Nacht der Leidenschaft
dicken schwarzen Locke abgelenkt. Ihre Finger zuckten unwillkürlich in dem Wunsch, ihm das Haar zurückzustreichen. Sie hatte nicht vergessen, wie sich das dichte dunkle Haar angefühlt hatte, so glatt und widerspenstig wie ein Seehundfell.
Sie dachte über die Frage nach. Warum wollte er Dinge wissen, nach denen sie noch kein Mensch gefragt hatte … und warum bewegte sie das? Zwar analysierte sie mit Vorliebe die Reaktionen und Gefühle anderer Leute, nicht aber die eigenen. Doch irgendetwas zwang sie dazu, ihm aufrichtig zu antworten.
„Wahrscheinlich“, sagte Amanda zögernd, „beneide ich meine Schwestern insgeheim um ihre Kinder. Aber auf keinen Fall möchte ich mit einem ihrer Männer verheiratet sein. Ich habe mir immer jemanden gewünscht, der … der ganz anders ist.“ Als sie nachdenklich schwieg, hielt sich auch Devlin zurück und schwieg. Die wohltuende Stille im Raum machte ihr das Weiterreden leicht. „Ich konnte nicht akzeptieren, dass das Verheiratetsein nicht so ist, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich war immer der Meinung, Liebe sei … wild und unwiderstehlich. Dass sie einen vollkommen in Beschlag nähme. Wie es in Büchern, Gedichten und Balladen beschrieben wird. Aber das traf nicht bei meinen Eltern zu, nicht bei meinen Schwestern und auch nicht bei den Bekannten in Windsor. Und doch … ich habe immer gewusst, dass ihre Ehen richtig waren und meine Vorstellungen davon falsch.“
„Warum?” Die blauen Augen waren erwartungsvoll auf sie gerichtet.
„Weil es nicht durchführbar ist. Die Liebe, wie ich sie mir vorstelle, ist nicht von Dauer.“
Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem betörenden Lächeln. „Woher wissen Sie das?“
„Weil das jeder sagt. Und es macht Sinn.“
„Und Sie sind dafür, dass sich die Dinge vernunftgemäß entwickeln.“
Sie blitzte ihn angriffslustig an. „Und was, darf ich fragen, ist daran falsch?“
„Nichts.“ Wieder dieses verführerische Lächeln. „Aber eines Tages, meine Teuerste, wird die Sentimentalität über Ihre praktische Natur triumphieren. Und ich hoffe, ich bin da, wenn dies geschieht.“
Amanda beherrschte sich, um ihm nicht in die Falle zu gehen. Beim Anblick dieses gut aussehenden Mannes im Kerzenschein, über dessen Gesicht Licht und Schatten huschten, fühlte sie sich benommen und hilflos.
Sie sehnte sich danach, ihm mit den Fingern durch das dichte Haar zu fahren, die samtene, feste Haut zu berühren, den Puls an der Kehle zu fühlen. Sie wollte, dass er schwer atmete, dass er ihr wieder gälische Worte ins Ohr flüsterte. Wie viele Frauen sich wohl danach sehnen, ihn zu besitzen, dachte sie in einem plötzlichen Anflug von Melancholie. Ob es jemals einem Menschen gelang, Jack Devlins wahres Ich kennen zu lernen? Hatte er jemals einer Frau Einblicke in die Geheimnisse seines Herzens gewährt?
„Was ist mit Ihnen?“, fragte sie. „Für einen Mann wie Sie wäre die Ehe doch ein praktisches Arrangement.“
Devlin lehnte sich wieder zurück und betrachtete sie mit einem verstohlenen Lächeln. „Wie meinen Sie das?“, fragte er in einem milden Ton, der aber unterschwellig herausfordernd war.
„Ich würde sagen, Sie brauchen eine Ehefrau, die Ihre privaten Dinge regelt, sich als Gastgeberin bewährt und Ihnen eine gute Kameradin ist. Und Sie werden sich doch Kinder wünschen. Wem sonst sollten Sie Ihren Verlag und Ihr Vermögen hinterlassen?“
„Ich brauche nicht zu heiraten, um Gesellschaft zu haben , wies er sie zurecht. „Und es schert mich einen Dreck, was mit meinem Besitz geschieht, wenn ich nicht mehr bin. Außerdem gibt es auf der Welt genug Kinder – ich erweise der Bevölkerung nur einen Gefallen, wenn ich ihre Zahl nicht weiter erhöhe.“
„Aus Kindern scheinen Sie sich wirklich nichts zu machen“, stellte sie fest und hoffte, er würde diese Aussage zurücknehmen.
„Nicht besonders.“
Amanda überraschte seine Offenheit. Menschen, die Kinder nicht mochten, versuchten dies für gewöhnlich zu verbergen. Es galt als Tugend, Kinder in den Himmel zu loben, auch die Gören, die ungezogen herumbrüllten und sich allgemein unbeliebt machten.
„Vielleicht ändert sich Ihre Einstellung, wenn Sie eigene Kinder haben“, wandte sie ein und gebrauchte eine abgedroschene Weisheit, die man ihr oft vorgebetet hatte.
Devlin hob die Schultern und antwortete, ohne zu zögern. „Das bezweifle ich.“
Das Thema Kinder schien jegliche Intimität zwischen ihnen vertrieben zu haben. Devlin legte die
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