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Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Melodia
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weiß, was Liebe ist.
    Inzwischen habe ich den Eingang von Block B erreicht. Ich drücke eine Taste auf der langen Reihe von Namensschildern. Kurz darauf ertönt die Stimme von Naomis Mutter durch die Sprechanlage. Ich sage, wer ich bin, und der elektrische Türöffner summt.
    Im Hausflur quietschen die Sohlen meiner Turnschuhe auf dem glänzenden weißen Fußboden.
    Im siebten Stock wartet Naomi bereits auf mich, verschlafen und ziemlich überrascht.
    »Gehen wir in mein Zimmer«, sagt sie noch an der Tür.
    Sie lebt in der beständigen Furcht, dass ihre Eltern etwas herausfinden könnten. Aber früher oder später müssen sie etwas erfahren. Deshalb bin ich hier – um sie zur Vernunft zu bringen, damit sie diese Verbrecher anzeigt.
    Als wir in ihrem kleinen, aufgeräumten Zimmer sind, macht Naomi die Tür zu und wedelt mit der Hand vorm Mund herum, um mir zu bedeuten, leise zu sprechen.
    »Wie geht es dir?«, frage ich sie als Erstes.
    »Nicht sehr gut heute. Gestern Nachmittag habe ich das Ergebnis der toxikologischen Untersuchung bekommen. Ich bin tatsächlich unter Drogen gesetzt worden. Sie haben mir eine Substanz gespritzt, die sich Ketamin nennt.«
    »Nie gehört. Was ist das?«
    »Ich habe gleich den Arzt angerufen, und er hat mir erklärt, dass es sich um ein Betäubungsmittel handelt, das in hoher Dosierung starke Bewusstseinsstörungen hervorrufen kann.«
    »Ach du Schande.«
    »Deshalb war ich so verwirrt.«
    »Denkt der Arzt, dass du einen Schaden davongetragen hast?«
    »Er meint, dass eine ernsthafte Schädigung nur bei dauerhafter Einnahme vorkommt. Aber dass ich weitere Untersuchungen machen lassen muss.«
    »Das tut mir leid.«
    »Ich bin einer Bande von durchgeknallten Arschlöchern ins Netz gegangen, das ist alles.«
    »Ich habe hier etwas, das du sehen musst …«
    Sie starrt auf die Zeitungen in meiner Hand.
    »Was ist damit?«
    »Sieh selbst.«
    Ich lege die noch gefalteten Zeitungen auf ihren Schreibtisch, außer der einen, die ich auf der Lokalseite aufschlage.
    Naomi reißt die Augen auf, als sie das Foto von Tito und seiner Gruppe sieht. Dann liest sie ein paar Zeilen des dazugehörigen Artikels.
    »Sie haben sie verhaftet?«, fragt sie halb ungläubig, halb furchtsam.
    »Ja, Naomi. Sie werden für das büßen, was sie dir angetan haben.«
    »Warst du das?«
    Jetzt ist sie wütend.
    »Ich habe nur getan, was ich tun musste. Sie durften nicht ungestraft davonkommen.«
    »Aber ich habe dir doch gesagt, dass ich nicht will, dass diese Sache ans Licht kommt! Du hattest kein Recht …«
    »Was hätte ich denn deiner Meinung nach tun sollen? Die Hände in den Schoß legen und abwarten, bis du dich entscheidest, während diese Dreckschweine das Gleiche mit einer anderen machen?«
    Naomi senkt die Augen. Tränen laufen ihr über die Wangen. Ich habe sie noch nicht oft weinen sehen.
    »Ich pack das nicht.«
    »Ich weiß, dass du Angst hast. Das ist ganz normal, aber es wird vorbeigehen, und du wirst die Kraft finden, die Verbrechen anzuzeigen.«
    »Ich kann das nicht, Alma! Ich fühle mich tot, wie abgestorben, verstehst du?«
    »Du solltest froh sein, dass du es nicht bist. Hör auf, dich selbst zu bemitleiden. Du musst dich wehren, Naomi. Für dich und für all die anderen Opfer. Du hast Ungerechtigkeit nie ertragen können, und jetzt, wo du die Möglichkeit hast, dagegen anzugehen, kneifst du? Das sieht dir nicht ähnlich. Das klingt nicht nach Naomi.«
    »Von Naomi ist nicht mehr viel übrig.«
    »Auch gut. Eine neue Naomi anstelle der alten. Noch stärker und kämpferischer! Fahr die Krallen aus und schlag sie diesen Mistkerlen ins Fleisch. Sieh sie dir an« – ich halte ihr das Zeitungsfoto vor die Nase – »mit ihren Unschuldsmienen! Wie viele Mädchen müssen noch leiden, bevor du den Mut aufbringst?«
    Naomi betrachtet das Foto. Die Tränen hören auf.
    »Du hast recht, ich weiß. Aber sie haben mir etwas genommen, meine Würde und meine Selbstachtung. Ich habe das Gefühl, in eine dunkle Schlucht gestürzt zu sein, aus der ich nicht mehr herauskomme.«
    »Versprich mir wenigstens, darüber nachzudenken.
    »Okay, ich denk drüber nach. Versprochen. Aber dann musst auch du etwas für mich tun: Unternimm nichts mehr in dieser Sache. Bitte! Lass mich nach meinen Kräften vorankommen. Tito und die anderen sind ja jetzt im Knast.«
    »Ja, aber da werden sie nicht lange bleiben, wenn die Polizei nicht genügend Beweise gegen sie hat. Nur du kannst diese Beweise beibringen. Und das muss

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