Nacht Der Begierde
verließ und uns allein ließ.
«David.» Ich leckte mir die trockenen Lippen, starrte ihn an und merkte überdeutlich, wie schnell sich meine Brust hob und senkte und wie schnell mein Herz raste. Er lächelte nicht. Er starrte mich nur mit verschlossener Miene an, und seine Körpersprache signalisierte mir, dass er mich nicht an sich heranlassen wollte. Unser Schweigenzog sich in die Länge, wurde immer unangenehmer, aber ich konnte mich nicht entziehen. Ich musste es einfach wissen.
«Wenn du darauf wartest, dass ich dich küsse und umarme wie Jack, solltest du vielleicht erst ein Bad nehmen. Du riechst nach Sex und dem Alpha.»
Mein Gesicht brannte, und am liebsten hätte ich ihm ins Gesicht geschlagen. Stattdessen schoss ich zurück: «Gestern scheint dich das nicht gestört zu haben.»
Er blieb ungerührt. «Gestern warst du eine läufige Wölfin. Was für eine Entschuldigung hast du heute?»
Gute Frage. Ich hatte keine. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich konnte keine schwache Stelle in seiner Verteidigung erkennen. Wenn ich keinen BH angehabt hätte, hätte ich vielleicht meinen Reißverschluss aufgezogen und ihm meine nackten Brüste gezeigt, um ihn vorübergehend abzulenken.
Aber wahrscheinlich hätte auch das nichts genützt. Möglicherweise hätte er noch nicht mal hingesehen. Ich stellte mir seine grausam kalte Stimme vor, wenn er gesagt hätte:
Danke, aber das hatten wir schon.
Wieder leckte ich mir über die Lippen. «Du machst es mir nicht leicht.»
«Ach, wirklich.» Er sah mich so lange an, bis ich zu Boden blickte. «Das muss ja schlimm sein.»
«Ja», nickte ich zustimmend, aber resigniert. «Das ist es wirklich.» Dann trat ich ihm zwischen die Beine. Er wehrte mich so leicht ab, wie ich es erwartet hatte, da es aber nicht mein Ziel gewesen war, ihn wirklich zu treffen, war es mir egal. Ich fiel ihm in die Arme, und als sich unsere Körper berührten, hatte ich das Gefühl, nach Hause zu kommen. Ich erstarrte, wie vom Blitz getroffen, und sah ihn mit großen Augen an.
Auch David hielt inne. Dann knurrte er wütend, griff nach meinen Armen, drehte mich um, presste mich mitdem Rücken an seine Brust und hielt dabei meine Arme fest über meiner Brust gekreuzt. «Du hast ihn gefickt. Noch vor einer halben Stunde hast du für ihn die Beine breitgemacht. Du hast ihn gefickt, und jetzt kommst du zu mir? Hast du geglaubt, ich würde dich noch immer begehren? Hast du gedacht, du kannst mich dazu bringen, ihn deinetwegen herauszufordern?»
«Nein», flüsterte ich, aber David hörte mich.
David konnte unmöglich mein Gefährte sein. Er wollte mich nicht. Er fühlte nicht, was ich fühlte. Aber ich fühlte es nun einmal, und selbst wenn Zach mich nehmen würde, schwanger von einem anderen Mann, wie könnte ich mich allein ihm versprechen?
Selbst jetzt, selbst als Davids Zorn und Abscheu wie Dolche in mein Herz stießen, wäre ich verloren, sobald er mich küssen würde. Ob in einem Jahr oder in zehn Jahren, wenn er mir nur den kleinen Finger reichen würde, ginge ich zu ihm. Ich wäre nicht in der Lage, mich zu beherrschen.
Das bedeutete wohl, dass ich meinen Stolz getrost auf die Liste der Dinge setzen konnte, die ich seit gestern verloren hatte. Demütigung brannte auf meiner Haut, in meinen Augen schwammen Tränen.
«Nein», flüsterte ich noch einmal mit bebenden Lippen. Die Bedeutung seiner Worte ließ mich am ganzen Körper zittern. «Ich habe nicht geglaubt, du würdest mich noch wollen.» Warum sollte er? «Lass mich los.»
Ich musste raus. Ich musste fliehen, wegrennen, mich verstecken. Aber vor allem durfte David mich nie wieder anfassen. Warum hielt er mich immer noch fest? Er setzte mich in Flammen, und in meinem Mund war nur noch Asche.
«Lass mich los!» Ich kämpfte, wand mich, bohrte meine Finger in die erstbesten Nervendruckpunkte und riss mich los, sobald David etwas locker ließ. Bevor erreagieren konnte, war ich schon losgerannt, und als ich den Wald erreichte, war ich für keinen Verfolger mehr einzuholen. Trotzdem watete ich durch einen Bach, um meine Spur zu verwischen, bis meine Hose völlig durchnässt war und meine Beine sich vor Kälte taub anfühlten, bis ich schließlich in den Schutz der Bäume zurückkehrte.
Lauf in den Wald; Wald, kannst du mich nicht verstecken?
Ich lachte mich selbst aus, und der hohe, schrille Ton ernüchterte mich. Ich blieben stehen, stemmte meine Hand gegen einen Baum, um mich zu besinnen, atmete schwer. David hasste mich also.
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