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Nacht der Füchse

Titel: Nacht der Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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wenn es nicht anders geht, müssen wir das Problem so regeln.« Eisenhower blieb vor der riesigen Karte Westeuropas stehen. »Sechstausend Schiffe, tausende von Flugzeugen, zwei Millionen Soldaten, und der Krieg auf der Kippe. Wenn die Deutschen herausbekämen, wo wir landen wollen, würden sie dort alles zusammenziehen, was sie haben.« Er drehte sich um. »Unser Geheimdienst berichtete vor einigen Wochen von einer Rede Rommels, in der er genau dasselbe gesagt hat. Dass sich der Krieg am Strand der Invasion ent­ scheiden werde.«
    »Ich weiß, General.«
    »Und Sie fragen, ob Kelso entbehrlich wäre?« Eisenhower seufzte schwer. »Wenn Sie ihn retten können, tun Sie’s. Wenn nicht…« Er zuckte die Achseln. »Also, in Anbetracht dessen, was Sie mir über die Situation auf Jersey schon gesagt haben – wie würden Sie es anstellen, einen Agenten einzuschleusen? Ich könnte mir vorstellen, dass ein neues Gesicht dort beson­ ders auffällt.«
    »Das ist richtig, General. Wir werden darüber nachdenken müssen.«
    Jack Carter, der respektvoll schweigend am Fenster verharrt hatte, hüstelte. »Es gäbe eine Möglichkeit, Herr General.«
    »Ja, Captain?«, fragte Eisenhower.
    »Einen Baum versteckt man am besten im Wald. Ich würde sagen, am freiesten können Deutsche nach Jersey reisen und wieder zurück. Ich meine, es kommen doch bestimmt laufend neue Leute auf die Insel, um andere abzulösen.«
    Eisenhower fuhr zu Munro herum. »Das ist ein Argument. Haben Sie Leute, die für solche Einsätze geeignet sind?«
    Munro nickte. »Hier und dort, Sir. Solche Voraussetzungen findet man allerdings selten. Es geht ja nicht nur darum, dass der Betreffende fließend Deutsch spricht, er muss auch wie ein Deutscher denken können, und das ist nicht leicht.«
    »Ich gebe Ihnen eine Woche Zeit, Brigadier«, sagte Eisen­ hower. »Eine Woche, dann erwarte ich, dass die Sache gelau­ fen ist.«
    »Mein Wort darauf, Sir.«
    Mit energischen Schritten verließ Munro den Raum. Carter folgte ihm humpelnd. »Jack, funken Sie Cresson in Granville an. Er soll Gallagher auf Jersey mitteilen, dass er spätestens Donnerstag Unterstützung bekommt.«
    »Sind Sie sicher, Sir?«
    »Natürlich!«, sagte Munro aufgekratzt. »Ihr Vorschlag eben war großartig, Jack. Einen Baum versteckt man am besten im Wald. Das gefällt mir.«
    »Vielen Dank, Sir.«
    »Ständig bringen die Deutschen neue Leute auf die Insel und ziehen andere ab. Was macht da ein Neuankömmling unter vielen – besonders, wenn man ihn mit der richtigen Geschichte ausstattet?«
    »Dazu brauchen Sie aber einen ganz besonderen Mann, Sir.«
    »Klar, Jack«, sagte Munro, als sie vor dem Gebäude in den Wagen stiegen. »Für diese Aufgabe kommt nur einer in Frage. Das wissen Sie, das weiß ich. Nur ein Mann kann den perfek­ ten Nazi spielen und ist überdies kaltblütig genug, Kelso not­ falls eine Kugel zwischen die Augen zu jagen. Harry Marti­ neau.«
    »Ich muss Sie allerdings daran erinnern, dass wir Colonel Martineau nach der Sache in Lyon versprechen mussten, auf seine Dienste nicht mehr zurückzugreifen. Schon aus gesund­ heitlichen Gründen dürfte die Sache unmöglich sein.«
    »Unsinn, Jack, einer wahren Herausforderung konnte sich Harry noch nie entziehen. Treiben Sie ihn auf. Und noch etwas, Jack. Schauen Sie in den SOE-Akten nach, ob wir jemanden aus Jersey in den Unterlagen haben.«
    »Nur Männer, Sir?«
    »Grundgütiger Himmel, Jack, natürlich nicht! Seit wann in­ teressieren wir uns in unserem Geschäft nur für Männer?«
    Er klopfte an das Trennglas, und der Fahrer startete den Mo­ tor.

    6

    Das Häuschen in Dorset, unweit Lulworth Cove gelegen, war Harry Martineau von einem alten Freund aus Oxford überlas­ sen worden. Es stand in einer Senke im oberen Teil der Kü­ stenklippen, von wo der Weg zum Strand mit rostigem Stacheldraht versperrt war. Vor langer Zeit hatte hier ein Schild vor Minen gewarnt, die es aber nicht mehr gab. Das war das Erste, was der Wirt der Dorfkneipe ihm versicherte, als er das Haus bezog; und deshalb wanderte er nun am Morgen nach der Zusammenkunft zwischen Munro und Eisenhower den Strand entlang und warf Steine in die Brandung.
    Harry Martineau war vierundvierzig Jahre alt und mittelgroß und trug eine alte Fallschirmspringer-Jacke, die seine breiten Schultern gut zur Geltung brachte. Das Gesicht war sehr bleich – die Haut schien sich gegen jede Bräunung zu sträuben – und lief nach unten spitz zu, die Augen leuchteten so

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