Nacht der Seelen - Armintrout, J: Nacht der Seelen
schwer es ist, zischte Dahlia in meinem Kopf. Von dort wirst du nicht wiederkommen.
Das brauchte sie mir nicht zu sagen, ich konnte es spüren.
Nathan küsste mich wieder, aber jetzt hatte er etwas anderesim Sinn. Ich legte meine flache Hand gegen die straffe glänzende Haut auf seiner Brust und schob ihn sanft zurück. „Du bist noch nicht wieder gesund.“
„Dann musst du eben ganz vorsichtig mit mir sein.“
Es war viel vorsichtiger und sanfter, als jemals zuvor und dauerte viel, viel länger. Ich bin sicher, dass er die gleiche Unsicherheit, was die Zukunft anging, und die gleiche Dringlichkeit spürte wie ich. Aber aus diesem Drängen, dem wir nicht nachgaben, entstand eine unglaubliche Spannung. Der größte Unterschied lag dieses Mal darin, dass, wenn er sagte, dass er mich liebte, es für mich nicht so klang, als sagte er das nur mir zuliebe.
Später, als Nathan erschöpft neben mir eingeschlafen war, dachte ich darüber nach, was er gesagt hatte. Er liebte mich, vielleicht mehr als Marianne. Natürlich wollte ich so etwas hören, egoistisch, wie ich war. Jetzt, wo es für mich so unglaublich schwierig war, ihn aufzugeben, jetzt sprach er diese Worte zu mir.
Es war unfair, aber ich wollte ihm so gern glauben.
Die Zeit verging zu schnell bis zu jener Nacht, in der das Ritual des Souleaters stattfinden sollte. Wenn es nach Ziggy ging, kam die Exekution für einen Gefangenen in der Todeszelle immer zu früh, aber das waren einfach nur seine negativen Gedanken. Bill hatte die ganze Zeit, wenn sie auch nur kurz war, versucht, Ziggy aus dieser mentalen Endlosschleife zu befreien.
Bill wachte verschlafen auf und drehte sich um. „Bist du immer noch wach?“
„Ich kann nicht schlafen. Ich nehme an, ich bin einfach zu aufgeregt.“ Ziggy ließ sich auf den Stapel Wolldecken hinabgleiten. „Wie ein Kind zu Weihnachten.“
„Als ich klein war, haben wir Weihnachten nie großgefeiert.“ Bill drehte sich wieder auf die andere Seite und wandte ihm den Rücken zu. „Versuch doch, ein wenig Schlaf zu bekommen.“
Ziggy legte sich neben ihn und schlang einen Arm um seine Hüfte. „Ich will nicht den ganzen Tag damit verschwenden zu schlafen. Was, wenn morgen einer von uns stirbt?“
„Sieh mal, ich bin echt müde. Aber wenn das ein Argument sein soll, Sex zu haben, dann ist das nicht schlecht.“ Bill drehte sich zu Ziggy um und begann, seinen Hals zu küssen.
Ziggy schob ihn von sich fort. „Das meine ich nicht.“ „Dann bin ich ganz umsonst aufgewacht“, witzelte Bill und ließ seine Hand Ziggys Bauch hinunterwandern.
„Warte, warte.“ Ziggy hielt Bills Hand fest, obwohl er sich recht schnell von der Sex-Idee überzeugen ließ. „Ich will nicht sterben … ohne dass ich dir einige Dinge gesagt habe.“
„Ach, du meinst, du willst nicht sterben, ohne dich vorher von mir verabschiedet zu haben? Dann bin ich wirklich umsonst aufgewacht.“ Bill versuchte, sich wieder umzudrehen, aber Ziggy hielt ihn fest.
„Ich will dir nicht Tschüss sagen. Wenn du getötet wirst, dann werden wir gar nicht so lange getrennt sein.“ Ziggy seufzte frustriert. „Ich möchte nur, dass du einige Dinge weißt, für den Fall der Fälle.“
Bill schüttelte den Kopf. „Das ist dasselbe. Aber schieß los. Sag, was du sagen willst, ich höre zu.“
Da er nun die Erlaubnis dazu hatte, war sich Ziggy nicht mehr sicher, womit er anfangen sollte. Zwar war er Bills Schöpfer, aber es war ja nicht so, dass sie sich schon lange kannten und große Schritte bezüglich ihrer Beziehung gemacht hätten, außer sich vielleicht daran zu erinnern, wer was wo im Bett gern mochte.
Wie sollte er Bill also sagen, was er zu sagen hatte, ohne wie ein Psychofall zu klingen? Womit sollte er die lange, lange Liste beginnen, was er alles an Bill schätzte: von der undefinierbaren Farbe seiner Haare bis zu der Art, wie er das „R“ aussprach? Er wollte nicht zu einer dieser echten Kletten werden, die nach der ersten Verabredung schon über die Namen ihrer Kinder nachdachten.
„Ich liebe dich“, platzte er heraus, um dann festzustellen, dass vielleicht die Liste der Dinge, die er an Bill cool fand, die bessere Wahl gewesen wäre.
„Verstehe.“ Bill schaute ihm nicht in die Augen. „Na, das ist dumm, so etwas zu sagen, wenn man mal die Umstände betrachtet.“
Ziggy drehte sich auf den Rücken und starrte an die Decke, an der die Deckenbalken zu sehen waren. Er versuchte, das Geräusch aus dem Videospiel, in dem Pac-Man stirbt
Weitere Kostenlose Bücher