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Nacht der Hexen

Titel: Nacht der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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erreicht haben. Ich durfte nur nicht darüber nachdenken, was es war, das ich da übersprang.
    Als ich Anlauf zu nehmen versuchte, überlegte ich es mir anders. In Leichtathletik war ich in der Schule immer eine absolute Niete – ich bin außerstande, es auch nur über die niedrigste Hürde zu schaffen. Wenn ich losrannte und sprang, riskierte ich, das Wesen aus Versehen zu treten und es damit zu reizen. Stattdessen schlich ich auf Zehenspitzen den Gangentlang, drückte mich dicht an die Mauer und begann mich seitlich an Sandfords Leiche vorbeizuschieben. Sein Arm war über den Kopf ausgestreckt. Ich stieg behutsam darüber hinweg und schob mich weiter vorwärts, an seinem Kopf vorbei und an seinem Oberkörper entlang. Das Wesen kauerte immer noch über Sandfords Bauch, die Füße gegen die Wand gestemmt.
    Ich hob den Fuß, um über es hinwegzusteigen. Sein Kopf fuhr hoch und drehte sich zu mir um; die Reptilaugen trafen auf meine. Fäden von Fleisch hingen ihm aus Maul und Zähnen. Es zischte und besprühte mich dabei mit Blut. Und jetzt schrie ich, schrie so laut ich konnte, fuhr herum und stürzte instinktiv zurück in Richtung Haupttreppe. Ich kam nicht weiter als bis zu Sandfords ausgestrecktem Arm, stolperte über ihn und landete der Länge nach auf dem Boden. Etwas bewegte sich über meine Beine, und ich bäumte mich auf und trat und schrie. Ich konnte nicht aufhören zu schreien. Ich wusste, es war verschwendete Energie, es konnte sogar weitere Schrecknisse anlocken, aber ich konnte nicht aufhören.
    Das Ding, das Anton gewesen war, schlängelte sich über mich und nagelte mich auf dem Fußboden fest. So sehr ich es wegzuschieben versuchte, ich konnte es nicht von der Stelle bewegen. Es bewegte sich an mir hinauf, bis sein Gesicht über meinem war; kleine Fetzen von blutigem Fleisch tröpfelten mir auf Mund und Wangen.
    Und jetzt schloss ich den Mund. Schnell. In Gedanken schrie ich immer noch – außerstande, zu denken oder mich zu konzentrieren; ich sah nur die gelben Augen, die sich in meine bohrten. Das Ding öffnete das Maul und schnatterte – ein Strom von hohem, quiekendem Unsinn, der sich mir in den Schädel bohrte.
    Es senkte das Gesicht zu mir herunter. Ich quetschte die Hände zwischen seine und meine Schultern und schob mit aller Kraft, die ich aufbrachte. Es zeigte die Zähne und zischte lauter; Blut und Speichel sprühten auf mich herunter, aber ich stieß und schob und brachte es schließlich fertig, mich unter ihm herauszuwinden.
    Ich rappelte mich auf und trat es in den Kopf. Es kreischte und schnatterte. Ich drehte mich um und wollte losrennen, als mir plötzlich eine Frau im Weg stand. Ich erkannte die schamanische Köchin.
    »Vorsicht!«, schrie ich. »Weg hier!«
    Sie bückte sich lediglich und wedelte mit den Händen zu dem Wesen hin, als versuchte sie eine Katze zu verscheuchen. Es zischte und fauchte. Als ich zu dem Ding zurücksah, hob es sich auf Finger und Zehen und huschte durch die nächste offene Tür.
    »O Gott, danke«, sagte ich. »Jetzt machen wir besser, dass wir –«
    Die Frau packte mich am Arm. »Er war hier.«
    »Ja, alles Mögliche ist hier! Wir müssen wirklich –«
    Die Frau trat vor mich und versperrte mir den Weg. Ich konnte ihr zum ersten Mal direkt ins Gesicht sehen. Ihre Augen waren weiß – ein reines Weiß ohne Pupillen und Iris. Bevor ich in die andere Richtung laufen konnte, zog sie mich näher.
    »Er war hier«, wiederholte sie in einem atemlosen Flüstern.
    »Ich kann ihn riechen. Kannst du ihn auch riechen?«
    Ich versuchte mich von ihr loszumachen. Sie schien meine Bemühungen nicht einmal zu bemerken. Sie leckte sich die Lippen.
    »Ja, ja, ich rieche ihn. Einer der Meister. Hier. Hier!« Sienäherte ihr Gesicht dem meinen; ihre Nüstern blähten sich. »Ich rieche ihn an dir.« Ihre Stimme und ihr Körper bebten vor Erregung. »Er hat mit dir gesprochen. Er hat dich berührt. Oh, du bist gesegnet. Gesegnet!«
    Ihre Zunge schoss hervor und berührte meine Wange. Ich quiekte und schoss an ihr vorbei. Sie griff nach mir, aber ich rannte weiter.
    Ich stürzte den Flur entlang und die Hintertreppe hinunter, sprang über Sandfords und unten dann über Shaws Leiche hinweg, ohne auch nur zu straucheln. Am Fuß der Treppe hielt ich nicht einmal lang genug inne, um mich umzusehen. Ich stürzte durch die erste offene Tür, schlug sie hinter mir zu, lehnte mich von innen dagegen und rang nach Luft. Ich zitterte dermaßen, dass ich spürte, wie die Tür in

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