Nacht der Begierde (Geraldine Guthrie) (German Edition)
ohne Mühe töten. Die anderen habe ich mir heraussuchen müssen. Doch auch das war kein großes Problem. Zum Schluss ist mir leider der Älteste in die Quere gekommen. Wir haben miteinander gekämpft, aber ich hatte nicht mehr genügend Kraft, um es mit ihm aufzunehmen."
Der Wassergeist verstummte für einige Augenblicke, dann fuhr er fort: "Ich hatte die Idee, dass ich ihn so stark verletzen könne, dass er den Kampf für aussichtslos hielte. Das ist mir leider nicht gelungen."
"Du hast mehr erreicht, als wir hoffen konnten.", sagte Mutter der Bären.
"Kannst du noch den zweiten Raum einstürzen lassen und eventuell noch mehr vernichten?", wollte Iaron wissen.
Urbano nickte. "Nur auf einer direkten Konfrontation kann ich mich nicht mehr einlassen. Wie viele sind noch übrig? Ich habe ihre Zahl auf fünfzig geschätzt."
Seine Augen wanderten zu Geraldine, die neben ihm saß, und er lächelte.
Geraldine nickte. "So ähnlich spüre ich das auch. Eine genaue Zahl kann ich dir allerdings nicht sagen."
Er hob seinen Arm. Dieser zerfloss, genauso, wie vorher sein ganzer Körper, bildete kurz einen winzigen Wasserfall und formte sich dann wieder. Seine Hand berührte ihr Gesicht, ganz vorsichtig und sanft. Und dann hörte Geraldine ihn zu ihrer Überraschung sagen: "Das verstehe ich jetzt."
Geraldine lag schon die Frage auf der Zunge, was er denn verstehe, als er erneut in sich zusammenfiel und verschwand.
Einige Minuten später ertönte erneut ein Poltern. Und diesmal zählte die Tierärztin die aufflammende Qual mit. Vierzehn! Jetzt hatten sie es nur noch mit vierzig Gegnern zu tun. Und wie hatte Uracha gesagt: wenn ein ausgewogenes Verhältnis herrsche, sei ihre Chance, die Nacht zu überleben, wesentlich größer.
* * *
Die Warterei wurde für Geraldine zur Tortur. An der vierten Sperre hatten die Bären ausgeharrt. Als die Vampire die dritte Sperre durchdrangen und auf die nächste trafen, hatten die Bären zugegriffen und zwölf von ihnen getötet.
Danach waren sie weitergezogen, hinter das fünfte Siegel und hatten dort dieselbe Prozedur wiederholt.
Diesmal konnten sie nur vier töten. Trotzdem wurde ihre Chance, den Vampiren zu entkommen, immer besser.
Insgesamt waren es elf magische Barrieren. "Wenn wir an jeder Sperre nur einen erwischen, können wir in der Jagdhütte in die Offensive gehen.", sagte Iaron.
Belch runzelte die Stirn. "Ich möchte kein Miesmacher sein. Doch mir geht das alles zu einfach. Bisher hatten wir noch nie so wenig Probleme in einem Kampf. Und selbst ein Vampir ist nicht so blöde, wie dieser hier. Vor allem nicht, wenn es sich um einen Ältesten handelt."
Doch niemand teilte seine Sorgen. Niemand, außer Geraldine. Sie spürte, wie falsch die ganze Situation war. Doch sie konnte nicht erkennen, was genau sie so beunruhigte. Eine Zeit lang schob sie es auf die Abwesenheit von Urbano. Nach seinem zweiten Kampf war er nicht wieder aufgetaucht. Darüber war sie nicht sonderlich beunruhigt. Er konnte sich vermutlich nicht materialisieren. Doch sie selbst hatte das Bedürfnis, sich an jemanden anzulehnen.
Sie zogen weiter, Kammer um Kammer, langsamer als vorher und als sie vor dem elften Siegel standen, sagte Weizman, es sei drei Uhr morgens.
Uracha seufzte erleichtert auf und selbst Mutter der Bären ließ ein zufriedenes Knurren hören.
"Noch zwei Stunden bis zur Dämmerung, also eine Stunde, in der wir noch kämpfen müssen. Dann ist es doch so gelaufen, wie wir es geplant hatten.", sagte Uracha. "Wie viele Vampire sind noch übrig?", wendete sie sich an Geraldine.
Die junge Frau konzentrierte sich. Obwohl sie lange geschlafen hatte und eine eiserne Konstitution besaß, hatte sie der Stress der vergangenen sieben Stunden ausgelaugt. Es fiel ihr schwer, für irgendetwas aufmerksam zu sein. Sie spürte den Vampiren nach. "Es sind nur noch sechs. Und der Älteste entfernt sich. Er ist gar nicht mehr da."
"Dann hat er also aufgegeben?", wollte Iaron wissen.
Geraldine zuckte mit den Achseln. "Ich habe nur gesagt, dass er sich von uns fortbewegt. Was er damit will, kann ich nicht sagen."
"Behältst du ihn weiter im Auge? Es wäre zu schön, wenn das das Ende der Nacht sein sollte."
Geraldine nickte. Sie durchschritten die letzte Barriere. Ein kurzer Tunnelabschnitt endete an einer Leiter. Sie erklommen nacheinander die Sprossen. Als Geraldine den Raum betrat, erblickte sie ein gemütliches Zimmer von einiger Größe, mit einer Bar und zwei rustikalen Tischen, einem Kamin und
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