Nacht der Dämonen
enger.
Gevem schaute ihm zu. »Was habt Ihr vor. Wollt Ihr hinaus und gegen diesen Mob kämpfen?«
»Gegen ihn kämpfen?« Keldum blickte ihn finster an. »Nein, nein! Kämpf ruhig du gegen die ganze Stadt, Gevem, da du ja ohnedies so versessen darauf bist, Befehle zu erteilen – ohne dich zuvor mit mir besprochen zu haben. Meine Befehlsgewalt ist hier bedeutungslos. Du kannst sie getrost übernehmen und bist von nun an auf dich selbst gestellt. Mich bringt ein Priester, eine Geisel, aus der Stadt und erhält dafür die Freiheit. Ich verfolge die Rote Sonja.«
Einen Moment starrte Gevem ihn nur groß an, dann lachte er bitter. »Natürlich! Ihr habt uns alle ins Verderben geführt habt zugesehen, wie dieser Zauberer unsere Männer niedermetzelte, und zugelassen, dass die Bürger dieser Stadt sich gegen uns erhoben – und wir sind der Roten Sonja nicht näher als zuvor! Wir könnten aus diesem Einsatz alle als reiche Leute hervorgehen, wenn Ihr nur vernünftig wärt. Aber nein! Wider alle Vernunft jagt Ihr erneut hinter diesem verdammten Weib her!«
»Hüte deine Zunge, Schwachkopf!«
»Schwachkopf? Ihr seid ein armer Irrer!« brüllte Gevem. »Ein hirnverbohrter Narr!«
»Ich sagte, hüte deine Zunge!«
Gevem lachte nur verächtlich. »Von Anfang an habe ich es kommen sehen, Keldum! Euer Ehrgeiz, Euer Stolz, Eure Verantwortungslosigkeit – alles. Soll doch die ganze Welt draufgehen, eh, Keldum? Nichts und niemand wird Euch abhalten, das zu bekommen, worauf Ihr scharf seid. Habe ich recht?«
Keldum sagte gefährlich leise: »Du suchst wohl den Tod, Gevem?«
»Und Ihr, Keldum? Ihr habt ihn heraufbeschworen. Und nun wendet Ihr ihm den Rücken zu und reitet fort, mit der Ausrede …«
Drohend, mit geballten Fäusten, ging Keldum auf ihn los. Gevem kippte einen Tisch in Keldums Weg, sprang zurück und zog sein Schwert.
»Komm nur her, du Narr!« schrillte Gevem, jegliche Achtung vergessend. »Es wird mir ein Vergnügen sein, dich zu töten und deinen Schädel zum Fort zurückzubringen. Und ich werde Ehre dafür einheimsen, denn du warst es, der Vos ermordet hat! Und du hast es getan, um die rothaarige Hexe in deine Gewalt zu bringen!«
Keldum brüllte wie ein Löwe, sprang über den gekippten Tisch, zog gleichzeitig sein Schwert und schwang es wild. Klirrend schlugen die beiden Klingen zusammen, und Gevems Schwert flog in hohem Bogen aus der durch den Aufprall tauben Hand.
Mit gefährlichem Lächeln näherte Keldum sich ihm und drängte Gevem in eine Ecke.
Gevem zitterte, und Schweiß glänzte auf seiner Stirn.
»Ich war Euch immer treu ergeben«, keuchte er, zur Höflichkeitsanrede zurückkehrend. »Ihr werdet mich doch nicht töten?«
»Und mein Schwert mit dem Blut eines Hundes beschmutzen?« Keldum zog die Linke zurück und versetzte Gevem einen gewaltigen Kinnhaken. Der Leutnant schlug bewusstlos auf dem Boden auf.
Keldum schob sein Schwert wieder in die Hülle und eilte, ohne einen Blick zurück, durch die behangene Türöffnung.
Gevem hustete, als seine Sinne wiederkehrten. Ehe er sich zu erheben vermochte, klopfte jemand heftig an eine geschlossene Holztür.
»Hauptmann Keldum! Hauptmann Keldum! Macht auf! Der Mob versucht in den Palast einzudringen! Hauptmann Keldum!«
Mit Mühe kam Gevem auf die Füße. Er schwankte zur Tür, plagte sich mit dem Riegel und schließlich gelang es ihm, sie zu öffnen.
»Was ist los?« erkundigte er sich benommen.
In ihrer Aufregung wunderten die Soldaten auf dem Gang sich nicht einmal, dass Gevem vor ihnen stand, nicht Keldum.
»Die ganze Stadt ist in Aufruhr!« rief einer. »Sie wollen den Palast stürmen. Auf dem Hauptplatz kämpft eine Bande gegen die andere. Einige der Leute möchten die Stadt verlassen, aber die Soldaten haben die Tore versperrt. Jeder im Mannesalter soll zum Kampf gezwungen werden!«
Gevem hörte ihnen zu – und vernahm nun auch das durch die Palastwände gedämpfte Brüllen des Mobs, drängende Gongschläge, das Läuten der Tempelglocken, das Klirren und Rasseln von Waffen, Hass- und Wutschreie. Steine und Waffen krachten gegen die Palastmauern, schwere Schritte hasteten zur Verteidigung durch die Korridore.
Gevem übernahm die Führung. Ohne auf sein schmerzendes Kinn zu achten, holte er sich sein Schwert zurück, bahnte sich einen Weg durch seine Männer hindurch und eilte den Gang entlang zur Treppe.
»Wo ist Hauptmann Keldum?« fragte einer der Männer.
»Fort!« brüllte Gevem über die Schulter. »Er hat die Stadt
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