Nacht der Geister
ein.«
»Ja. Das ist die perfekte Entschuldigung«, sagte die Nixe . . .
Victoria. »Gähn wieder, aber versteck es nicht. Wenn sie’s merken, sag ihnen, dass du wirklich gehen solltest, und steh auf.«
»Was? Gehen? Aber ich habe sie doch noch gar nicht umgebracht!«
Ein Seufzer trieb durch Jolynns Geist. Victoria erklärte ihren Plan noch einmal. Sie war so klug. Sie würden die besten Freundinnen sein. Jawohl, Freundinnen fürs Leben. Jolynn schauderte und konnte ein Grinsen kaum noch verbergen.
»Gut«, sagte Victoria. »Und jetzt gähne.«
Jolynn gähnte, hob die Hand, um es zu verbergen, und schaffte es nicht ganz.
»Oh«, sagte sie mit aufgerissenen Augen. »Es tut mir leid.«
»Ich habe das Gefühl, jemand wird ziemlich schläfrig«, sagte Dot lächelnd. »Willst du hier übernachten, Liebes?«
»Oh bitte, wenn ich darf.«
Jolynn nahm ihre Handtasche vom Stuhl und warf einen Blick hinein. Das schimmernde Metall der Pistole schien ihr zuzuzwinkern. Sie zwinkerte zurück.
»Das hat wirklich Spaß gemacht«, sagte Jolynn, als sie die Küchenschränke durchwühlte. »Hast du den Ausdruck in ihren Augen gesehen?« Sie schob die Unterlippe vor. »Zu schade, dass wir sie nicht schreien lassen konnten.«
»Nicht, wenn in der Wohnung darüber Leute schlafen. Der Schuss war schon laut genug, sogar unter dem Kissen.«
»Du hast ja recht. Und Nellie hat irgendwie ein bisschen geschrien. Das war gut.« Sie nahm zwei Messer aus der Schublade.
»Das Filetiermesser oder das Hackmesser?«
»Du wirst wahrscheinlich beide brauchen.«
»Gute Idee. Oh, und was ist mit einer Säge? Ich glaube, Dot hat eine Säge im Schrank. Eine von den kleinen, mit denen man Metall und so durchkriegt?«
»Eine Bügelsäge?«
»Genau. Soll ich die auch holen?«
»Wenn du sie finden kannst.«
Jolynn fand die Bügelsäge genau dort, wo sie sie gesehen zu haben glaubte im Schrank bei den anderen Werkzeugen.
Mit der Säge und dem Filetiermesser in der einen und dem Hackmesser in der anderen Hand kehrte sie ins Bad zurück, wo Dot in der Wanne wartete.
Das hier würde wirklich Spaß machen.
Zwei Koffer. Das war alles, was von dem Gepäck aus dem Morgenzug aus San Francisco noch da war. Zwei schwarze Koffer mit silbernen Griffen. Sie sahen nagelneu aus, nicht wie etwas, von dem man erwartet hätte, dass jemand es einfach am Bahnhof stehenließ außer, derjenige hatte einen guten Grund.
In dem Moment, in dem Samuel die beiden großen Koffer zu Gesicht bekam, wusste er, dass jemand etwas Seltsames vorhatte. Die verdammten Dinger waren groß genug, um zwei, vielleicht drei Kisten mit schwarz gebranntem Schnaps aufzunehmen. Der Besitzer hatte wahrscheinlich ein paar Uniformen im Gedränge gesehen, kalte Füße bekommen und sich empfohlen. Bei der Southern Pacific Railway hielt man nichts von den Schwarzbrennern. Als Gepäckprüfer hatte Samuel die Aufgabe, das Gepäck . . . na ja, zu prüfen. Und wenn in diesen Koffern so viele Flaschen steckten, wie er vermutete, würde das Fehlen einer davon wahrscheinlich nicht weiter auffallen.
Er marschierte zu den Koffern hinüber. Er war nur noch einen Schritt von ihnen entfernt, als seine Hand nach oben zur Nase fuhr.
Himmeldonnerwetter! Wenn das Schnaps war, würde er auf eine Kostprobe verzichten. Das roch ja, als wäre irgendwas in diese Koffer gekrochen und darin verendet. Er war überrascht, dass die Gepäckträger in San Francisco es nicht gemerkt hatten.
Aber vielleicht hatte es noch nicht so übel gerochen, bevor die Koffer den halben Tag im Gepäckwagen gestanden und in der Augusthitze vor sich hin gebraten hatten.
Als Samuel die Hand nach dem Kofferschloss ausstreckte, fuhr ein Pickup rückwärts an die Rampe heran. Ein junger Mann stieg aus, aber Samuel würdigte ihn kaum eines Blickes, sondern wandte seine Aufmerksamkeit vielmehr der Beifahrerin zu. Brünett. Ein richtiger Feger. Sah ein bisschen hochnäsig aus, wie ein Filmstar oder so was.
Das junge Paar kam auf ihn zu; die junge Frau streckte ihm einen Gepäckschein hin.
»Das sind Ihre Koffer, Ma’am?«, fragte Samuel.
Sie lächelte. »Ja, das sind sie. Es tut mir leid, dass wir so spät kommen. Ich bin aus dem Zug ausgestiegen, und dann habe ich gemerkt, dass ich mit meinem Bruder und dem Wagen wiederkommen muss, um die Koffer zu holen. Sie sind ziemlich schwer.«
»Darf ich fragen, was Sie da drin haben?«
»Oh, einfach . . . persönliche Dinge.« Sie lächelte. »Sie wissen doch, wie Frauen packen.«
Ihr
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