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Nacht der Leidenschaft

Nacht der Leidenschaft

Titel: Nacht der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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trauere ich auch nicht nach. Es wird erfrischend sein, Weihnachten bei einem Fest mit vielen neuen Gesichtern zu feiern.“ Sie komplimentierte ihn aus dem Esszimmer heraus, als ob sie argwöhnte, er könnte so unhöflich sein und die Einladung im letzten Moment zurücknehmen. „Ich möchte Sie nicht länger aufhalten, Mr. Devlin, zumal Sie ja angedeutet haben, dass Sie aufbrechen müssen. Gute Nacht.“ Sie läutete nach dem Mädchen. Bevor Jack begriff, was geschehen war, stand er bereits mit Hut und Mantel vor der Haustür.
    Auf den Treppen knirschte der Sand unter den Schuhsohlen, den man auf die vereisten Stellen gestreut hatte. Jack schob die Hände in die Manteltaschen. In Gedanken verloren, ging er auf seine wartende Kutsche zu, während der Kutscher die Pferde zur Abfahrt vorbereitete. „Warum, zum Teufel, hast du das getan?“, sagte Jack zu sich selbst.
    Der unerwartete Verlauf des Abends hatte ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. Er hatte eigentlich nur ein oder zwei Stunden in Amandas Gesellschaft verbringen wollen, und nun hatte der Abend damit geendet, dass er sie zu Weihnachten zu sich nach Hause eingeladen hatte.
    Jack stieg in die Kutsche. Er saß verspannt auf dem Sitz, der Rücken berührte kaum die feinen Lederpolster, und die Hände lagen auf seinen Knien. Er fühlte sich bedroht, aus dem Lot geworfen, als ob die Welt, die er bis jetzt als zufriedener Zeitgenosse bewohnt hatte, plötzlich eine grundlegende Veränderung erfahren hätte, die seine Fähigkeit der Anpassung überschritt. Irgendetwas geschah mit ihm, und das gefiel ihm nicht.
    Wie es aussah, hatte eine kleine alte Jungfer seinen sorgsam errichteten Verteidigungswall durchbrochen. Er wollte diese Frau erobern, wünschte aber gleichzeitig, sie nie mehr wieder zu sehen. Aber keines von beidem schien möglich. Zu allem Übel war Amanda eine anständige Frau, die mit einer Affäre oder einem Liebesgeplänkel nicht zufrieden sein würde. Sie wollte das Herz des Mannes besitzen, auf den sie sich einließ. Sie war zu stolz und zu willensstark, um sich mit weniger zu begnügen. Aber sein versteinertes Herz öffnete sich weder ihr noch einem anderen Menschen.

Kapitel 8
    „Vom Himmel her erklinget sie, die alte, schöne Melodie; es mischen sich zum süßen Klang der Engel und der Kinder Gesang …“
    Amanda lächelte, als sie fröstelnd an der offenen Tür stand und mit Sukey und Charles dem Gesang der Kinder auf der Treppe vor dem Haus lauschte. Die kleine Schar von Jungen und Mädchen, angetan mit dicken, handgestrickten Schals und tief herabgezogenen Mützen, die ihre Gesichter halb verdeckten, trällerte die fröhliche Melodie; nur die roten Nasenspitzen und die weißen Atemwölkchen waren beim Singen zu sehen.
    Als sie das Lied beendet hatten und den letzten Ton so lange wie möglich hielten, klatschten Amanda und die Dienstboten begeistert in die Hände. „Hier, das ist für euch“, sagte Amanda und gab dem größten der Kinder eine Münze. „Wie viele Häuser wollt ihr heute noch besuchen?“
    Ein großer Junge antwortete mit einem schweren Cockney-Akzent. „Noch eins, Miss, und dann wird’s Zeit, dass wir uns auf den Heimweg zum Weihnachtsessen machen.“
    Amanda lächelte die Kinder an. Manche traten von einem Fuß auf den anderen, um die kalten, taub gewordenen Zehen aufzuwärmen. Es war üblich, dass viele Kinder am Weihnachtstag singend von Haus zu Haus zogen, um für die Familie ein Zubrot für die Feiertage zu verdienen. „Dann nehmt noch das“, sagte sie und suchte in dem Täschchen an ihrem Taillenband nach einer weiteren Münze. „Nehmt das und geht gleich nach Hause. Ihr sollt nicht noch länger in der Kälte stehen, sonst holt ihr euch alle einen Schnupfen.“
    „Vielen Dank, Miss“, sagte der große Junge und strahlte. „Fröhliche Weihnachten, Miss!” Die Kinderschar rannte eilig die Treppen hinab, weg vom Haus, als befürchteten sie, Amanda könnte ihre Großzügigkeit bereuen.
    „Miss Amanda, Sie sollten mit Ihrem Geld nicht so freigiebig sein“, schalt Sukey und folgte ihr ins Haus. Schnell schloss sie die Tür, als eine Windbö bitterkalte Luft herein blies. „Hätte den Kindern nichts geschadet, ein bisschen länger draußen zu bleiben.“
    Amanda lachte und zog die wollene Stola fester um sich. „Schimpf nicht, Sukey, es ist Weihnachten. Komm, jetzt müssen wir uns beeilen … Mr. Devlins Kutsche wird mich gleich abholen.“
    Während Amanda an der Weihnachtsparty in Jack Devlins Haus teilnahm,

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