Nacht der Leidenschaft
und gar nicht behagt, als Autorin für Zeitschriften bekannt zu werden.“
Devlin musste dafür hart gearbeitet und viel geopfert haben. Wenn er nur nicht so ein großspuriger, unverschämter… „Dann möchte ich Ihnen vergleichsweise einige Zahlen nennen, Miss Briars. Ich schätze, dass Sie ungefähr dreitausend Exemplare Ihres letzten Romans verkauft haben …“
„Dreitausendfünfhundert” verteidigte sich Amanda.
Devlin nickte und lächelte verstohlen. „Beeindruckende Zahlen für einen Dreiteiler. Wenn Sie mir jedoch erlauben, Sie in einer preiswerten Serie herauszugeben, starten wir den Druck mit zehntausend, wobei ich fest damit rechne, die Auflagenziffer im darauffolgenden Monat zu verdoppeln. Mit der letzten Folge werde ich ungefähr sechzigtausend Exemplare drucken. Nein, Miss Briars, ich scherze nicht … wenn es ums Geschäftliche geht, bin ich immer nüchtern. Sicherlich haben Sie von dem jungen, Dickens gehört, dem Reporter vom Evennig Chronicle? Er und sein Verleger Bentley verkaufen pro Monat mindestens einhunderttausend von den Pickwick Papers.“
„Einhunderttausend“, wiederholte Amanda und versuchte erst gar nicht, ihr Erstaunen zu verbergen. Natürlich war sie wie jeder literarisch interessierte Mensch in London mit Mr. Charles Dickens vertraut, vor allem mit dem Fortsetzungsroman Pickwick, der seine Leserschaft mit seiner Lebendigkeit und seinem Humor verzaubert hatte.
Jede Folge fand am Erscheinungstag der Zeitschrift eine reißende Abnahme, und in den – Gasthäusern und Cafes tauschte man Zitate und Wortspiele aus. Ladenbesitzer hatten eine Ausgabe der Pickwick Papers unter der Theke liegen, um in einer ruhigen Minute weiterzulesen. Schulkinder klemmten sich eine Folge zwischen die Seiten ihrer Grammatik, auch wenn es ihnen eine Schelle des Lehrers einbrachte, wenn sie erwischt wurden. Trotz des großen Echos, das Pickwick in der Öffentlichkeit gefunden hatte, war Amanda überrascht, dass Dickens’ Auflagen so hoch waren.
„Mr. Devlin“, sagte sie nachdenklich, „man hat mir noch nie eine besondere oder falsche Bescheidenheit vorgeworfen. Ich weiß, dass ich als Schriftstellerin eine gewisse Begabung habe. Aber meine Arbeit ist nicht mit der von Mr. Dickens zu vergleichen. Meine Texte sind weder humorvoll, noch bin ich in der Lage, ihn zu imitieren …“
„Ich möchte nicht, dass Sie irgendjemanden imitieren. Ich möchte einen Fortsetzungsroman herausbringen, der in Ihrem Stil geschrieben ist, Miss Briars … etwas Anrührendes und Romantisches. Ich verspreche Ihnen, die Leser werden Eine unvollkommene Frau mit der gleichen Begeisterung und Treue verfolgen wie die komischen Folgen aus der Feder von Mr. Dickens.“
„So etwas können Sie nicht garantieren“, erwiderte Amanda.
Devlin lachte und ließ eine Reihe weißer Zähne auf blitzen. „Nein. Aber ich bin bereit, dieses Risiko einzugehen, wenn Sie es sind. Ob die Sache Erfolg hat oder nicht, Miss Briars, Sie hätten Ihr Geld in der Tasche … und wären frei, Ihr Leben lang nach Lust und Laune dreibändige Romane zu verfassen.“
Amanda brachte es aus der Fassung, als er aufstand, sich über ihren Sessel beugte und die Hände auf der Armlehne aufstützte. Wollte sie aufstehen, so war es nur möglich, wenn sie ihren Körper dicht an dem seinen vorbeischlängelte, und wenn sie weiterhin ruhig sitzen blieb, berührten seine Knie ihren Rock. „Sagen Sie ja, Amanda“, redete er ihr zu. „Sie werden es nicht bereuen.“
Amanda lehnte sich im Sessel zurück. Devlins entwaffnend blaue Augen und die männliche Schönheit seines Gesichts könnten von einem Gemälde oder einer Skulptur stammen, und doch war nichts Aristokratisches in seinem Aussehen. Er besaß eine erdverbundene Sinnlichkeit, der man sich nicht entziehen konnte. Wenn er einem Engel ähnelte, dann war es ein gefallener.
Ihr Körper schien mit jeder Nervenfaser auf ihn zu reagieren. Sie roch den betörenden Duft seiner Haut, ein männlicher Duft, der sich für immer in ihrem Gedächtnis eingenistet hatte. Seine Nähe machte es ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen; am liebsten hätte sie die Hand unter sein Hemd gleiten lassen, um die nackte Haut zu fühlen. Im hintersten Winkel ihres Verstandes erkannte sie mit verzweifelter Ironie, dass die Verabredung mit ihm nicht einen Funken dazu beigetragen hatte, ihre unerwünschten körperlichen Bedürfnisse zu stillen.
Wenn sie auf sein Angebot einginge, würde sie ihn wieder sehen, mit ihm
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