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Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Titel: Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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ich durch!» Laura schüttete ihren Espresso ins Spülbecken. Schon der erste Schluck hatte in ihrem Magen eine Art Säureschock ausgelöst.
    «Eigentlich hab ich eine Verabredung. Es kommt ein bisschen plötzlich!» Er ließ den Kaffee in seiner winzigen Tasse kreisen und beobachtete die schwarze Flüssigkeit so interessiert, als könnte er die Zukunft aus ihr lesen.
    «Für mich kommt es auch ein bisschen plötzlich! Und ich glaube nicht, dass wir dich im letzten Jahr übermäßig in Anspruch genommen haben. Ich brauche dich, Ronald! Luca und Sofia brauchen dich!»
    Ronald antwortete nicht, sondern starrte immer noch in die Tasse. Laura fiel auf, dass der Kragen seines dunkelblauen Hemds ein wenig abgestoßen war, und erinnerte sich gleichzeitig, dass er im letzten Monat die Alimente nicht bezahlt hatte.
    Er hat wieder Mal kein Geld, dachte sie. Ich muss Haushaltsgeld dalassen, damit sie über die Runden kommen, solange ich weg bin. Eigentlich machte es sie wütend, aber sie schüttelte ihre Wut ab. Es hatte keinen Sinn, auch noch Kraft in Ärger über Ronald zu stecken, hatte noch nie Sinn gehabt, denn es änderte nichts. Er würde es nie lernen, rechtzeitig genügend Aufträge an Land zu ziehen, um einigermaßen leben zu können. Seit zehn Jahren strauchelte er von Auftrag zu Auftrag, fiel in tiefe Löcher, kletterte mühsam wieder nach oben, fiel wieder. Bei fast allen Freunden hatte er Schulden – bei Laura ebenfalls und bei seinem Schwiegervater. Laura wusste, dass er diese Schulden niemals zurückzahlen würde, und sie dankte insgeheim ihrem Vater, der bei der Eheschließung auf Gütertrennung bestanden hatte.
    «Glaubst du wirklich, dass Luca und Sofia mich brauchen?» Ronald lächelte Laura unsicher zu.
    «Natürlich brauchen sie dich! Sofia hat Probleme mit Mathe. Das muss nicht immer Luca ausbaden. Er ist nicht ihr Vater. Und Luca tut es ganz gut, wenn er mal eine Weile mit einem Mann lebt und nicht dauernd mit dieser weiblichen Übermacht!»
    Laura ging an Ronald vorbei in den Flur, stellte sich vor den großen Spiegel und kämmte ihr Haar. Die braunen Locken standen nach allen Seiten ab. Ihre Mutter hatte immer gesagt, dass Laura sie an eine Katze erinnere, weil sich ihre Haare aufstellten, wenn sie sich aufregte.
    O Mama, dachte Laura, und eine dunkle warme Woge aus Schmerz und Liebe durchflutete ihren Körper. Warum bist du nicht mehr da, Mama? Sie kniff die Augen zusammen, um die Tränen wegzupressen. Die Trauer um ihre Mutter kam stets wie eine Art Überfall, selbst nach all den Jahren. Schien in einem Winkel ihres Herzens zu lauern und immer dann hervorzubrechen, wenn sie nicht damit rechnete.
    «Ist was?» Ronalds Stimme riss Laura aus ihren Gedanken.
    «Nein!» Sie atmete vorsichtig ein. «Ich werd jetzt zu Vater fahren. In der Gefriertruhe ist Pizza. Die Kinder werden in einer halben Stunde nach Hause kommen.»
    «Aber …»
    «Ich wär dir sehr dankbar, wenn du deine Verabredung einfach vergessen würdest! Das kannst du doch sonst ganz gut, oder?»
    Ronald senkte den Kopf und seine Lippen zuckten nervös.
    Ich hab ihn getroffen, dachte Laura. Dabei wollte ich das gar nicht. Es ist mir einfach so rausgerutscht. Der volle Schlag auf eine seiner vielen Schwachstellen. Wie oft hatte er Verabredungen mit ihr einfach vergessen? Wie oft hatte sie eine Stunde oder mehr in einem Restaurant oder vor einem Denkmal auf ihn gewartet? Wie oft hatten andere gewartet?
    «Ich mach das hier, weil ich meine Kinder gern habe!», sagte Ronald leise. «Aber ich mach es nicht, wenn ich mir deine verdammten Vorwürfe anhören muss!» Er zog ein zerknautschtes Zigarettenpäckchen aus der Brusttasche seines Hemds.
    «Es tut mir Leid!» Laura griff nach ihrer Jacke.
    «Es tut dir überhaupt nicht Leid!» Ronalds Stimme wurde lauter. Er klopfte eine krumme Zigarette halbwegs gerade und steckte sie in den Mundwinkel.
    «Doch, es tut mir Leid! Ich wollte dich nicht verletzen! Es ist nur so, dass man dir nie die Wahrheit sagen  darf, weil du es nicht aushältst!» Laura stand schon vor der Haustür. Er folgte ihr, heftig an seiner Zigarette ziehend.
    «Kommt darauf an, wie man diese Wahrheit präsentiert! Wenn sie als Ohrfeige kommt, dann kannst du nicht erwarten, dass andere begeistert sind!»
    «Okay! Es war nicht gut! Soll ich auf die Knie fallen?» Laura öffnete die Wohnungstür.
    «Hau schon ab! Ich bleibe! Aber ich tu’s nur für die Kinder, dass du klar siehst!»
    «Für wen sonst?», murmelte Laura, knallte die

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