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Nacht der Geister

Nacht der Geister

Titel: Nacht der Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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heraus.
    Während der Junge ihnen folgte, glitt mein Blick wieder zu den Zetteln an der Wand hinüber. Ich versuchte mich auf sie zu konzentrieren, aber in dem fremden Körper waren meine Kräfte schwächer als sonst, und ich erkannte nur ein paar Überschriften.
    FRÜHJAHRSBALL. GESUCHT: BETREUER. FRÜHJAHRSFERIEN: MÄRZSPEKTAKEL.
    Zwei Männer erschienen in meinem Blickfeld und kamen auf mich zu. Beide Anfang zwanzig, beide in verschwitzten Shorts und Tanktops, beide verdammt attraktiv. Mein Puls wurde schneller; das Herz jagte, ein langsam brennendes Gefühl der Sehnsucht ging durch mich hindurch was einigermaßen unheimlich war angesichts der Tatsache, dass diese Jungen etwa halb so alt waren wie ich. Glücklicherweise hatte ich weder einen Puls noch einen Herzschlag und wusste somit, dass dieser Anfall von Verlangen nicht zu mir gehörte.
    Brett. Der Name flatterte durch Lilys Gedanken. Ihr Blick blieb an dem Kleineren der beiden hängen und folgte ihm den Gang entlang.
    »Nächste Woche bin ich dann dran«, sagte Brett zu seinem Gefährten. »Wart’s ab. Ich schlage dich so gründlich, dass du «
    »Vor Verblüffung stirbst?«
    Brett boxte den anderen Mann in den Arm, und sie rempelten und balgten sich den Gang entlang wie junge Hunde.
    Sieh mich an, Brett. Ich bin hier.
    Die beiden gingen an Lily vorbei, ohne einen Blick in ihre Richtung zu werfen.
    Ich sorge dafür, dass du hersiehst, Brett. Ich sorge dafür, dass du mich siehst. Wart’s ab
    Ein Wecker schrillte. Lily fuhr hoch; ihr Herz hämmerte.
    Der Wecker schrillte weiter. Sie schaltete ihn aus und starrte zu den verschwommenen roten Zahlen hinüber. Halb acht.
    »Na los, an die Arbeit«, murmelte sie.
    »Oh, aber heute wird alles anders«, flüsterte die Nixe.
    Lily lachte und griff nach ihrer Brille. »Oh, yeah, heute wird alles ganz anders.«
    Als sie die Brille aufsetzte, wurde das Zimmer klarer. Sie streckte den Arm aus und öffnete die Nachttischschublade.
    Darin lagen ein paar eselsohrige Zeitschriften. Sie schob die Hand darunter, und ihre Finger schlossen sich um Metall. Sie zog das Ding heraus. Eine halbautomatische Waffe.
    Der Raum wurde schwarz.

    Trsiel holte mich heraus.
    »Ist das alles?«, fragte ich. »Ich brauche mehr. Hast du diese Zettel an der Wand gesehen?«
    »Ich habe Papiere gesehen, aber ich konnte nicht lesen, was drauf stand. Ich sehe nur, was sie sieht.«
    Ich begann auf und ab zu gehen. »Ich auch, aber ich konnte ein bisschen näher ranzoomen. Es war so was wie ein Bürgerzentrum. Hallenbad, Sporthallen, Ankündigungen für eine Tanzveranstaltung und das Angebot für die Märzferien . . . Sie arbeitet in einem Bürgerzentrum. Und da geht sie jetzt gerade hin. Mit einer Schusswaffe.«
    Als ich an Trsiel vorbeikam, packte er mich an der Schulter und zwang mich, mit dem Gerenne aufzuhören.
    »Eve, wir müssen «
    »Nachdenken. Ich weiß. Aber ich denke am besten im Gehen.«
    Er ließ mich los. »Was haben wir also? Sie heißt Lily, und sie gehört zur Reinigungskolonne eines Bürgerzentrums.«
    »Genau.« Ich rieb mir mit beiden Händen übers Gesicht.
    »Sie ist gerade erst aufgestanden, sie wird also noch eine Weile brauchen, bis sie dort ist. Es war halb Moment. Wie spät ist es gerade?«
    Trsiel ging durch die Gittertür und sah sich um. »Kurz nach halb zehn auf dieser Uhr dort.«
    »Zwei Stunden Zeitabstand. Das heißt, sie ist irgendwo westlich von Colorado.«
    »Dem Akzent dieser Leute nach an der Upper West Coast«, sagte Trsiel. »Nördlich von Kalifornien.«
    »Okay. Danke. Ich rede mit Jaime. Wir suchen im Internet nach Bürgerzentren an der Upper West Coast, die einen Frühjahrsball und ein ›MärzSpektakel‹ veranstalten. Wenn wir davon eine Liste erstellt haben, können wir uns erkundigen, wo es außerdem eine Putzfrau namens Lily gibt.« Ich hörte auf zu rennen. »Gut. Aber wir werden eine Weile brauchen. Mit etwas Glück wird der Junge, auf den sie es abgesehen hat, nicht gleich heute Vormittag wieder in das Zentrum kommen.«
    Ich unterbrach mich und sah Trsiel an. »Sie will also diesen Typ umbringen, weil er sie nie beachtet. Aber von der komplett verkorksten Logik mal abgesehen, eins daran verstehe ich nicht.
    Was bedeutet der mir?«
    Trsiel runzelte verständnislos die Stirn.
    »Die Nixe tut das meinetwegen, stimmt’s? Es ist eine Machtdemonstration. Eine Lektion für mich. Also « Ich unterbrach mich und erwiderte seinen Blick. »Sieh mal, wenn sie diesen Jungen erschießt, dann würde ich das

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