhalten sich zwanglos und fröhlich miteinander. Die Szene wirkt wie ein religiöses Picknick im Freien. Es sind wirklich alle Altersgruppen des Dorfes vertreten, vom kleinen Baby auf dem Arm der Mama bis hin zum gebrechlichen Opa. Aber egal, wohin ich meine Augen richte, weit und breit ist kein Tourist zu sehen. Ich bin der einzige Ausländer hier. Doch von kritischem Beäugen keine Spur. Natürlich werde ich von einigen Dorfbewohnern gemustert, schließlich falle ich allein schon optisch auf. Doch die Leute sind unheimlich freundlich und einladend.
Als «Tempeldiener» im fragwürdigen Outfit. Mode ist bekanntlich Geschmackssache.
Ich setze mich neben Made auf den Rasen. Er betet für eine kurze Weile, währenddessen lasse ich meinen Blick ein wenig schweifen. Nach und nach gehen die Leute Richtung Haupttempel und legen typische Opfergaben nieder. Hauptsächlich Blumen und Früchte. Nach etwa zwanzig Minuten verlassen auch wir die Anlage, wir waren wohl wirklich sehr spät dran und haben nur noch das Ende mitbekommen. Das Fest lief weniger ernsthaft ab als gedacht, und ich bin Made sehr dankbar für seine Einladung. Denn als Standardtourist bekommt man solch einen tiefgehenden Einblick in das wahre Leben der Balinesen sicher nicht.
Made muss später noch weiter auf die nächste Feier. Wie er mir erklärt, bleibt es heute beileibe nicht bei der einen Zeremonie. Es gibt noch mehrere Tempel um das
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