Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall
Wieso denn mit mir? Was ist denn eigentlich los? Haben Sie Rolf gefunden? Mir tut er einfach Leid, weil immer alle auf ihm rumhacken!» Sie unterbrach ihren hastigen Wortschwall und drückte die Zigarette am Brunnenrand aus.
«Rolf Berger ist tot», erwiderte Laura sanft. «Wir haben ihn gefunden.»
«Er ist was!?» Monika starrte Laura und Guerrini entsetzt an. «Wieso tot? Er kann nicht tot sein!» Mit zitternden Händen zog sie ein Zigarettenpäckchen aus ihrer Blusentasche. Es fiel zu Boden. Guerrini bückte sich, hob es auf, schüttelte eine Zigarette heraus und hielt sie der jungen Frau hin. Sie griff danach, ohne sich zu bedanken.
«Warum kann er nicht tot sein?», fragte Laura.
«Weil, weil er heute Nacht noch gelebt hat. Weil … er hat sich umgebracht, nicht wahr? Ich hab’s gewusst, dass er sich umbringt! Mein Bruder hat sich umgebracht! Er ist genauso weggelaufen wie Rolf! Ich wollte ihm nachgehen … ich wusste es!» Sie stammelte, schluchzte auf, suchte in allen Taschen nach einem Feuerzeug.
«Wem wollten Sie nachgehen?»
«Meinem Bruder! Aber ich hab’s nicht getan! Ich … konnte nicht! Ich war wie gelähmt!» Endlich hatte sie ihr Feuerzeug gefunden, doch sie zitterte so sehr, dass Guerrini es ihr aus der Hand nahm und ihr half. Monika inhalierte tief, hustete ein bisschen.
«Wollten Sie auch Rolf Berger nachgehen?», fragte Laura.
«Ja! Er … rannte raus in die Dunkelheit. Ich bin ihm nach … bis zum Ende des Hofs. Aber ich … fürchte mich, wenn es so dunkel ist. Ich hab ihn gerufen, aber er ist einfach weiter … Dann hab ich mich auf den Brunnen gesetzt und eine Zigarette geraucht. Ich wollte auf ihn warten. Aber er kam nicht zurück!»
«Haben Sie einen Zeugen dafür, dass Sie ihm nicht nachgegangen sind?»
«O mein Gott! Sie werden doch nicht denken … Ist er umgebracht worden?» Monika warf die Zigarette in den Sand und bedeckte ihr Gesicht mit beiden Händen.
«Er ist erschlagen worden», sagte Laura leise. «Er hat sich nicht umgebracht.»
Die junge Frau umschlang ihren Oberkörper mit beiden Armen.
«Ich will hier weg», flüsterte sie heiser. «Ich halte das nicht mehr aus. Da ist jemand, der einen nach dem andern umbringen will. Bringen Sie mich weg! Bitte! Bringen Sie mich weg!»
«Sie müssen nicht mehr lange bleiben», antwortete Laura, versuchte ihrer Stimme einen beruhigenden Klang zu geben. «Die Ermittlungen werden bald abgeschlossen sein. Ich muss aber trotzdem wissen, ob jemand gesehen hat, dass Sie hier am Brunnen saßen.»
«Ja, natürlich … natürlich. Es ist … Britta hat bei mir gesessen. Dann sind wir schlafen gegangen. Britta war auch total aufgeregt. Ich weiß nicht, was letzte Nacht in Katharina gefahren war. Sie hat uns völlig auseinander genommen … o mein Gott! Der arme Rolf!» Monikas Schultern zuckten.
«Monika …», Laura zögerte. «Hören Sie. Ich kann verstehen, dass Sie erschüttert und durcheinander sind. Aber könnten Sie sich bitte noch einen Augenblick konzentrieren. Es ist wichtig! Hat jemand das Kloster verlassen, als Sie am Brunnen saßen? Oder haben Sie einen Schatten gesehen? Irgendwas?»
Monika wischte sich mit dem Handrücken über die Nase, schniefte wie ein kleines Mädchen.
«Katharina ist ums Haus gegangen. Eine von den Französinnen war bei ihrem Auto und hat was rausgeholt. Sonst kann ich mich an nichts erinnern.»
«Wo waren Hohenstein, Rosa Perl und Susanne Fischer?»
«Ich … warten Sie. Hubertus und Susanne standen auf der Terrasse, jedenfalls glaub ich das. Hubertus hat seine Pfeife geraucht. Aber ich hab keine Ahnung, wo Rosa war.»
«Als Sie zu Bett gingen, da mussten Sie doch durch den Gruppenraum. Lag Rosa Perl da auf ihrer Matratze?»
Monika sah Laura aus rot verweinten Augen an.
«Ich weiß es nicht. Kann sein. Aber vielleicht war es nur ihr Schlafsack. Jedenfalls hat sie nichts gesagt, und wir dachten, dass sie schon schlafen würde.»
«Hubertus Hohenstein und Susanne Fischer waren noch auf der Veranda?»
«Nein … doch! Hubertus war noch da. Susanne hab ich nicht gesehen.»
«War sie vielleicht im Bad?»
Monika schüttelte den Kopf.
«Nein, da war sie nicht. Ich bin nämlich aufs Klo. Bad und Klo sind in einem Raum. Kann aber sein, dass sie schon in ihrem Zimmer war. Sie schlief ja allein, seit Carolin … o mein Gott, ist das schrecklich!» Wieder brach sie in heftiges Schluchzen aus. Wortlos reichte Guerrini ihr ein Papiertaschentuch.
Laura setzte sich neben die junge
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