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Nacht der Geister

Nacht der Geister

Titel: Nacht der Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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Der Block war leer.

    »Ich höre dich«, sagte sie. »Ich höre dich singen. Wer ist da?«
    Ich sah Trsiel an. Wenn Sullivan in einem leeren Zellenblock Stimmen hörte, konnten sie nur von einem einzigen Ort kommen. Trsiel griff nach meiner Hand und beförderte mich wieder in ihre Gedanken.
    Ich landete in einem Abgrund von Schwärze, und einen Augenblick später hörte auch ich das Flüstern einer Stimme.
    Jemand summte tonlos vor sich hin. Dann Worte. Normalerweise bin ich sehr gut darin, Stücke zu erkennen, aber hier brauchte ich einen Moment, wahrscheinlich, weil die Sängerin den Text so verstümmelte.
    »Invisible« von . . . wem auch immer. Es kam auch nicht drauf an. Die Stimme sang nur ein paar Zeilen des Refrains und fing dann wieder von vorn an. Irgendwas davon, dass man behandelt wurde, als sei man unsichtbar.
    Ich kannte das Stück, wahrscheinlich, weil es mich immer an eine Kindheitserfahrung mit dem Lebensmittelladen in unserer Nachbarschaft erinnerte. Ich hatte schon als Kind alle meine Freundinnen überragt, aber der Mann hinter der Theke bediente die anderen immer vor mir und dann jeden anderen Menschen im Laden; mein Geld nahm er nur, wenn ich es ihm auf den Ladentisch warf und mit meinem Schokoriegel davonging. Heute nehme ich an, es war Antisemitismus East Falls war die Sorte von Kaff, wo man selbst die Katholiken mit Misstrauen betrachtete. Meine Mutter redete nie mit mir über diese Dinge, sie zog es vor, so zu tun, als existierten sie nicht. Wenn ich ihr von dem Mann in dem Laden erzählte, sagte sie, ich bildete mir da etwas ein. Ich wusste, dass es keine Einbildung war, konnte aber keine Erklärung für seine Abneigung finden, und so ging ich davon aus, dass es meine Schuld war. Wie meine Lehrerin Mrs. Appleton sah er offenbar etwas Schlechtes in mir, etwas, das anderen Leuten nicht auffiel.
    »Invisible«, sang die Frau. »Oh, yeah, ich bin unsichtbar.« Ein plötzliches gellendes Auflachen, bei dem ich zusammenfuhr.
    »Klingt nach mir«, gackerte die Frau; ihre Stimme war schrill vor hektischer Heiterkeit. »Miss Invisible. Die behandeln mich, als wäre ich nicht mal da. Dahdahdahdah. Miss Invisible.«
    Eine zweite Stimme die leise, einschmeichelnde Stimme der Nixe. »Und was willst du dagegen tun?«
    »Dafür sorgen, dass sie mich sehen, natürlich. Und aufstehen und grüßen. Gegrüßet seist du, Miss Invisible.« Das Lachen der Frau kreischte wie Nägel auf einer Schiefertafel, alkoholisierte Bitterkeit mit einer Spur Wahnsinn. »Ich muss denen wohl zeigen, dass ich jemand bin. Jemand, vor dem sie Respekt haben sollten.«
    Die Dunkelheit verzog sich, und ich fand mich in den Erinnerungen der jungen Frau wieder, in ihrem Körper, hinter ihren Augen, wie bei Sullivan und dem Gefangenen in der Todeszelle.
    Ich stand in einem langen Gang und wischte mit einem breiten Schrubber den Boden auf. Zwei gutgekleidete Frauen gingen schwatzend und lachend an mir vorbei. Eine war dabei, einen Streifen Kaugummi auszuwickeln, und ließ das Papier auf den Boden fallen. Ließ es genau dort fallen, wo ich gerade gewischt hatte. Die Frau lachte.
    Über mich, über die dumme, hässliche Putze. Warum erst nach einem Papierkorb suchen? Lily ist ja da. Ist schließlich ihr Job. Soll sie etwas tun für ihr Geld.
    Wenn die Nixe diese Erinnerung für Lily wieder hervorzerrte, musste sie wichtig sein. Ich mühte mich ab, um mich von Lilys Gedanken zu lösen und mich umzusehen. Langer Gang.

    Gutgekleidete Frauen. Ein Bürogebäude? Sieh hin, Eve. Sieh genauer hin. Du wirst dieses Gebäude finden müssen. Weiter hinten klebten Zettel an der Wand. Irgendwelche Ankündigungen.
    Eselsohrig und auf farbigem Papier. Nicht sehr professionell.
    »Hey!«, schrie eine junge, männliche Stimme. »Hey, das gehört mir!«
    Drei gackernde Mädchen stürmten vorbei und hätten mich
    die Putzfrau Lily fast umgerannt. Sie machten sich nicht einmal die Mühe, sich zu entschuldigen was nicht weiter überraschend war, denn sie waren etwa dreizehn und wurden von einem Jungen im gleichen Alter verfolgt.
    Miststücke. Eingebildete kleine Zicken, genau wie ihre Moms.
    Sind sich zu gut dafür, »Entschuldigung« zu sagen. Warum sollten sie auch? Es ist ja bloß die Angestellte. Die Putzfrau.
    Ich wand mich aus Lilys Gedanken heraus. Die drei Mädchen waren auch an den beiden Frauen ohne ein Wort vorbeigerannt, aber das hatte Lily nicht bemerkt. Sie rissen eine Tür auf und stürzten hindurch. Ein schwacher Chlorgeruch drang

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