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Nacht aus Rauch und Nebel

Nacht aus Rauch und Nebel

Titel: Nacht aus Rauch und Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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meinem Gesicht vorbeifiel und kurz darauf vor meinen Füßen im Schmutz landete. Sofort war das Ziehen in meiner Brust zurück. Ich presste die Kiefer aufeinander, um mir nichts anmerken zu lassen. »War es gestern genauso?«, stieß ich hervor.
    Marian nickte. »Wir sollten von hier verschwinden. Kommt schnell.« Ganz Krieger und Leibwächter übernahm er die Führung. »Hier entlang.«
    Zu dritt rannten wir los, stürzten durch die immer dichter fallenden Ascheflocken, die mich verbrannten, wo immer sie auf meine nackte Haut trafen. Schon bald waren mein Gesicht und meine Hände von Flecken überzogen. Im Laufen wickelte ich mich fester in meinen Mantel, um mich zu schützen. Amadé und Marian, denen die Asche nichts auszumachen schien, trieben mich an, während wir durch die matschigen Straßen des Krawoster Grunds jagten, wie so viele Menschen, die panisch aus ihren armseligen Behausungen strömten.
    In diesem Moment zerriss ein mehrstimmiges Wiehern den Schleier aus Asche, der uns umfing. Im Rennen legte ich noch einmal den Kopf in den Nacken und blinzelte zwischen den Flocken hindurch. Zuerst glaubte ich, einer Sinnestäuschung zu unterliegen, als ich die beiden Schattenpferde über unseren Köpfen sah. Doch es bestand kein Zweifel: Die Wesen kämpften miteinander. Statt Seite an Seite ihre Kontrollrunde zu fliegen, hatten die beiden Reiter ihre Zylinder von sich geworfen und musterten einander mit glühenden Blicken. Ihre Peitschen züngelten, ihre Reittiere hatten sich ineinander verbissen.
    Weil die Ascheflocken auf meinen Wangen zu sehr schmerzten, wandte ich für einige Sekunden das Gesicht ab. Ich stolperte ein paar Schritte hinter Marian und Amadé her, dann konnte ich nicht anders, legte mir die Hände auf Mund und Nase und sah wieder nach oben.
    Inzwischen hatten auch die beiden Reiter begonnen, nacheinander zu schnappen wie tollwütige Hunde. Sie bleckten die Zähne, knurrten. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sich im nächsten Moment ihre Backenbärte gesträubt hätten und Schaum zwischen ihren farblosen Lippen hervorgequollen wäre. Doch nun kam ein drittes Schattenpferd herangeprescht, auf dem ein junger Mann saß, der einen Dreispitz auf dem Kopf trug.
    »Aufhören!«, schrie der Eiserne Kanzler und warf sich zwischen seine Männer, die inzwischen kaum noch etwas Menschliches an sich hatten. »Sofort! Ich befehle es!«
    Die Schattenreiter zuckten beim Klang seiner Stimme zusammen, doch ansonsten machten sie keinerlei Anstalten, voneinander abzulassen. Dabei hieß es doch, dass die Armee der Reiter dem Kanzler blind gehorchte, sich sogar mit Freuden in einen Abgrund stürzen würde wie eine Horde Lemminge, wenn er es verlangte.
    Mit einem Zischen zerschnitt die Peitsche des einen Reiters die Luft und wickelte sich um den Hals des anderen.
    »Schluss!«, schrie der Kanzler und zertrennte die Peitschenschnur mit einem Streich seines Säbels. »Jetzt reicht es mir aber!«
    »Und mir erst«, brüllte Marian mir ins Ohr. »Beweg dich endlich, wir müssen hier weg!«
    Ich riss meinen Blick von den Wesen über meinem Kopf los. Vor mir erkannte ich Marian, der mich anscheinend schon seit geraumer Zeit an den Schultern hielt und schüttelte. Und hinter ihm war das Nichts. Unheilvoll ragte es am Horizont empor. Unheilvoll und tödlich. Machte es sich etwa bereit, den nächsten Teil der Stadt zu verschlingen?
    Endlich setzte ich wieder einen Fuß vor den anderen. Der Ascheregen war jetzt so dicht, dass er mir die Sicht nahm. Er verschluckte die Schattenpferde und ihre Reiter genauso wie den Rest von Eisenheim. Währenddessen steigerte sich das Ziehen in meiner Brust zu einem Stechen; ich hatte das Gefühl, mein Herz verkrampfe sich bei jedem Atemzug mehr. Doch Marian zog mich unerbittlich mit sich.
    Wir rannten inzwischen den Hang zum Fluss hinab. Der Schmerz ließ die Straße vor meinen Augen verschwimmen. In der Luft lag ein Wispern. Da übersah ich einen Stein und stolperte. Auf Knien und Händen landete ich im gräulichen Schlamm und riss Marian mit mir zu Boden.
    »Verdammt!«, fluchte er, rappelte sich auf und beugte sich über mich. »Was ist denn nur mit dir?«, schnaubte er. Für einen Augenblick ließ ihn die Sorge anscheinend seine Distanziertheit vergessen. Behutsam strichen seine Fingerspitzen über die brennende Stelle auf meiner linken Wange, wo mich eine der Ascheflocken gestreift hatte. »Du bist verletzt«, stellte er fest.
    Ich schüttelte den Kopf und betrachtete meine Hände unter dem

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