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Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Titel: Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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unten, legte aber den ersten Gang ein und fuhr zögernd an. Der Alte riss den Mund auf, doch sie konnten ihn nicht verstehen, der Motorenlärm verschluckte seine Stimme. Nur den dritten Schuss hörten sie. Er traf den Kühler des Jeeps. Pucci fuhr schneller. Der alte Mann fuchtelte wieder wild mit Armen und Gewehr, stolperte rückwärts zum Haus, erreichte die Tür und schlug sie zu.
    «Fahren Sie ganz dicht ans Haus!», sagte Guerrini.
    Pucci bog kurz vor dem Haus nach links, setzte zurück und parkte den Wagen so nah an der Hauswand, dass Guerrini die Tür gerade noch öffnen konnte.
    «Wartet!» Laura hielt Guerrini an der Schulter zurück.
    «Was ist?» Er wandte sich um.
    «Ich habe das Gefühl, dass wir gar nicht so bedroht sind. Ich glaube, Giuseppe Rana ist in viel größerer Gefahr!»
    «Das ist im Augenblick meine geringste Sorge!», knurrte Pucci. «Meinetwegen kann der Alte dem Kerl eine Kugel in den Schädel jagen. Ich habe drei Kinder, fünf Enkel und eine alte Mutter. Für diesen Verrückten werde ich meinen Kopf nicht hinhalten, ganz bestimmt nicht. Sie können reingehen, wenn Sie wollen. Ich bleibe im Wagen und rufe Verstärkung!»
    «Fertig?», fragte Guerrini mit ruhiger Stimme.
    «Was?»
    «Ich will nur wissen, ob Sie fertig sind, Pucci.»
    Der Maresciallo seufzte.
    «Ja, ich bin fertig.»
    «Sie werden uns Deckung geben, Pucci. Die Commissaria und ich versuchen, ins Haus zu kommen. Aber ich  verbiete Ihnen, Verstärkung zu rufen. Es ist vollkommen schwachsinnig, eine Armee gegen diesen alten Mann aufmarschieren zu lassen. Geben Sie der Commissaria Ihre Pistole und nehmen Sie Ihre Schnellfeuerwaffe!»
    Pucci zögerte.
    «Ich trenne mich nicht gern von meiner …»
    «Her damit!» Guerrini streckte die Hand aus.
    Pucci nahm umständlich die Pistole aus dem Halfter und reichte sie ihm. Laura beobachtete das Haus. Nichts rührte sich. Der Wagen stand genau zwischen den kleinen Fenstern, gut geschützt. Wahrscheinlich konnte der Alte sie nicht einmal sehen. Sie versuchte sich vorzustellen, was hinter den Steinmauern vor sich ging. Warum war Franco nicht mehr aufgetaucht? Als Guerrini ihr Puccis Waffe in die Hand drückte, sah sie ihn fragend an.
    «Glauben Sie wirklich, dass wir eine Waffe brauchen, Commissario?»
    «Das werden wir sehen. Es ist immerhin besser, eine zu haben, Signora Commissaria!»
    «Und jetzt?», fragte Pucci.
    «Jetzt kriechen wir ums Haus herum. Ich links herum, die Commissaria rechts. Vielleicht finden wir einen Eingang. Sie bleiben im Wagen und passen auf … wegen der Enkelkinder und all den andern!» Guerrini zwängte sich nach draußen, wartete neben der Haustür, den Rücken an die Mauer gepresst. Laura folgte ihm, stellte sich so dicht hinter ihn, dass sie die Wärme seines Körpers spürte.
    «Also los!», sagte er leise. «Und pass auf!»
    Geduckt schlich er zwischen Wand und Jeep weiter, kroch unter dem Fenster durch und verschwand um die Hausecke. Laura wandte sich um und lief in die andere Richtung. Von drinnen war kein Laut zu hören. Die Ziegen rissen noch immer an ihren Stricken, stießen mit den Köpfen und meckerten aufgeregt. An der Seitenwand des Hauses war keine Tür. Nicht einmal ein Fenster. Ein paar Hühner scharrten unter den Kastanien, hatten die Schüsse schon vergessen. Laura kroch durch einen Gemüsegarten und erreichte die nächste Hausecke.
    Hinterm Haus lagen noch zwei kleine Gebäude, Schuppen und Ställe, aus groben Steinen zusammengefügt. Dazwischen verrostete Gerätschaften, das Skelett eines Cinquecento. Es erinnerte Laura an ein vergessenes Spielzeug, und gleichzeitig mit diesem Gedanken wuchs ihre Sorge um Giuseppe. Sie richtete sich auf, bewegte sich langsam an der Mauer entlang, die Waffe im Anschlag. Auf der anderen Seite tauchte Guerrini auf. Von zwei Seiten näherten sie sich der schmalen Treppe, die vom Haus in den Hinterhof führte. Es waren nur drei Stufen aus rissigem Beton. Guerrini ging zuerst hinauf, untersuchte die Holztür, drückte langsam die Klinke. Die Tür war offen. Er nickte Laura zu. Lautlos stand sie gleich darauf hinter ihm.
    Die Tür knarrte, als Guerrini sie aufschob, doch drinnen rührte sich nichts. Sie fanden eine Art Rumpelkammer, feucht und dunkel, eine zweite Tür, die offensichtlich zu den Wohnräumen führte. Guerrini stieß einen Plastikeimer um, fluchte kaum hörbar. Auch die zweite Tür war nicht abgesperrt. Zentimeter für Zentimeter drückte Guerrini sie auf. Sie konnten einen finsteren Flur sehen,

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