Nacht der Dämonen
verlassen, um wieder hinter der Hyrkanierin herzujagen!«
»Ihr lügt!« verdächtigte ihn einer.
Jetzt drehte Gevem sich um und stellte sich vor die Männer. »Meint ihr? Dann schaut euch doch selbst nach ihm um, wenn ihr mir nicht glaubt. Keldum hat uns in diese verdammte Lage gebracht und uns nun im Stich gelassen.
Es ist ihm egal, ob wir alle zur Hölle gehen, solange er nur die Rote Sonja einfangen kann!«
Die Zamorier starrten ihn erschrocken, aber stumm an.
»Jetzt kommt schon!« schrie Gevem. »Habt ihr alle Türen verbarrikadiert? Habt ihr die Verwundeten in die oberen Stockwerke gebracht? Beeilt euch! Verteilt Waffen aus der Palastwaffenkammer an alle, die auf zwei Füßen stehen können. Schnell, ihr Hunde – es geht um unser Leben!«
Das rüttelte sie auf. Wie befohlen rannten die Soldaten die Treppe hinunter, vorbei an Gevem, der ihnen fluchend folgte.
Am Fuß der Treppe stand einer der Tempelpriester. Trotz der zunehmenden Verwirrung und Beunruhigung im Palast, machte dieser junge Mann keine Anstalten, sich zu schützen oder irgend jemandem zu Hilfe zu eilen. Gevem blickte ihn an, als er ihn erreichte.
»Weiteres Blutvergießen«, murmelte der Priester. »Aber es ist von keiner Bedeutung mehr. Die Zeit des Erdvolks ist gekommen, genau wie Muthsa es prophezeite.«
Gevem wandte sich ihm zu. »Was hast du gesagt, du krächzender Unglücksrabe? Wieso bist du nicht bei den anderen Geiseln?«
Der Priester blickte ihn mit zwar leicht blutunterlaufenen, aber sonst klaren Augen fest und offen an. »Ich sagte, es ist von keiner Bedeutung mehr, Zamorier. Die Dinge sind uns Menschen über den Kopf gewachsen. Unsere Zeit ist gekommen, das Ende ist nah. Nun werden wir alle die uns vorbestimmten Rollen spielen. Nichts davon wurde durch Keldum oder Hefei oder sonst jemandem von uns verursacht – es ist von den Göttern gewollt. Lehnt euch auf dagegen, kämpft, wenn ihr wollt, aber es wird das Ende nur noch chaotischer machen. Doch es ist von keiner Bedeutung mehr.«
Ungeduldig brummte Gevem etwas, eilte weiter und ließ diesen Priester stehen, den er für einen Wahnsinnigen hielt.
Sonja bemerkte Tiamus Abwesenheit, als sie aufwachte. Sie glaubte ihren Augen nicht trauen zu können, als der Stand der Sonne ihr verriet, dass es bereits Nachmittag war, Sie stand auf und stellte fest, wie steif sie von dem viel zu langen Schlaf war.
»Saureb!« rief sie. »Warum habe ich so lange geschlafen? Habt Ihr mir einen Zauber auferlegt? Wo seid Ihr, verdammter Zauberer – und wo ist Tiamu?«
Saureb trat von außen in die Höhle. Er hielt seinen knorrigen Stock in der Hand, und seine Miene war grimmig.
»Das Mädchen ist hinunter nach Elkad«, sagte er, »genau wie ihr Schicksal es bestimmte.«
Sonja verschlug es die Rede.
»Das Schicksal bestimmt alles«, fuhr Saureb fort. »Es war kein Zufall, dass dieses Mädchen nach dem Stern Tiamu genannt wurde – und dass dieser Stern jetzt in eine Konjunktion tritt, wie es sie seit vielen Generationen nicht mehr gegeben hat. Heute Abend, bei Sonnenuntergang, wird der Mond aufgehen und diesen Stern verfinstern.«
»Saureb – Ihr habt zugelassen, dass sie in die Stadt geht!«
»Ja, Sonja. Und nun ist die Zeit Eurer Entscheidung gekommen! Werdet Ihr ihr nachreiten oder nehmt Ihr das einsame Wanderleben wieder auf, das Ihr führtet, ehe Ihr in diesen Mahlstrom des Schicksals gezogen wurdet?«
Als Antwort rannte sie zu ihrem Pferd.
Saureb hörte ihren erschrockenen Aufschrei. »Mein Pferd ist weg! Tiamu hat mein Pferd genommen!«
Sonja kehrte in die Höhle zurück und knirschte mit den Zähnen. »Habt Ihr gewusst, dass sie das getan hat, Saureb?«
»Ja.«
»Sie will den Zamorier töten, der sie vergewaltigt hat, diese Närrin! Gestern hat sich mich gebeten, ihr das Fechten beizubringen. Aber sie kann nicht reiten – sie hat noch nie zuvor auf einem Pferd gesessen! Verdammt, Saureb, warum habt Ihr das zugelassen?«
»Sie kann reiten, weil sie es will. Ihr Wille ist stark genug!«
Mit wutrotem Gesicht fauchte Sonja: »Das ist alles, was Ihr zu sagen habt?«
Saurebs Augen wirkten betrübt. Er schüttelte den Kopf – und lauschte.
Donner grollte – hallte wider …
»Bald wird der Mond aufgehen.« Er blickte aus der Höhle gen Osten. »Heute Nacht werden Feuer auf den Straßen von Elkad flammen – und die Menschen dort werden von ihrem Elend erlöst werden, glaube ich …«
Sonja ging zum Tisch, hungrig nach dem langen Schlaf. Sie griff nach einem Apfel,
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