Nacht der Füchse
verschlüsselt eine Staffel Nachtjäger an. Los, ma chen
Sie schon! Wir dürfen keine Zeit verlieren.« Er wischte sich mit dem Handrücken über die schweißnasse Stirn und mar schierte auf die Einsatzzentrale zu.
Die JU 52 war für Einsätze gebaut und bot keinerlei Komfort. Der größte Teil des Laderaums war mit Postsäcken gefüllt. Kelso saß mit ausgestreckten Beinen auf dem Boden und lehn te an der Fracht. Sarah hockte auf einer Bank, die sich seitlich an der Wandung entlangzog, Baum und Martineau saßen ihr gegenüber.
Der zweite Mann der Besatzung, ein Feldwebel, kam aus dem Cockpit und setzte sich dazu. »Ich heiße Braun, Herr Ge neralfeldmarschall, und fliege als Beobachter mit. Kann ich irgendetwas für Sie tun? Wir haben eine Thermosflasche Kaf fee an Bord, und…«
»Nichts, vielen Dank.« Baum zog sein Zigarettenetui und
hielt es Martineau hin.
»Und Oberleutnant Sorsa wäre es eine Ehre, wenn Sie auch einmal zu ihm nach vorn kämen.«
»Sie haben keine volle Besatzung an Bord? Sie sind nur zu zweit?«, fragte Martineau.
»Für die Postbeförderung ist mehr nicht erforderlich, Stan dartenführer.«
»Sagen Sie Oberleutnant Sorsa, ich werde sein Angebot gern annehmen«, sagte Baum. »Ich rauche nur eben die Zigarette zu Ende.«
»Selbstverständlich, Herr Generalfeldmarschall.«
Braun öffnete die Tür und verschwand im Cockpit. Baum wandte sich an Martineau und fragte lächelnd: »Fünf Minu ten?«
»Das dürfte etwa hinhauen.« Martineau wechselte die Seite, setzte sich neben Sarah und gab ihr seine angezündete Zigaret te. »Alles in Ordnung mit dir?«
»Ja, ja.«
»Wirklich?«
»Du willst wissen, ob ich am Boden zerstört bin, weil ich vorhin einen Menschen umgebracht habe?«, fragte sie mit ru higer Stimme. »Ganz und gar nicht. Ich bedaure nur, dass es Müller war und nicht Greiser. Der war das eigentliche Untier. Müller war nur Polizeibeamter auf der falschen Seite.«
»Aus deiner Sicht.«
»Nein, Harry«, sagte sie. »Die meisten Kriege sind Wahn sinn. Dieser nicht. Wir sind im Recht, die Nazis im Unrecht. Sie verderben Deutschland, sie würden die ganze Welt verder ben. So einfach ist das.«
»Gut für Sie«, sagte Kelso. »Eine Dame, die laut ihre Mei nung sagt. Das gefällt mir.«
»Ich weiß«, sagte Martineau. »Es ist herrlich, jung zu sein.« Er klopfte Baum aufs Knie. »Fertig?«
»Ich hoffe es.«
Martineau zog seine Walther und gab sie Sarah. »Auf die Gefechtsstationen. Du brauchst das Ding, um den Beobachter in Schach zu halten. Los geht’s.«
Er öffnete die Kabinentür und drängte sich mit Baum hinter Pilot und Beobachter ins Cockpit. Oberleutnant Sorsa drehte sich um. »Sind Sie mit allem zufrieden, Herr Generalfeldmar schall?«
»Ich glaube, das könnte man sagen«, antwortete Baum.
»Können wir irgendetwas für Sie tun?«
»Ja, gerne. Sie können die Maschine herumziehen und gut sechzig Kilometer weit nach Westen fliegen, bis wir völlig aus dem Verkehr rund um die Kanalinseln heraus sind.«
»Ich verstehe nicht…«
Baum zog seine Mauser und presste sie Sorsa in den Nacken. »Vielleicht hilft Ihnen das weiter.«
»Später geht’s dann nach Norden, nach England«, sagte Martineau. »Ich gebe Ihnen dann noch Bescheid.«
»England?«, fragte der junge Braun entsetzt.
»Ja«, bekräftigte Martineau. »Wie es so schön heißt, für Sie ist der Krieg vorbei. Ehrlich, so wie die Dinge stehen, ist das ganz gut für Sie.«
»Wahnsinn«, sagte Sorsa.
»Sie können ja davon ausgehen, dass der Generalfeldmar schall als Sonderbotschafter des Führers nach England fliegt«, sagte Martineau. »Jetzt ändern Sie bitte den Kurs.«
Sorsa kam der Aufforderung nach, und die JU 52 raste durch die Dunkelheit. Martineau hatte sich über Braun gelehnt. »Jetzt zum Funkgerät. Zeigen Sie mir das Vorgehen bei der Fre quenzwahl.« Braun gehorchte ebenfalls. »Gut. Jetzt gehen Sie. Nach hinten in die Kabine – aber machen Sie keine Dummhei ten. Die Dame ist bewaffnet.«
Der Jüngling zwängte sich an ihm vorbei, und Martineau setzte sich auf den Platz des Copiloten und begann auf der SOE-Notfrequenz zu senden.
Im Kontrollraum des Flughafen-Towers von Jersey traten Ho fer und Necker nervös von einem Fuß auf den anderen, wäh rend Adler mit Cherbourg telefonierte. Ein Feldwebel der Luftwaffe erschien und sprach kurz mit dem Kommandanten.
Adler wandte sich zu den beiden Offizieren um. »Wir haben die Maschine noch auf Radar,
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