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Nacht der gefangenen Träume

Nacht der gefangenen Träume

Titel: Nacht der gefangenen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Michaelis
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waren: zwei Polizisten.
    »Nehmen Sie ihn mit«, sagte Bruhns. »Sie haben den Schaden draußen aufgenommen? Es war ein wertvoller Stein. Ein antiker Sarg, daher hohl innen. Römische Zeiten. Nur die Inschrift war neu. Georg, lass ihn los. Vielen Dank. Du hast deine Sache gut gemacht.«
    Der starke Georg lächelte wie ein braver Hund und stand auf. Frederic erhob sich ebenfalls. Er machte keinen Versuch, wegzulaufen. Bruhns brachte sein Gesicht noch einmal ganz nahe an das von Frederic, ehe er ihn gehen ließ.
    »Ich möchte dich nie, nie wieder in St. Isaac sehen«, flüsterte er. »Such dir irgendeine andere Schule, die deine Faxen mitmacht. Dies ist die falsche. Und ich möchte dich auch nie, nie wieder dabei erwischen, dass du in meinen privaten Angelegenheiten herumschnüffelst. Haben wir uns verstanden?«
    Frederic nickte.
    Als er schweigend zwischen den beiden Polizisten durch das Tor des Schulhofs von St. Isaac ging, sah er, dass der Stein inzwischen leer war. Ein antiker Sarg! Er lachte kurz und bitter. Die Polizisten warfen ihm einen seltsamen Blick zu.
    »Und womit«, fragte Frederic, »glauben Sie, habe ich einen antiken Sarg gesprengt?«
    »Wirst du es uns erzählen?«, fragte der eine.
    »Ich wünschte«, sagte Frederic, als sie ihn in ihren Wagen stopften, »das könnte ich. Die Wahrheit würden Sie mir sowieso nicht glauben. Die Wahrheit ist ein verborgener Mechanismus im Stein.«
    »Die Wahrheit ist, dass es uns ganz egal ist«, sagte der andere Polizist. »Du kannst herumrennen und in die Luft jagen, was du möchtest. Wir haben zufällig heute Abend Dienst, das ist alles. Wir haben nichts gegen dich, aber wir helfen dir auch nicht. Kapiert?«
    Frederic rutschte im weichen Sitz des Wagens zurück und vergrub seine Hände tief in die Taschen. Moment. Dort war etwas. Er zog es heraus. Ein Rest des Tonbands. Es musste abgerissen sein, als Bruhns danach gegrapscht hatte. Ha!
    »Wenn wir mit dem Protokoll fertig sind«, fügte der Polizist hinzu, »kann dich deine Mutter auf dem Revier abholen.«
    »Das kann sie nicht«, sagte Frederic.
    »Warum nicht?«
    »Weil sie vor acht Jahren von einem Auto totgefahren wurde«, antwortete er. »Deshalb.«

8. Kapitel
    Vermisstenanzeige
    »Was für ein trauriges Kapitelende«, sagt Frederic. »Ich meine – musst du dauernd diese Mutter von mir erwähnen? Sie kommt doch gar nicht vor. Sie spielt gar keine Rolle für die Geschichte mit Bruhns und den Träumen und mir.«
    Ich wünschte, ich könnte eine Augenbraue hochziehen. Kann ich nicht. Also ziehe ich beide hoch. »Nein?«
    »Hier geht es um Leute, die es gibt! Erzähl von denen!«
    »Einverstanden«, sage ich gehorsam. »Im nächsten Kapitel steigt mal wieder jemand in dein Fenster ein, den es gibt. Und dann steigt jemand, den es auch gibt, aus dem Fenster aus. Und hinter einem anderen Fenster will jemand jemanden nicht einlassen.«
    »Jetzt hab ich den Faden verloren. Wo kommen all die Fenster her?«
    »Wart’s ab.«

    Es dauerte, bis die Polizisten Hendrik erreichten. Frederic schlief auf dem Tisch im Vorraum des Polizeireviers ein, den Kopf auf den Armen.
    Als sie ihn weckten, stand Hendrik in der Tür. Frederic vermied es, in sein Gesicht zu sehen. Er verschloss seine Ohren gegen das, was die Polizisten zu Hendrik sagten. Eine Hand auf seiner Schulter führte ihn hinaus. Es war Hendriks Hand. Sie wog eine Tonne – als müsste Hendrik sich auf ihn stützen, um nicht zu fallen. Als wäre er auf einmal ein alter Mann.
    Auf der Straße vor dem Revier blieb Hendrik stehen und zündete sich eine Zigarette an. Er hatte seit Jahren nicht mehr geraucht. Frederic stand neben ihm in der Nachtkälte, die Hände tief in den Taschen vergraben, frierend. Die Spitze von Hendriks Zigarette leuchtete ab und zu auf wie ein blinkendes Auge.
    »Das war’s also mit St. Isaac«, sagte er schließlich um die Zigarette herum.
    Frederic nickte. »Das war’s.«
    Aber das war es nicht gewesen. Die Träume saßen noch immer gefangen in der Fabrikhalle, und Bruhns sammelte noch immer Pakete, in denen etwas war, das sie töten würde. Frederic war vom Spielbrett geflogen, doch das Spiel ging weiter.
    »Warum?«, fragte Hendrik. »Bitte. Erkläre es mir.«
    »Ich habe es versucht«, sagte Frederic. »Du hast mir nicht zugehört.«
    Hendrik trat die Zigarette aus. »Du hast mir nichts erklärt. Du hast zusammenhangloses Zeug geredet. Ich habe eine Menge Geduld, Frederic. Aber sie ist nicht unendlich. Verdammt. Ich habe dir gesagt: Lass

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