Nacht der Leidenschaft
unvollkommene Frau zu drucken, niemals zustimmen werde.“
„Bevor Sie mich endgültig abweisen“, bemühte er sich zu vermitteln, „lassen Sie mich bitte ausreden. Ich möchte Ihnen ein Angebot machen, das Sie interessieren dürfte.“
„Nun gut.“
„Ich möchte Eine unvollkommene Frau als Fortsetzungsroman drucken.“
„Als Fortsetzungsroman?“, wiederholte Amanda ungläubig.
Diesen Vorschlag empfand sie geradezu als beleidigend. Fortsetzungsromane wurden im Gegensatz zu den üblichen dreibändigen Romanen als minderwertig und unbedeutend angesehen. „Soll das heißen, Sie wollen ihn in Papier gebunden in monatlichen Folgen wie Ihre Zeitschriften herausbringen?“
„Und dann, nach der letzten Folge“, fuhr Devlin ungerührt fort, „werde ich ihn ein zweites Mal herausgeben, aber dieses Mal als Dreiteiler, in Leinen gebunden, mit ganzseitigen Illustrationen und Goldschnitt.“
„Warum dann nicht gleich so? Ich werde keine Fortsetzungsromane schreiben, Mr. Devlin, und habe auch nie die Ambition gehabt.“
„Ja, ich weiß.“ Obwohl Devlin ruhig und gelassen schien, lehnte er sich in seinem Sessel vor und blickte sie mit den blauen Augen an, die jetzt Kraft und Feuer ausstrahlten. „Diese Einstellung kann man Ihnen kaum zum Vorwurf machen. Nur ganz wenige der Fortsetzungsromane, die ich gelesen habe, waren qualitativ gut genug, um die Aufmerksamkeit der Leser zu gewinnen. Außerdem ist ein besonderer Stil erforderlich … jede Folge muss in sich abgeschlossen sein, mit einem spannenden Ende, das den Leser auf die im nächsten Monat erscheinende Fortsetzung neugierig werden lässt. Keine einfache Aufgabe für einen Schriftsteller.“
„Ich kann nicht nachvollziehen, inwiefern Eine unvollkommene Frau in dieses Schema passen könnte“, wandte Amanda stirnrunzelnd ein.
„Ich schon. Der Roman lässt sich leicht in dreißigseitige Folgen teilen. Die dramatischen Höhepunkte der Handlung reichen aus, um jede Folge unterhaltsam und spannend zu machen. Mit verhältnismäßig geringem Arbeitsaufwand könnten Sie und ich ihn zu einem Fortsetzungsroman zurechtschneidern?
„Mr. Devlin“, wandte Amanda schnell ein, „abgesehen von meinem völligen Desinteresse, als Autorin eines Fortsetzungsromans bekannt zu werden, bin ich nicht gerade entzückt von der Idee, Sie als meinen Herausgeber zu sehen. Außerdem bin ich nicht bereit, meine Zeit mit der Neubearbeitung eines Romans zu vergeuden, für den ich damals mit zehn armseligen Pfund abgespeist wurde.“
„Natürlich.“ Bevor Devlin fortfahren konnte, trat Mr. Fretwell mit einem Silbertablett ein.
Nachdem er es auf einem Tischchen neben Amandas Sessel abgestellt hatte, schenkte Fretwell den Tee in eine Tasse aus Sevres-Porzellan ein und deutete auf eine Schale mit sechs appetitlichen kleinen Keksen, die mit glitzernden Zuckerkristallen bestreut waren.
„Versuchen Sie eins davon, Miss Briars“, forderte er sie auf.
„Nein, danke“, sagte Amanda bedauernd und blickte ihm lächelnd nach, als er sich wieder verbeugte und aus dem Zimmer ging. Sie zog die Handschuhe aus und legte sie auf die Armlehne des Sessels. Dann gab sie Milch und Zucker in die Tasse, rührte um und trank vorsichtig einen Schluck Tee. Er schmeckte weich und würzig. Ein Keks würde gut dazu passen und den Geschmack abrunden, dachte sie insgeheim. Bei ihrer Neigung zu Gewichtsproblemen aber würde er sich sogleich auf ihren Hüften bemerkbar machen. Die einzige Möglichkeit, einigermaßen schlank zu bleiben, bestand darin, auf Süßes zu verzichten und so oft wie möglich ausgedehnte Spaziergänge zu unternehmen.
Es war zum Verrücktwerden, aber der Mann neben ihr schien ihre Gedanken zu lesen. „Nehmen Sie doch einen Keks“, sagte er. „Falls Sie wegen Ihrer Figur besorgt sind, so darf ich Ihnen versichern, dass sie in jeder Hinsicht großartig ist. Ich im Besonderen sollte es wissen.“
Verwirrung und Arger übermannten Amanda. „Ich wusste, dass es nicht lange dauern würde, bis Sie wieder auf das geschmacklose Thema jener Nacht zu sprechen kommen.“ Sie griff nach einem Keks, drückte ihn zusammen, sodass die süße Füllung herausquoll, und starrte ihn an.
Devlin grinste, stützte die Ellenbogen auf die Knie und betrachtete sie eingehend. „Keinesfalls geschmacklos.“
Wütend biss sie in den Keks und hätte sich beinahe verschluckt, als sie vom heißen Tee trank. „Doch, das war es! Ich wurde getäuscht und belästigt. Um alles auf der Welt möchte ich die
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