Nacht der Dämonin / Magischer Thriller
Licht. Wir sollten ihr das mit der Alarmanlage lieber sagen.«
»Und gleich dableiben dürfen zum Schachtelzählen? Viel Spaß! Ich gehe hintenrum, mal sehen, ob Guy da ist. Vielleicht weiß er irgendwas Neues über Jaz und Sonny.«
Wir warteten, bis Max und Tony in ihre jeweilige Richtung verschwunden waren, und beeilten uns abzuhauen.
[home]
Lucas
5
P ortland ist eine Stadt mit vielen Vorzügen. An oberster Stelle steht dabei die geografische Lage – der Ort ist fast so weit von meinem Vater und seiner Kabale entfernt, wie man von ihnen entfernt sein kann, ohne den Kontinent zu verlassen. Aber wie das Sprichwort schon sagt: Entschieden in Eile bereut man in Weile. Den Vorschlag, dass Paige und ich uns in Portland niederlassen sollten, hatte ich während einer ganz besonders finsteren Phase im Verhältnis zwischen meinem Vater und mir gemacht, und in mancher Hinsicht habe ich es seither tatsächlich bereut. Die Entfernung mag etwas Beruhigendes haben, aber wenn es in Miami Schwierigkeiten gibt, dann brauche ich eine Weile, um hinzukommen.
Paige hatte die Voraussicht besessen, gleich nach Karls Anruf die Reisetaschen zu packen und den Flugplan auszudrucken, aber trotzdem war der Nachmittag schon fortgeschritten, als unsere Maschine die Grenze Floridas überquerte.
Eine Reise nach Miami ist etwas, das ich niemals unbefangen angehe. Miami ist der Sitz der Cortez-Kabale, und solange ich dort bin, kann ich keinen Augenblick lang vergessen, wer ich bin.
Es ist nicht, dass ich die Kabalen als Verkörperungen des Bösen betrachtete. Ich wünschte, ich könnte es. Unsere Kindheit programmiert uns auf eine Märchenwelt, in der es Gut und Böse gibt, hässliche Hexen und schöne Prinzessinnen, abscheuliche Trolle und tapfere Ritter. Man ist gut, oder man ist böse, und es gibt keine Grauzone dazwischen, keine mildernden Umstände.
Wir mögen mildernde Umstände nicht, sie schaffen Unordnung und Konfusion. Wir hätten gern, dass sich das Böse hinter einer schwarzen Maske versteckt, kalt und gesichtslos. Denn wenn der Gegner
nicht
böse ist, wie soll man ihn dann hassen?
Wenn der eigene Vater nicht böse ist, wie soll man ihn dann hassen?
Ich bin in eine Welt hineingeboren worden, in der die Kabalen ganz selbstverständlich auf der Seite des Guten standen. Meine Familie hatte seinerzeit die erste Kabale begründet, in Spanien nach dem Ende der Inquisition. Wir hatten gesehen, dass unsere Leute – Paranormale – von einer Gesellschaft verfolgt wurden, die nicht verstand, dass wir
nicht
böse waren, und hatten ihnen einen Platz gegeben, an dem sie sicher waren, ihre Kinder in Sicherheit aufziehen und ihre Kräfte ungefährdet einsetzen und von ihnen profitieren konnten. Damit hatten wir ihnen nicht nur Arbeitsplätze verschafft, sondern auch einen Lebensstil.
Mit dem Glauben an diesen Familienmythos bin ich aufgewachsen. Wenn mein Vater mich durch seine Büros führte, sah ich dort zufriedene Leute, die lächelten und sich verbeugten, als sei er ein fürsorglicher König. Und ich war der Prinz – verwöhnt und verhätschelt. Außerhalb dieser Mauern allerdings war ich der Sohn einer unverheirateten Lehrerin und lebte in einem bescheidenen Haus weiter oben an der Küste von Florida, wo der Name Cortez einfach bedeutete, dass ich »noch so ein verdammter Mexikaner« war. Ist es wirklich ein Wunder, dass ich mich so lange an das Traumbild klammerte, wie ich es tat? Bis in meine Highschoolzeit, genau genommen bis zu dem Sommer, in dem ich einen Ferienjob in der Firma meines Vaters annahm und sein Arbeitszimmer in einem Moment betrat, als er gerade Exekutionsbefehle diktierte, so beiläufig, als bestellte er Toner für die Kopiergeräte.
Ich hätte die Ohren verschließen und mir selbst einreden können, dass ich mich verhört hatte. Aber mein Vater hat mich dazu erzogen, nicht zu ruhen, bevor eine Frage beantwortet ist. Also ging ich der Sache nach und fand heraus, dass mein Palast auf den Knochen von Toten errichtet war. Und all diese zufriedenen, lächelnden Gesichter, die ich seit meiner Kindheit gesehen hatte? Ich hätte meinem Arbeitgeber gegenüber auch den zufriedenen, lächelnden Angestellten gespielt, wenn er in dem Fall, dass ich ihn gereizt haben sollte, ein paar Feuerdämonen losschickte und meine Familie bei lebendigem Leib verbrennen ließe.
Die Wahrheit schien mir offenkundig zu sein. Die Kabalen waren böse. Die Kabalen mussten bekämpft werden.
Ich gelobte mir, ich würde alles tun, was nötig
Weitere Kostenlose Bücher