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Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Melodia
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sich freuen würde, wenn die Mädels und ich sie mal besuchen.
    In ihren Augen blitzt Furcht auf.
    »Nein, das habe ich dir doch schon gesagt!«, brüllt sie beinahe.
    »Ich will dir doch nichts antun, Agatha. Ich habe dir nur einen Besuch vorgeschlagen.«
    »Bei mir zu Hause sieht es furchtbar aus, Alma. Und wie du weißt, geht es meiner Tante schlecht«, erklärt sie etwas versöhnlicher.
    Es ist merkwürdig, sie meinen Namen sagen zu hören. Aus ihrem Mund klingt er irgendwie schneidend:
Alma …
    Ich zucke die Achseln. »Wie du willst. War nur so ’ne Idee.«
    »Vergiss es.«
    »Du kannst nicht alleine damit fertig werden.«
    »Was meinst du?«
    »Ich meine, dass du so nicht weitermachen kannst.«
    »Und wie soll ich deiner Meinung nach weitermachen?«
    »Wenn du Probleme hast, solltest du mit uns darüber reden, sonst …«
    Agatha sieht mich stirnrunzelnd an.
    »Sonst hat unsere Freundschaft keinen Sinn.«
    »Willst du mich ausschließen?«
    »Nein, ich sage nur, dass es unsere Stärke ist, zusammenzuhalten. Uns gegenseitig zu helfen. Wenn wir alle unsere eigenen Wege gehen, brauchen wir auch nicht mehr so zu tun, als wären wir Freundinnen.«
    Agatha versteht, dass ich es ernst meine. Ich sehe, wie sie nachdenkt.
    »Ich war es nicht, die damit angefangen hat«, sagt sie.
    »Womit angefangen hat?«
    »Nicht alles zu erzählen.«
    »Worauf spielst du an?«
    »Ich bin nicht die Einzige, die Geheimnisse hat.«
    »Du denkst, dass ich …«
    »Ich denke, dass Naomi uns nichts von Tito und seiner Gang erzählt. Ich denke, dass du uns verschweigst, was du mit Morgan treibst …«
    »Ich treibe gar nichts mit Morgan!«, rufe ich.
    »Was regst du dich dann auf?«
    »Ich rege mich nicht auf.«
    Ein schiefes Lächeln erscheint auf ihrem Gesicht. Jedenfalls habe ich keine Probleme, danke der Nachfrage.« Damit geht sie auf die Tür des Klassenzimmers zu.
    Um mich herum beeilen sich auch die anderen hineinzuströmen, ehe es wieder läutet. Bunte Pullis und Fleecejacken, Turnschuhe und Stiefel. Trotzdem fühle ich mich wie in einem alten Schwarzweißfilm, von der Sorte, die niemand mehr anguckt, weil sie zu langsam sind.
    Unsere Stadt dagegen bewegt sich schnell. Unsere Welt rennt. Hat es so eilig, dass man sie fast nicht mehr sieht oder, wie Jenna sagt, alles unscharf sieht. Die Dinge verlieren ihre klaren Umrisse und verschwimmen ineinander. Werden zu einem einzigen großen Fleck, in dem alles in Verwirrung gerät. Auch Gut und Böse.
     
    Am selben Tag flirtet Naomi auf dem Schulhof ganz offensichtlich mit Tito. Sie schwirrt um ihn herum wie eine Biene um eine Blume. Oder wie eine Fliege um eine fleischfressende Pflanze. Ich beschließe, sie nicht zu beachten und einfach vorbeizugehen. Ich schlendere den Bürgersteig aus dunklem Zement entlang; noch nicht einmal an der Bordsteinkante wächst auch nur ein armseliger Grashalm. Der Bus steht schon da, wie ein verletztes Ungeheuer. Ich beeile mich, um ihn nicht zu verpassen, und werfe dabei einen Blick auf die Werbung an der Rückseite, gleich über dem Auspuffrohr.
    Ich sehe genauer hin, es ist eine Achterbahn.
    Ich erkenne sie sofort, und das Blut gefriert mir in den Adern.
    Es ist dieselbe wie auf dem Werbeplakat, an das man Alek genagelt hat. Der Werbemensch. Ich finde das geschmacklos – wie können sie nach dem, was passiert ist, die Kampagne fortsetzen?
    19 . FEBRUAR.
    Die Neueröffnung des alten Vergnügungsparks der Stadt, den jemand gekauft und modernisiert hat. Während ich auf das Bild starre, schießen mir die Worte aus meiner Geschichte durch den Kopf, wie Pfeilspitzen, die von einem Magnet angezogen werden.
    Es wird am 19 . Februar passieren, denke ich.
    Aber was?
    Was wird passieren?
    Mein Kopf beginnt, wie verrückt zu pochen.
    Ich muss stehen bleiben. Nach unten sehen. Der Bus schließt seine Türen und fährt los.
    Der 19 . Februar ist in zwei Tagen.

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    Kapitel 23
    D ie Nacht war der reinste Alptraum. Der Wecker auf meinem Nachttisch sagt mir, dass es schon sieben ist. Wenn ich jetzt nicht aufstehe, komme ich zu spät zur Schule. Ich probiere es damit, mir das Kissen mit beiden Händen fest auf den Kopf zu drücken. Sage mir immer wieder, dass es vorbeigehen muss. Konzentriere mich darauf. Diese Kopfschmerzen müssen aufhören.
    Ich drücke weiter, und als ich den Griff lockere, spüre ich nichts mehr.
    Ich kann es nicht glauben und bleibe ganz still liegen vor Angst, sie könnten wiederkommen. Doch es ist kein Irrtum, der Schmerz im Kopf ist

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