Nacht der Seelen - Armintrout, J: Nacht der Seelen
auch.“
Ich blieb, wo ich war. Nathan war so entnervt von mir und der Welt, dass ich ihm nicht nachgehen wollte. Ich lag auf dem Boden, endlich war mein Kopf leer, bis die Sonne aufging und mein Rücken anfing weh zu tun. Ich sollte zu Bett gehen.
Nathan war im Schlafzimmer, aber er schlief nicht. Er saß auf der Bettkante, immer noch angezogen. Wahrscheinlich hatte er sich nicht mehr bewegt, seitdem er sich dort hingesetzt hatte. Ich ließ mich neben ihn nieder, ohne ihn zu berühren. Er sah mich nicht an.
„Ich mag die Idee, dass du dein Leben normal weiterführst, auch nicht. Aber das wirst du tun. Nathan, du bist so. Egal, wie wenig du glaubst, überleben zu können, du schaffst es. Und du hast auf alle Fälle schon Schlimmeres überstanden.“ Ich hielt inne und zwang mich, die Tränen hinunterzuschlucken, die mir in den Augen brannten.
„Vielleicht geschieht all das aus einem Grund. Vielleicht gibt es mich aus einem bestimmten Grund. Wenn ich einfach allein geblieben wäre, wenn ich versucht hätte, allein mit der Tatsache klarzukommen, dass ich ein Vampir bin, dann hätte ich weder dich noch Cyrus kennengelernt und wüsste nichts von einem Souleater. Dann hätte ich allerdingsauch nicht die Chance bekommen, ihn zu zerstören.“
„Na, ich hoffe, du verzeihst mir, wenn ich Gott nicht dafür danke, dass du eine himmlische Mission hast.“ Seine Worte klangen bitter wie Gift. „Du hast recht, ich habe es überlebt, dass ich die Frau, die ich liebte, getötet habe. Ich habe nie daran geglaubt, dass ich so etwas noch einmal durchmachen müsste.“
Er stand auf, strauchelte, fing sich aber wieder und wackelte hinüber zur Kommode, auf die er sich stützte. „Zwischen Marianne und dir waren siebzig Jahre vergangen. Ich liebe dich, Carrie. Vielleicht liebe ich dich mehr, als ich meine Frau geliebt habe. Und das liegt nicht nur an den Blutsbanden oder daran, dass ich jetzt ein anderer Mensch bin. Ich liebe dich, und ich glaube nicht, dass ich danach einfach so weiterleben kann. Ich kann mir nicht vorstellen, mit einer anderen Frau zusammen zu sein, noch nicht mal körperlich, und das interessiert mich auch nicht. Es wird mir schlecht, wenn ich daran denke, dass ich eines Tages eine Fremde so in meinen Armen halten sollte, wie ich dich festgehalten habe. Sie anzufassen, ihr zu sagen, dass ich sie liebe. Das ist unmöglich.“
„So wird es aber sein.“ Ich konnte nicht glauben, dass ich ihn in diesem Glauben unterstützte, aber es stimmte, da war ich mir sicher. „Eines Tages wirst du es wieder können.“
„Nein.“ Er drehte sich zu mir um, ohne die Hände von der Kommode zu nehmen. „Du bist die zweite Frau, der ich diese Worte gesagt habe. Und nachdem mit Marianne alles schief gelaufen war, nicht nur ihr Tod, sondern auch alles, was zwischen uns falsch war, bevor sie starb, hatte ich nie daran geglaubt, jemals wieder einen Menschen lieben zu können. Und nun habe ich dich, und ich kann es nicht fassen, wie blind ich damals gewesen sein muss. Aber, Carrie, was wir haben, das ist anders als damals. Ich werde niemalswieder eine solche Chance haben.“
„Dann probier den Zauberspruch aus.“ Ich wollte, dass er daran glaubte, auch wenn ich es nicht tat. „Du versuchst es, und wenn es funktioniert, ist alles so wie bisher. Und wenn es nicht funktioniert, dann gehst du deinen Weg allein weiter. Und du wirst nie aufhören, mich zu vermissen, so wie du nie aufgehört hast, dich nach Marianne zu sehnen. Und es wird weh tun, und du wirst leiden, Nathan, du aber wirst ewig leben. Du wirst eine weitere Chance bekommen.“
Er kam auf das Bett zu und setzte sich neben mich. „Ich werde so lange leben, bis wieder so etwas passiert. Bis mich wieder jemand bei lebendigem Leibe häutet.“
„Dann solltest du dir deine Freundinnen besser aussuchen.“
Wir lachten. Es wäre Masochismus gewesen, diese Gelegenheit nicht zu ergreifen, die Spannung durch Humor zu lösen. Er küsste mich, hielt mein Gesicht in seinen Händen, die ich mit meinen bedeckte. Als er sich zurückzog, verschränkte er unsere Finger, ließ sie auf die Bettdecke sinken und lehnte seine Stirn an meine. „Es wird keine anderen geben. Das ist mein Ernst, Carrie. Ich werde den Rest meines Lebens damit verbringen, zu versuchen, dich wieder zurückzuholen.“
Ich erwiderte nichts. Er wollte mich trösten, wenn es aber so einfach wäre, Tote wieder zum Leben zu erwecken, dann würden mehr Tote herumlaufen.
Du hast überhaupt keine Ahnung, wie
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