Nacht der Dämonin / Magischer Thriller
zu der glatten, kultivierten Fassade, die er so sorgfältig pflegte, dem Image eines Mannes, der sich niemals auf etwas so Unzivilisiertes wie eine Prügelei einlassen würde. An diesem Abend hatte er gezeigt, dass er mit den Fäusten ebenso schnell sein konnte wie mit Worten, und er würde sich dafür nicht entschuldigen, auch wenn dies nicht das Bild war, das er anderen präsentieren wollte. Ich hatte den Verdacht, dass viele seiner Affären sich im Schutz abgedunkelter Zimmer abgespielt hatten.
Als ich ihn jetzt also nackt beobachtete, war mir klar, dass dies ein seltener Anblick war. Mein Geschmack war immer eher in die Richtung hagerer Bohèmientypen gegangen, aber angesichts von Karl musste ich mir eingestehen, dass ich auch einem … maskulineren Körperbau gegenüber nicht immun war. Keine schwellenden Muskeln, aber makellos durchtrainiert. Sogar die Narben schienen dazuzupassen – ein Körper, der zum Funktionieren bestimmt war und nicht zum Vorführen.
Er ging vor dem Kühlschrank in die Hocke und fischte die Flaschen heraus. Als er sich umdrehte, widerstand ich dem Impuls fortzusehen und musterte ihn stattdessen.
»Du siehst … unglaublich aus.«
Seine Brauen hoben sich in aufrichtiger Überraschung. Dann hielt er die Flaschen hoch. »Eigentlich solltest du das sagen,
nachdem
ich dich betrunken gemacht habe.«
»Gehört sich das so?«
Er griff nach zwei Gläsern und schenkte mir einen Gin Tonic ein. »Ja, denn dann kannst du es auf den Alkohol schieben. Andernfalls riskierst du, ein Ego noch weiter aufzublasen, von dem du weißt, dass es dazu keine Unterstützung braucht.« Er kam zu mir zurück und stellte Flaschen und Gläser auf dem Nachttisch ab. »Und darf ich im Gegenzug sagen, dass du einfach vollkommen aussiehst.«
Ich sah ihm in die Augen und wusste, es hatte keinen Zweck, mir weiterhin etwas vorzulügen. Ich war in ihn verliebt. Mehr als das, ich liebte ihn. Es hatte nichts mit dem zu tun, was Griffin gesagt hatte – ein chaotischer Mann für ein chaosliebendes Mädchen. Karl wusste, wann ich es brauchte, mit einem scharfen Wort und einem Tritt in den Hintern wieder auf den Boden zurückgebracht zu werden, aber er wusste auch, wann ich jemanden brauchte, der sich um mich kümmerte und mich verwöhnte und mir sagte, dass ich perfekt war.
Ich wollte das Gleiche für ihn sein und tun. Den ersten Teil – sein Ego in einem erträglichen Rahmen zu halten – beherrschte ich inzwischen. Ihm das Abendessen zuzubereiten, da zu sein, wann immer er anrief und solange er reden wollte, all das fiel mir leicht. Aber ein Kompliment zu machen oder auch nur zu sagen »Danke, Karl« – das war etwas anderes. Ich hatte mir so viel Mühe gegeben, die Sache unverbindlich zu halten, so viel Angst davor gehabt, verletzt zu werden, dass es mir selbst jetzt noch schwerfiel, den Panzer abzulegen und ihn wissen zu lassen, was ich für ihn empfand. Daran würde ich arbeiten müssen.
»Danke«, sagte ich. »Für die Erinnerungen.«
Seine Augenbrauen schossen nach oben. »Das hört sich verdächtig nach Schlussmache an.«
»Du weißt, was ich meine. Deine Erinnerungen. Die, die du …« Ich suchte nach dem passenden Wort. »… projiziert hast, nehme ich an. Ich hab gar nicht gewusst, dass ich das auffangen kann.«
»Ich auch nicht. Aber ich hatte das Gefühl, es war einen Versuch wert.«
Er verfiel in Schweigen, und sein Gesichtsausdruck wurde abwesend.
»Ich werde nicht nachbohren«, sagte ich.
»Hm?«
»Wenn du dir Sorgen machst, ich würde jetzt nach diesen frühen Erinnerungen fragen – werde ich nicht. Ich weiß, du hast einfach nach irgendwas gesucht, was mich ablenken würde.«
»Ah.«
Mehr Schweigen. Er ließ den Scotch in seinem Glas kreisen und sah stirnrunzelnd darauf hinunter.
»Ja, da fehlt Eis.«
Ein bellendes Auflachen. »Nein, das war’s nicht, was ich gerade gedacht habe. Trotzdem, guter Versuch. Und Eis wäre wirklich nett.«
»Siehst du? Ich habe deine Gedanken nicht gelesen. Ich habe künftige Gedanken vorhergesagt. Sogar noch besser.«
Ein winziges Lächeln. »Angesichts der Tatsache, dass deine Gedankenlesefähigkeiten ganz offensichtlich noch im Aufbau sind, werde ich dir wohl sagen müssen, was ich gedacht habe. Es war wirklich diese Vision. Ich sollte dir davon erzählen. Oder vielleicht weniger
sollte
als
möchte.
«
Er verstummte wieder.
»Du hättest dich gern dem Rudel angeschlossen«, sagte ich. »Als du jung warst.«
Ein langsames Nicken. »Ironisch, dass
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