Nacht der Leidenschaft
Ecken und Kanten dieser rücksichtslosen Welt verwischt hätte. Er konnte sich nicht erklären, was dieses Selbstbekenntnis heraufbeschworen hatte, aber irgendwie ergab ein Wort das andere, bis er mit Geheimnissen herausplatzte, die er noch keinem erzählt hatte. Nicht einmal Fretwell und Stubbins, seinen engsten Vertrauten. Es wäre ihm weitaus lieber gewesen, Amanda hätte sich über ihn lustig gemacht oder sich kühl von ihm distanziert … dann hätte er mit seinen Lieblingswaffen, Witz und Sarkasmus, zurückschlagen können. Aber ihr Verständnis und ihr Mitgefühl waren ihm unerträglich. Außerdem brachte er es nicht einmal fertig, sich aus ihrer Umarmung zu lösen.
Er liebte ihre Kraft, ihre Freimütigkeit dem Leben gegenüber und das Fehlen jeglicher Gefühlsduselei. Er fand, dass Amanda genau das war, was er immer gebraucht hatte: eine Frau, die sich nicht vom Ehrgeiz und dem geschäftigen Getümmel des Lebens auffressen ließ wie er. Sie besaß ein angeborenes Selbstvertrauen, das sie befähigte, ein Problem auf den eigentlichen Kern zurechtzustutzen.
„Jack“, sagte sie leise. „Bleiben Sie noch ein wenig hier. Wir trinken im Salon ein Glas Wein.“
Er legte eine Wange auf ihr Haar, auf die Seite, an der sich die aufgesteckten Locken gelöst hatten und jetzt in dichten Wellen herunterfielen. „Sie fürchten sich nicht, mit mir allein im Salon zu sein?“, fragte er. „Sie wissen doch, was dort das letzte Mal passiert ist.“
Er spürte, wie sie zusammenzuckte. „Ich komme schon mit Ihnen zurecht, glaube ich.“
Diese Selbstsicherheit begeisterte Jack. Er richtete sich auf, nahm ihr rundes Gesicht in beide Hände und drückte sie mit dem Gewicht seines Körpers gegen die Wand. Seine gespreizten Beine umschlossen sie mitsamt der raschelnden, bauschigen Masse der bernsteinfarbenen Samtröcke. Die klaren grauen Augen blickten ihn überrascht an. Eine leichte Röte überzog ihr Gesicht. Sie hatte eine wunderschöne helle Haut und den verführerischsten Mund, den er je gesehen hatte. Weich, rosafarben und hübsch geschwungen, wenn sie nicht gerade, wie es ihre Gewohnheit war, die Lippen zusammenpresste.
„Das sollten Sie niemals zu einem Mann sagen“, meinte er. „Mich bringt es auf den Gedanken, Sie eines Besseren zu belehren.“
Es gefiel ihm, sie aus der Fassung zu bringen. Wahrscheinlich, vermutete er, gelang dies nur wenigen Männern. Sie lachte unsicher und schien um eine passende Antwort verlegen. Mit den Daumen strich ihr Jack leicht über die Wangen. Die Haut war kühl und seidig. Er wollte sie erwärmen, mit Feuer erfüllen. Langsam senkte er den Kopf und berührte die weiche Haut.
„Amanda … was ich Ihnen gerade erzählt habe … damit wollte ich nicht Ihr Mitgefühl gewinnen. Ich möchte, dass Sie verstehen, welche Art Mann ich bin. Ohne Tugenden. Ohne Prinzipien.“
„Das war mir bewusst“, sagte sie streng. Er lachte an ihrer Wange und spürte, wie sie erbebte. „Jack …“ Sie hielt die Wange an sein Gesicht gepresst, als wäre ihr die Berührung mit seiner rasierten Haut angenehm. „Sie scheinen mich vor sich zu warnen, obwohl ich den Grund dafür nicht verstehen kann.“
„Sie können es nicht?” Jack zog den Kopf zurück und sah sie forschend an, während seine Begierde sich unaufhaltsam durch alle vernünftigen Überlegungen hindurch brannte. Die Silberaugen waren groß, kühl und erfrischend wie ein Frühlingsregen. Eine Ewigkeit lang könnte er sie betrachten 1 „Weil ich Sie will.“ Seine Stimme war heiser geworden. „Weil Sie mich nicht mehr zum Abendessen in Ihr Haus bitten sollten. Und wenn ich auf Sie zugehe, sollten Sie so schnell wie möglich vor mir Reißaus nehmen. Sie sind wie die Charaktere in Ihren Romanen, Amanda … eine gute, moralische Frau, die in schlechte Gesellschaft gerät.“
„Ich finde schlechte Gesellschaft höchst interessant.“ Er hatte nicht den Eindruck, dass Sie sich vor ihm ängstigte, auch schien sie nicht zu begreifen, was er ihr sagen wollte. „Vielleicht beobachte ich Sie auch nur als Charakterstudie.“ Sie überraschte ihn, als sie ihm die Arme um den Hals legte und ihn mit den Lippen an den Mundwinkeln berührte. „Sehen Sie? Ich habe keine Angst vor Ihnen.“
Ihre weichen Lippen brannten auf seiner Haut. Jack konnte seine Gefühle nicht mehr beherrschen, so wie er die Erde nicht von ihrer Bahn abbringen konnte. Er beugte sich über sie, presste den Mund auf ihre Lippen und küsste sie leidenschaftlich. Sie
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