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Nacht der gefangenen Träume

Nacht der gefangenen Träume

Titel: Nacht der gefangenen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Michaelis
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dich nicht rausschmeißen. Gib dir ein wenig Mühe. Ein wenig nur. Und du … prügelst dich mit den anderen – erzähl mir jetzt nicht wieder, du wärst von einem Baum gefallen – prügelst dich und läufst aus dem Unterricht weg und … Himmel, wie hast du es geschafft, diesen alten Sarg kaputt zu kriegen?«
    Frederic schnaubte. »Du glaubst wohl immer nur den anderen, ja? Du hast ihnen geglaubt, dass ich den Computer auf dem Gewissen habe, und jetzt glaubst du ihnen, dass ich den Stein … das ist … das ist lächerlich, Hendrik! Absolut lächerlich!«
    Hendrik packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn.
    »Dann sag mir doch, wie es passiert ist! Erklär es mir so, dass ich es begreifen kann!!«
    »Ich fürchte«, antwortete Frederic, »das ist unmöglich. Du wirst nie, nie, nie irgendetwas begreifen. Du begreifst ja nicht einmal dich selbst.«
    Er riss sich los, wandte sich ab und ging weg, die Straße entlang.
    »Wohin willst du? Frederic!« Hendrik rannte ihm nach. »Du steigst jetzt sofort ins Auto und fährst mit mir nach Hause! Und du wirst heute Nacht auch dort bleiben.«
    Er griff nach Frederics Arm und hielt ihn fest. »Wo warst du letzte Nacht? Hm? Und neulich? Wo treibst du dich herum? Mit was für Leuten bist du unterwegs? Mit Leuten, die es lustig finden, Dinge kaputt zu machen?«
    Er zerrte Frederic zum Auto und drückte ihn auf den Rücksitz. Dann startete er das Auto so abrupt, dass der Motor gequält aufheulte, und jagte es aus der Parklücke auf die Straße hinaus. Und während er seinen Ärger an der Gangschaltung ausließ, fiel Hendrik in Schweigen zurück. Aber es war eine andere Art von Schweigen als sonst. Es war angespannt wie eine Eisenfeder und Hendrik schien darin nach Worten zu suchen. Erst als er den Wagen mit einer unnötigen Vollbremsung vor ihrem Haus anhielt, fand er sie.
    »Du willst also unbedingt, dass ich wütend werde«, knurrte er. »Gut, du hast es geschafft. Ich bin wütend.« Er sprang aus dem Auto und schlug die Fahrertür zu. »Ich bin wütend!«, schrie er. »Zufrieden?«
    Die Nacht bebte.
    In Lisas Fenster ging hinter einem neuen Vorhang das Licht an. Oben im zweiten Stock raschelte es auf dem Balkon. Kringelte sich dort nicht ein langer, nackter Rattenschwanz?
    »Sehr zufrieden, danke«, sagte Frederic bitter. »Wir haben noch nie so viel miteinander geredet wie eben, weißt du das? Weißt …«
    Er merkte, dass er ebenfalls laut geworden war und brach ab.
    Das Treppenhaus schluckte sie, und sie verstummten. Als Frederic in sein Zimmer ging, hörte er, wie Hendrik die Haustür von innen abschloss und den Schlüssel abzog. Da machte er seine eigene Zimmertür noch einmal auf und rief: »Willst du mich nicht in meinem Zimmer einsperren? Wäre das nicht effektiver?«
    Hendriks Blick war so alt wie die Hand, die er vor dem Polizeirevier auf Frederics Schulter gelegt hatte. Der dunkle Fleck auf seinem Hemd verwunderte Frederic inzwischen nicht mehr. Er schloss die Tür und kletterte ins Bett.
    Er war so müde gewesen, so unendlich müde. Doch nun konnte er nicht schlafen. Eine Weile rumorte Hendrik noch in der Küche herum, danach wurde die Wohnung still. Auf Frederics Gesicht war etwas Feuchtes. Er wischte es weg. Im selben Moment klopfte jemand ans Fenster.
    Frederic setzte sich im Bett auf, die Decke bis ans Kinn gezogen. Wer im ersten Stock an ein Fenster klopfte, musste auf einer Leiter stehen. Bruhns! Bruhns und seine Maschine. Und Fyscher vielleicht … Halt: Bruhns hatte seine geheimen Methoden, in Zimmer zu gelangen. Er klopfte nicht an.
    Frederic schlüpfte vorsichtig aus dem Bett und ging barfuß zum Fenster. Draußen war es finster; der Mond und die Sterne hatten sich freigenommen und als Krankheitsgrund Wolken vorgeschoben. Die Straßenlaterne vor dem Haus schien mit den letzten Herbstblumen verblüht zu sein. Oder vielleicht hatte Bruhns neulich auch die Birne zerschmissen. In jedem Fall war es schwer zu erkennen, wer draußen stand. Frederic drückte sein Gesicht gegen die Scheibe – und blickte in ein anderes Paar Augen. Jemand drückte sein Gesicht von außen gegen die Scheibe. Wäre das Glas nicht zwischen ihnen gewesen, hätten sich ihre Nasen berührt.
    »He, Frederic!«, kam eine gedämpfte Stimme von außen. »Ich bin es, Lisa!«
    Frederic nahm seine Nase von der Scheibe, schüttelte den Kopf und öffnete das Fenster.
    »Guten Abend«, sagte Lisa und kletterte herein. Sie hatte tatsächlich auf einer Leiter gestanden.
    »Es ist

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