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Nacht der Füchse

Titel: Nacht der Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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kurzfristige Standortwechsel gewöhnt. Auf der Rückfahrt zum Stützpunkt Cherbourg nach dem Einsatz vor Slapton Sands waren drei Boote zum vorübergehenden Geleit­ schutz nach Guernsey beordert worden. Eines dieser Boote, S 92, lag jetzt am Kai in Granville.
    Die Nacht brach herein, und die Vorbereitungen für den
    Konvoi liefen auf vollen Touren. Obermaat Hans Richter über­ prüfte die 4O-mm-Bofors-Zwillingsflak am Heck und schaute zu den Hafenarbeitern hinüber, die auf der längsseits liegenden Victor Hugo arbeiteten. Die Laderäume waren bereits voll, so dass nun Säcke mit Kohle und Heuballen auf den Decks ver­ staut wurden, bis kaum noch Platz war.
    Zur Luftabwehr war die Hugo mit Maschinengewehren und einem Bofors-Geschütz ausgerüstet, die allerdings nicht viel ausrichten konnten, wenn die verdammten Beaufighter der Tommies mit ihren strahlenden Suchscheinwerfern heranra­ sten, aber so war das nun mal, und auch die Luftwaffe schien nichts mehr dagegen tun zu können. Richter sah Savary, den Kapitän der Hugo, auf der Brücke stehen und mit dem italieni­ schen Leutnant Orsini sprechen, der für die Verteidigung des Schiffes zuständig war. Mit seiner weißen Mütze und dem Halstuch sah er wie immer sehr flott aus. Trotzdem war er ein guter Seemann. Er hatte anscheinend vor Taranato einen briti­ schen Zerstörer versenkt, ehe er als Kommandant zur 5. Schnellbootflottille abgestellt wurde. Neuerdings erhielt Rich­ ter nur noch untergeordnete italienische Soldaten, weil man den Italienern nicht mehr traute. Schließlich kämpften die mei­ sten inzwischen für die Alliierten.
    Richter schaute Guido Orsini nach, der nun die Leiter hinab­ stieg und über die Gangway den Kai betrat, um zum Häuschen des Hafenoffiziers zu gehen. Er wollte sich schon wieder der Kanone zuwenden, da rief eine Stimme: »Obermaat!«
    Richter schaute über die Reling. Wenige Meter entfernt stand ein SS-Offizier in schwarzem Ledermantel und mit matt schimmerndem Totenkopfabzeichen an der Mütze. Als Richter den Eichenlaubkragen eines Obersten erblickte, sank ihm das Herz in die Hose.
    Energisch schlug er die Hacken zusammen. »Standartenfüh­ rer. Was kann ich für Sie tun?«
    Die junge Frau neben dem Obersten sah mit ihrem schwar­ zen Hütchen und zugegürteten Regenmantel sehr hübsch aus. Sie hatte helles Haar wie seine Tochter in Hamburg. Zu jung für einen SS-Kerl wie den, fand Richter.
    »Wie man mir gesagt hat, führt Ihr Vorgesetzter Kapitän­ leutnant Dietrich den Konvoi?«, fragte Martineau. »Ist er an Bord?«
    »Im Augenblick nicht.«
    »Wo ist er?«
    »In der Hütte des Hafenoffiziers. Die grüne da hinten, Stan­
    dartenführer.«
    »Gut, ich spreche mit ihm.« Martineau deutete auf die bei­ den Koffer. »Sorgen Sie dafür, dass die an Bord kommen. Wir begleiten Sie bis Jersey.«
    Was nun wirklich mal eine Abwechslung war. Richter blick­ te den beiden nach und nickte einem jungen Seemann zu, der das Gespräch interessiert verfolgt hatte. »Sie haben gehört, was der Mann gesagt hat. Holen Sie die Koffer rauf.«
    »Der war vorn SD«, bemerkte der Seemann. »Haben Sie’s gesehen?«
    »Ja«, erwiderte Richter. »Zufällig ja. Nun machen Sie schon!«

    Erich Dietrich war dreißig Jahre alt und hatte in Hamburg als Architekt begonnen, ehe er seine eigentliche Berufung fand. Für ihn war es das höchste Glück, zur See zu fahren, vor allem als Kommandant eines Torpedobootes. Er hoffte, dass der Krieg nicht so schnell zu Ende ging. Dabei waren die Kämpfe an ihm ebenso wenig spurlos vorübergegangen wie an allen anderen. Im Augenblick war er allerdings bester Laune, wäh­ rend er sich mit Hafenoffizier Leutnant Schröder und Guido Orsini über den Kartentisch beugte.
    »Windstärke maximal drei bis vier mit Regenschauern. Könnte schlimmer sein.«
    »Der Geheimdienst rechnet heute wieder mit schweren An­ griffen auf das Ruhrgebiet«, sagte Schröder. »Die RAF sollte uns also ziemlich in Ruhe lassen.«
    »Wenn Sie das glauben, kann man Ihnen alles verkaufen«, bemerkte Orsini.
    »Sie sind ein Pessimist, Orsini«, sagte Erich Dietrich. »Man muss nur an etwas Schönes glauben, dann tritt es auch ein. Hat meine Mutter immer gesagt.«
    Hinter ihm ging die Tür auf. Schröders Gesicht zuckte, und Guido hörte auf zu lächeln. Dietrich drehte sich um und er­ blickte Martineau und Sarah.
    »Kapitänleutnant Dietrich? Ich heiße Vogel.« Martineau überreichte seinen SD-Ausweis und zog Himmlers Brief aus dem Umschlag.

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