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Nacht der gefangenen Träume

Nacht der gefangenen Träume

Titel: Nacht der gefangenen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Michaelis
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hörte ihn mit jemandem reden, dessen verzerrte Stimme er nicht erkannte. Dann kam Hendrik zurück. Er wirkte etwas verwundert.
    »Dein Direktor«, sagte er. »Er will sich mit uns unterhalten.«
    »Du – du hast ihn reingelassen?«
    »Ich hab auf den Summer gedrückt, ja. Ich …«
    Frederic sprang so heftig auf, dass seine Teetasse umkippte und sich der Tee in einem Schwall auf den Tisch ergoss.
    »Sag ihm nicht, dass ich hier bin!«, bat er eindringlich. »Sag es ihm auf keinen Fall!«
    »Aber – warum …?«, begann Hendrik. Doch da war Frederic schon in seinem Zimmer verschwunden und hatte die Tür fest hinter sich zugeschlagen. Er stand keuchend mitten im Raum und überlegte rasend schnell. Dann schloss er die Tür von innen ab. Danach lehnte er sich dagegen und lauschte. Bruhns’ Stimme drang in die Küche ein wie ein dunkler, metallener Fremdkörper. Stühle rückten.
    »Ihr Sohn ist hier, wie ich sehe?«
    Die Frühstücksbretter. Verflixt.
    »Warum?«, hörte Frederic seinen Vater fragen.
    »Hat er Ihnen gesagt, dass ich ihn von der Schule verwiesen habe?«
    »Doch«, antwortete Hendrik, seine Stimme angespannt und nervös. »Sind Sie deshalb gekommen? Um es mir noch einmal zu sagen?«
    »Nein. Ich bin gekommen, um mit ihm zu sprechen. Um ihn zu fragen, warum er heute wieder in St. Isaac aufgetaucht ist, obwohl er dort seit Donnerstag Hausverbot hat.«
    »Er ist … wieder aufgetaucht? Heute Morgen?«
    »Allerdings.«
    Frederic schnappte nach Luft. Was war das für eine neue Geschichte? Was wollte Bruhns damit erreichen? Als die beiden weitersprachen, begann er zu begreifen, dass Bruhns nicht log, um etwas zu erreichen. Bruhns glaubte wirklich, was er sagte.
    »Heute gegen halb zehn«, verkündete er jetzt, »ist aus dem Sekretariat ein Paket verschwunden, dessen Inhalt einigen Wert hatte. Das war Ihr Sohn, Herr Lachmann. Er ist heimlich zurück nach St. Isaac gekommen, um es zu stehlen.«
    »Woher wollen Sie das wissen? Haben Sie ihn mit dem Paket gesehen?«
    »Nein. Ich nicht. Als ich bemerkt habe, dass das Paket fort war, habe ich sofort angefangen nachzuforschen, und da stellte sich heraus, dass fünf unserer Schüler beobachtet haben, wie Ihr Sohn das Sekretariat mit einem großen Paket unter dem Arm verlassen hat. Sie dachten, er hätte dort etwas abgeholt.«
    In Frederics Ohren summte es. Sein Herz raste. Das Paket! Jemand hatte das Paket gefunden und gestohlen. Aber er war es nicht gewesen. Auch wenn Bruhns das dachte. Und dann spürte er, wie sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht niederließ. Änna. Sie war noch einmal zurückgegangen, und diesmal hatte sie entdeckt, was sie suchte. Er musste mit ihr sprechen. Dringend. Aber noch war sie sicherlich in St. Isaac. Wenn nur niemand das Paket bei ihr fand! Wo hatte sie es versteckt? Sie konnte ja wohl schlecht mit einem riesigen Paket unter dem Arm in der Schule herumspazieren, ohne dass es jemand auffiel.
    »Sie glauben diesen Schülern, dass mein Sohn das Paket gestohlen hat?«, fragte Hendrik. »Ich meine: Warum sollte er so etwas tun? Was, wenn sie ihn nur anschwärzen wollen?«
    »Unsinn!« Frederic konnte sich vorstellen, wie Bruhns bei diesem Wort über seine glänzenden Vorderzähne leckte. »Es war nicht ein Schüler, der ihn gesehen hat. Es waren fünf . Sie haben alle das Gleiche gesehen.«
    »Auch fünf Schüler können lügen.«
    »Nicht diese fünf. Sie sind sehr zuverlässig. Und außerdem hatte Frederic einen Grund: Rache. Dafür, dass ich ihn hinausgeworfen habe.«
    »Ein Grund ist kein Beweis.«
    Frederic hielt beide Daumen für Hendrik nach oben, obwohl Hendrik das natürlich nicht sah. Hatte Hendrik in der Nacht nachgedacht? War er bereit, Frederic zu glauben?
    »Hören Sie«, sagte Bruhns schroff, »ich will keine große Sache aus diesem Diebstahl machen. Es ist schon genug geschehen. Ein Computer, ein antiker Stein – was kommt als Nächstes? Der Junge ist krank, er braucht Hilfe. Ich bin nur hier, weil ich mein Paket wiederhaben will. Es ist ein braunes Postpaket, ungefähr so groß …«
    »Was ist drin?«, erkundigte sich Hendrik.
    Bruhns lachte ein Lachen, so unecht, dass das erste Anzeichen von Regen es wahrscheinlich von seinem Gesicht gewaschen hätte.
    »Eigentlich geht Sie das nichts an. Aber von mir aus: Fimo. Ein Dutzend großer Packen Fimo. Sie wissen schon, diese Knetmasse, die man brennen kann. Meine Nichte studiert Kunst. Sie arbeitet gerade an einer Skulptur aus Fimo, etwas irre, aber na ja. Bei der

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