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Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Titel: Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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die in diesem Land unsichtbar und sehr eng verlaufen. Sehen Sie, ein Mord wie der an Carolin Wolf ist eine ziemlich harmlose Geschichte, gemessen an Fällen von organisiertem Verbrechen.»
    «Vielleicht – aber ich bin sicher, dass auch hinter diesem Fall etwas steckt, das mehr ist als nur ein simpler Mord. Ein Symptom, das etwas über Menschen sagt. Schauen Sie sich diesen Rolf Berger an. Er sucht fast zwanghaft Bestätigung durch Frauen, und wenn man ihn genau betrachtet, ist er ein wehleidiger Egozentriker, der wahrscheinlich nur seine innere Leere verdecken will.»
    Guerrini schob sein Weinglas hin und her.
    «Ja, vielleicht», murmelte er. «Aber urteilen Sie nicht etwas zu hart über ihn? Hatten Sie noch nie das Bedürfnis, eine innere Leere irgendwie zu füllen, ganz gleich wie? Weil Sie es nicht mehr ausgehalten haben?»
    Laura sah Guerrini nachdenklich an.
    «Doch», entgegnete sie nach einer Weile zögernd, «aber ich habe zwei Kinder, und Kinder lassen Erwachsenen kaum Zeit, innere Leere zu empfinden.»
    «Da haben Sie Glück, nicht wahr?» Er sah auf seine Hände, die ruhig auf dem Tisch lagen.
    «Ja», sagte Laura leise. «Vielleicht ist das Glück.» Und sie dachte daran, dass Guerrini keine Kinder hatte, fühlte sich schuldig, weil sie sich auf ihre Kinder berufen hatte. Er betrachtete noch immer seine Hände, und das plötzliche Schweigen zwischen ihnen dehnte sich schmerzhaft, ließ den Lärm des Fernsehers unerträglich laut erscheinen. Wie ein hilfreicher dicker weißer Engel erschien zum Glück die Köchin und stellte eine Platte mit Kaninchenbraten auf den Tisch. Kräuterdüfte stiegen auf, Rosmarin, Thymian und ein Hauch von Knoblauch.
    «Delicioso, Serafina!» , sagte Guerrini so ernst, dass die Köchin ihre Augenbrauen hochzog und ihn forschend musterte. Dann warf sie Laura einen fragenden Blick zu, zuckte die Achseln und holte eine zweite Platte mit knusprigen Kartoffelschnitzen.
    «Tutto bene, Commissario?» Sie wischte sich verlegen die Hände an ihrer Schürze ab.
    « Tutto benissimo, Serafina! Bring uns bitte noch einen halben Liter Rotwein!»
    Serafina nickte und verschwand hinter der Theke.
    «Vielleicht sollten wir dieses Thema lieber lassen und die innere Leere mit Kaninchenbraten füllen», schlug Guerrini vor und versuchte ein Lächeln.
    «Sind Sie denn … innerlich leer, Angelo?» Laura wusste selbst nicht, warum sie diese Frage stellte, hätte sie am liebsten zurückgenommen, spürte, dass sie dabei war, eine unsichtbare Grenze zu überschreiten.
    Guerrinis Reaktion zeigte ihr, dass sie Recht hatte. Er lachte auf, wies auf seinen Magen und sagte übertrieben heiter: «Total leer! In dieser Gegend hier! Ich habe einen richtigen Wolfshunger!» Dann konzentrierte er sich voll Hingabe aufs Zerlegen des Kaninchens, machte ein paar launige Bemerkungen über Serafinas Kochkünste und erzählte von den Spezialrezepten seines Vaters, der sich als Witwer zu einem begnadeten Koch entwickelt hatte.
    «Aber hinterher bietet die Küche jedes Mal das Bild eines wahren Schlachtfelds. Dabei räumt er nie selbst auf. Die Frau des Nachbarn macht das und wünscht manchmal alle bösen Geister auf ihn herab. Er sitzt derweil auf der Terrasse, trinkt einen Digestivo und lacht vor sich hin. Manchmal wirkt er auf mich wie ein boshafter Faun!»
    Er lenkt ab, dachte Laura. Es ist sein gutes Recht.
    «Kocht Ihr Vater auch, Laura?»
    «Nein, er lebt von Essen auf Rädern und beschwert sich ununterbrochen.»
    «Warum kocht er nicht?»
    «Weil er es nicht aushält. Er behauptet, dass in der Küche der Geist meiner Mutter hause, und das breche ihm das Herz!»
    «Oje», machte Guerrini und arrangierte drei Kartoffelschnitze auf Lauras Teller. «Vielleicht ist es manchmal besser, wenn eine Ehe nicht so gut war. Meine Eltern haben sich fürchterlich gestritten, und meine Mutter verteidigte die Küche wie eine Tigerin ihr Revier. Nach ihrem Tod hat mein Vater dieses Revier für sich erobert, mit tiefer Befriedigung!» Guerrini lachte trocken auf. «Einmal habe ich ihn dabei ertappt, wie er mit einer Bratpfanne voll brennender Salbeiblätter durch die Küche kreiste und dabei vor sich hin murmelte. Die ganze Küche war mit beißendem Qualm gefüllt, und ich fürchtete, er hätte den Verstand verloren.»
    Laura lachte auf.
    «Und was machte er?»
    «Er hat meine Mutter ausgeräuchert wie ein alter Hexenmeister.»
    «Aha!», sagte Laura. «Hat’s funktioniert?»
    «Sieht so aus!», entgegnete Guerrini mit grimmigem

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