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Nacht der Geister

Nacht der Geister

Titel: Nacht der Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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bis die Geschichte zu Ende war, und ließ mich erst dann langsam in den Schlaf hinübertreiben.
    Als ich kurz nach der Morgendämmerung aufwachte, war Kris bereits an Deck und navigierte das Boot ans Ufer. Wir warfen in einer kleinen Bucht den Anker aus und gingen an Land. Wahrscheinlich würden wir das Boot nicht wieder brauchen, weil unsere Transportcodes uns von der Insel fortbringen würden, aber es konnte ja nicht schaden, für alle Fälle einen Nottransport zu haben.
    Wir fanden einen überwucherten Pfad, der in den Dschungel hineinführte und auf die Beschreibung passte, die ich erhalten hatte. Nachdem wir uns etwa eine Meile weit bergauf und bergab durch den Dschungel gekämpft hatten, wurde das Gelände offener, und schließlich kam ein schlichtes weißes Holzhaus in Sicht. Kris blieb zurück; ich ging weiter und setzte eine Kombination aus Verschwimm und Tarnformeln ein, um auf die rundumlaufende Veranda zu gelangen und rasch in die Fenster hineinzusehen. Erst beim letzten davon fand ich Luther Ross.
    Niemand hatte mir beschrieben, wie er aussah, aber das wäre auch nicht nötig gewesen. In dem Wohnzimmer hielten sich fünf Personen auf. Vier davon waren Anfang zwanzig, weiblichen Geschlechts und blond. Die fünfte war ein großer dunkelhaariger Mann Anfang vierzig mit einem Spitzbart, spöttischen grauen Augen und einer Hand auf dem Hintern einer der Blondinen er beugte sich über ihre Schulter und zeigte auf eine Vase. Das Gesicht des Mädchens legte sich vor Konzentration in Falten, während sie die Vase zu verschieben versuchte. Als das Ding sich keinen Millimeter bewegte, tätschelte er ihr das Hinterteil und winkte sie zu einem Stuhl.
    Unglaublich. Da besaß ein Typ die Fähigkeit, Gegenstände über die kosmischen Barrieren hinwegzubewegen, und wozu nutzte er sie? Dazu, niedliche Schülerinnen ins Bett zu kriegen.
    Kein Wunder, dass Ross sich auf Roatan versteckt hatte es ging nicht so sehr darum, den Suchern aus dem Weg zu gehen, als vielmehr darum, seine Klassen auf Teilnehmerinnen eines bestimmten Typs zu beschränken, die er persönlich auswählen und mit einem Transportcode ausstatten konnte. Wahrscheinlich nahm er gelegentlich auch wirkliche Schüler auf, um seinen Ruf aufrechtzuerhalten, aber wenn seine durchschnittliche Klasse so aussah, dann brauchte ich mich nicht darüber zu wundern, dass er bei der Weitergabe seiner Fähigkeiten nicht erfolgreicher war. So, wie diese Mädchen auf mich wirkten, hatten sie vermutlich Schwierigkeiten, das Wort Telekinese richtig auszusprechen. Nymphen wahrscheinlich. Schon zu Lebzeiten hatte ich mich gefragt, welche Fähigkeiten Nymphen eigentlich besaßen. Und jetzt, nachdem ich hier im Jenseits ein paar davon kennengelernt hatte, wusste ich es immer noch nicht.
    In jedem Fall waren den Nymphen diese Fähigkeiten wie auch immer sie ausgesehen haben mochten schon vor vielen Generationen abhandengekommen. Sie waren vollkommen in der menschlichen Spezies aufgegangen. Die paranormalen Dimensionen der Geisterwelt sind voll von ausgestorbenen Spezies wie Elfen und Dryaden Wesenheiten, die ihre Kräfte längst verloren haben und oft selbst nichts von ihrer Identität wissen, die nach ihrem Tod aber zu uns kommen. Wahrscheinlich ist es nicht einfach, sich plötzlich von Leuten umgeben zu sehen, die Formeln wirken, sich in Wölfe verwandeln oder die Elemente manipulieren. Nicht weiter überraschend also, dass Angehörige dieser Spezies den Schwarzmarkt am Leben halten mit ihrem Bemühen, eine Fähigkeit, irgendeine Fähigkeit zu linden, die sie ihr Eigen nennen können.
    Ich kehrte zu Kristof zurück und erzählte ihm, was ich gesehen hatte.
    »Scheint eher ein Job für dich zu sein«, sagte er. »Ich warte hier draußen.«
    Ich zog mich um und wählte dabei das kurze schwarze Kleid, das ich bei den Heimsuchern getragen hatte. Vielleicht nicht ganz Ross’ Stil, aber immerhin würde er mich nicht mit einer seiner Nymphen verwechseln. Dann ging ich zur Haustür, öffnete sie und trat ein.
    Als ich ins Wohnzimmer kam, fuhren die Nymphen zusammen. Ross sah zu mir herüber und starrte mich an.
    »Da sieh mal einer an«, sagte er. »Eine neue Schülerin, nehme ich an?«
    Ich sah jede einzelne Nymphe an und zog dann zu Ross hin eine Augenbraue hoch.
    »Du kannst hier nicht einfach reinkommen « , begann das Mädchen auf dem Stuhl.
    Ross hob einen Finger, und sie brach mitten im Quiekser ab.
    »Dies ist ein geschäftlicher Besuch«, sagte ich. »Ich hätte ja angerufen,

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